Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Konzerte
Zur Homepage Zur Konzert-Startseite E-mail Impressum



Klavierfestival Ruhr 2016

Alte Lohnhalle der Zeche Holland, Bochum-Wattenscheid, 10. Mai 2016



Gina Alice
Homepage
Klavierfestival Ruhr

Ringen mit Beethoven, träumen mit Brahms

Von Stefan Schmöe

Ein ziemlich erstaunliches Debut hat Gina Alice beim Klavierfestival Ruhr gegeben: Gerade einmal 22 Jahre alt, spielt sie ihren Brahms und Chopin mit einer Souveränität und inneren Stringenz, als reise sie schon seit etlichen Jahren mit dieser Musik im Gepäck durch die Konzertsäle. In diesem Fall war das die ehemalige Lohnhalle der Zeche Holland in Wattenscheid, wo die Umwandlung der historischen Gebäude in einen Wohn- und Gewerbepark nicht allzu sensibel gelungen ist. Der Veranstaltungsraum "Alte Lohnhalle" ist ein nicht unansehnlicher, ein wenig kulissenhafter und durch seine überschaubare Größe intimer Saal aus den 1920er-Jahren. Dass hier ein Konzert auf solchem Niveau stattfinden kann, ist nicht zuletzt Ausdruck bürgerschaftlichen Engagements, von dem das Klavierfestival Ruhr lebt.

Foto

Foto: Frank Mohn / Klavier-Festival Ruhr

Zurück Gina Alice und Brahms. Dessen vier Balladen op. 10 spielt sie mit beeindruckender Sicherheit auf der technischen wie musikalischen Ebene. Sie denkt die Musik von den Kantilenen her und betont immer wieder dieses "singende", melodische Moment mit kunstvoller Einfachheit. Dieser Brahms ist poetisch und verträumt romantisch, hat aber auch Kraft und Energie. Gina Alice scheint ganz in der Musik aufzugehen, spielt sehr nuanciert, aber jedes Detail ist organisch in den Fluss eingebaut. Das zeugt von entschlossenem Gestaltungswillen; für die vierte der Balladen etwa wählt sie ein recht verhaltenes Tempo, ohne die Musik auszubremsen.

Entsprechend ist der Eindruck bei Frederic Chopins zweiter Sonate in b-Moll, in der sie den energischen Akkorden nichts an Kraft schuldig bleibt, aber nie brachial wird. Den berühmten marche funèbre spielt sie in fließendem Tempo mit deutlichem Zug nach vorne, und auch hier unterstreicht sie die lyrischen, gesanglichen Elemente. Das abschließende Presto-Finale wird zum dunkel-gespenstischen Gruselstück, eine unheimliche Bewegung vom ersten bis zum letzten Ton.

Foto

Foto: Frank Mohn / Klavier-Festival Ruhr

Mit Beethovens rätselhafter vorletzter Sonate, der Nr. 31 in As-Dur (das ist nun einer der ganz dicken und komplizierten Brocken des Repertoires), tut sich Gina Alice dagegen noch schwer. Wo Beethoven die musikalischen Einfälle extrem komprimiert, fehlt es an gestalterischer Verbindung - da stehen einzelne Passagen allzu isoliert nebeneinander (wobei es schon berückend schön gespielte Details gibt). Überzeugend ist Gina Alice vor allem da, wo sie größere Linien spielen kann wie in den Fugen-Abschnitten des Finalsatzes. Der mitunter von ihr gewählte "romantische" Grundton, der bei Brahms und Chopin so wunderbar leuchtet, vernebelt bei Beethoven zu sehr.

An den Anfang des Konzerts hat die Pianistin Busonis Bearbeitung der Chaconne aus J.S. Bachs d-Moll-Partita für Solo-Violine gesetzt. Da gilt es, die richtige Mischung aus Bachs Klarheit und Busonis spätromatisch geprägter Klangvorstellung zu treffen. Das gelingt recht gut; Gina Alice spielt mit großem, aber nicht übertrieben "donnerndem" Ton sehr geschmackvoll und zaubert auch hier kleine Melodien wie aus dem Nichts. Ganz die Souveränität, die sie bei Brahms und Liszt an den Tag legt, hat das noch nicht. Die aber stellte sich ein bei Liszts Aprés une lecture du Dante. Fantasia quasi sonata aus dem zweiten Band der Années de pèlerinage: Da spielt Gina Alice virtuos mit Liszts Klangfarben, auch hier mit Vorrang für die Melodie, aber eben auch Sinn für die Schattierungen. Mit der Des-Dur-Consolation von Liszt als erster von drei Zugaben (dazu noch eine Sonate von Scarlatti und eine hübsche, nicht allzu gewichtige kurze eigene Komposition) unterstrich sie dies noch einmal.




Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)
Klavierfestival Ruhr 2016
Bochum-Wattenscheid, Alte Lohnhalle der Zeche Holland
10. Mai 2016


Ausführende

Gina Alice, Klavier



Programm

Ferruccio Busoni:
Chaconne aus der Partita Nr. 2 für Violine solo
von J. S. Bach d-Moll BWV 1004

Ludwig van Beethoven:
Sonate Nr. 31 As-Dur op. 110

Franz Liszt:
Après une lecture du Dante -
Fantasia quasi sonata
d-Moll S 158c
aus Années de pèlerinage. Deuxième annèe: Italie

Johannes Brahms:
Vier Balladen op. 10

Frédéric Chopin:
Sonate Nr. 2 in b-Moll op. 35



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Klavierfestival Ruhr
(Homepage)








Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Konzert-Startseite E-Mail Impressum
© 2016 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: konzerte@omm.de

- Fine -