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Göttinger Symphonie Orchester -
Liturgisch



Samstag, 21. März 2014, 19.45 Uhr
Stadthalle Göttingen
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Göttinger Symphonie Orchester
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Messiaen statt Mozart

Von Michael Magercord

„Neugierde ist im Bereich der klassischen Musik nicht überall verbreitet“ stellt der Resenzent der Lokalzeitung fest, und bezeichnet das besprochene Konzert als „aufregendes Ereignis“. Dabei stand nur ein üblicher Abo-Konzertabend des Göttinger Symphonie Orchesters (GSO) an, doch nicht Mozart, Tschaikowsky oder Beethoven, sondern Werke von Messiaen, Bloch und Honegger wurden gespielt.

Hatte es etwa Sorge gegeben, nur wenige Hörer würden sich dieses Programm zumuten wollen? Das GSO versieht seine Konzertabende mit übergreifenden Adjektiven, und so versteckte man die Musik aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinter dem mittelalterlich anmutenden „liturgisch“. Die Stadthalle war jedenfalls trotzdem gut gefüllt, und als die erste, schwere Streichersequenz der Les offrandes oubliées von Olivier Messiaen erklang, wurde klar, dass es nicht nur ein interessanter Abend werden wird, sondern auch ein musikalisch bestens präsentierter.

Das kurze ochestrale Frühwerk des tiefgläubigen Franzosen aus dem Jahr 1930 hat das Publikum nicht nur auf das Liturgische des Abends eingestimmt, sondern ebenfalls in seinen modernen Grundton. Kreuz, Sünde, Eucharistie – und alles in einem Satz, der vom Komponisten als symphonische Meditation bezeichnet wurde. Breite Streicherpassagen werden von dramatischen Bläsern und Schlagwerken unmittelbar abgelöst, um sich schließlich wieder bei den Streichern aufzulösen: Erlösung.

Ernest Bloch mit seiner hebräischen Rhapsodie Schelomo über die alttestamentarischen Sprüche Solomons war der große Unbekannte des Abends. 1916 entstand dies dreiteilige Stück für Orchester und Solo-Violincello, welches die Stimme des Königs reprästieren soll - „Klanggemälde“ nennt man so eine Komposition heutzutage. Cellist war Gustav Rivinius, der immer präzis, klar und vor allem mitfühlend agierte. Man könnte diese Rhapsodie wohl auch schärfer und prägnanter spielen, muss man aber nicht. So behielt sie ihren durchaus romantisch-impressionistischen Charakter.

Und schließlich folgte die 3. Symphonie „Liturgique“ des Schweizers Authur Honegger, die nicht nur dem Abend das Motto verlieh, sondern wohl auch dem Dirigenten und Orchesterleiter, dem Schweizer Christoph-Mathias Mueller, besonders am Herzen lag: einige Passagen dieses Werkes nämlich sei die schönste Musik, die von einem Schweizer je komponiert worden ist. Zu diesem Werk gab es eine kleine Einführung, in der Schlüsselpassagen von den einzelnen Instrumentengruppen angespielt wurden. Der Hörer könne so, erklärte der Dirigent, die Botschaft des Werkes besser verstehen: Unglück, Glück und Mensch sind die Hauptfiguren darin, hatte der Komponist bemerkt, und das Sehnen nach Frieden und Verständigung, welches in dem 1945 geschriebenen Stückes, sei nicht nur nach dem Ende Zweiten Weltkrieg aktuell gewesen, sondern ist es auch heute wieder.

Die herausgegriffenen Passagen bleiben allerdings oft noch etwas vage, was wohl nicht zu vermeiden ist, wenn Orchestermusiker plötzlich Solo auftreten sollen. Doch in der Aufführung traten sie dann um so präziser und klarer hervor, was zeigt, dass Orchesterstücke nun einmal Orchesterstücke sind und ihre einzelnen Teile erst im Zusammenspiel ihre ganze Wirkung entfalten. Das Publikum war gewarnt, und so konnten die ukrainischen Mitglieder des Orchesters am Ende der äußerst gelungenen Interpretation die Aktualität des Werkes beweisen, als sie während des verdienten Schlußapplauses ukrainische Fahnen entrollten.

Göttingen ist zugebener Maßen keine ausgesprochene Musikstadt, und so gehört wohl doch Mut der Veranstalter dazu, ein solches Programm zu wagen. Obwohl sich die Stadt immerhin eine Namen macht mit den jährlich stattfindenen Händelfestspielen, sind die üblichen Veranstaltungen der klassischen Musik doch eher etwas hausbacken. Für dieses „aufregende Ereignis“ muss man dem GSO umso mehr dankbar sein.

Zudem hat der Abend gezeigt hat, dass es das Publikum für Konzerte mit etwas schwierigeren Programmen in der Universitätsstadt durchaus gibt. Und vielleicht tastet sich das Orchester und die Programm-Macher nun noch weiter in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vor. Ich jedenfalls käme gerne wieder, zumal Christoph-Mathias Mueller es versteht, zwischen den letzten Takten der Musik und dem verdienten Applaus den kostbaren Moment des Innehaltens unmittelbar im Anschluss an das Musikerlebnis durch sein bestimmendes Dirigat zu bewahren.


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Ausführende

Gustav Rivinius, Violincello

Göttinger Symphonie Orchester GSO
Christoph-Mathias Mueller, Dirigent


Werke


Oliver Messiaen
Les offrandes oubliees,
Symphonische Meditation

Ernest Bloch
Schelomo, jüdische Rhapsodie

Arthur Honegger
Symphonie Nr. 3 "Liturgique"




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
GSO Göttingen
(Homepage)








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