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European Music Contest

Antwort auf den Eurovision Song Contest (ESC) mit Musik von Komponisten aus neun Nationen

Aufführungsdauer: ca. 1h 30' (keine Pause)

Mittwoch, 10.05.2017, 19.00 Uhr
Aalto-Theater in Essen

 



Philharmonie Essen
(Homepage)

France douze points

Von Thomas Molke / Foto: © Saad Hamza

Was macht ein ESC-Fan am Tag zwischen den beiden Halbfinale zum Eurovision Song Contest? Das Aalto-Theater bietet in der Reihe Abenteuer Aalto, die sich in der Programmgestaltung vor allem an ein jugendliches Publikum wendet, hierfür eine Möglichkeit, die auch dem ESC-Fan gefallen dürfte. In Anlehnung an den größten europäischen Musikwettbewerb präsentieren Marie-Helen Joël und Moritz Reissenberger mit den Essener Philharmonikern den ersten European Music Contest und sorgen für eine Stimmung, die dem europäischen Großereignis durchaus nahekommen dürfte. So gibt es bereits im Foyer zahlreiche kleine Fahnen der Teilnehmer-Länder, die das Publikum während der Vorstellung begeistert schwenken darf, und der Saal ist an den Wänden mit europäischen Flaggen ausgestattet. Auch die Begrüßung ist mit einem leichten Augenzwinkern den Gepflogenheiten des ESC angepasst, und so heißen Joël und Reissenberger die Zuschauer, die nahezu das ganze Parkett füllen, in allen Sprachen der teilnehmenden Länder mit einer Souveränität und einem Charme willkommen, von dem sich die drei etwas hölzern wirkenden Moderatoren in Kiew noch einiges abgucken könnten.

Als Teilnehmer hat eine nicht näher genannte "unabhängige Jury" klassische Kompositionen aus neun europäischen Ländern ausgewählt, die in diesem Contest gegeneinander antreten. Da diese Komponisten natürlich alle nicht mehr unter den Lebenden weilen, entfällt eine Preisverleihung, und da die "Jury" ja bereits die Teilnehmer ausgewählt hat, wird das "Voting" allein dem Publikum überlassen. Beim Einlass erhalten die Zuschauer Bleistifte und Karten, auf denen sie sich zu den einzelnen Liedern für die Abstimmung Notizen machen können. Die Punktevergabe erfolgt per Applaus. Dafür wird nach jedem Beitrag auf einer Skala der Beifall in Dezibel gemessen. Am Ende gibt es noch einmal einen Schnelldurchlauf, bei dem die Zuschauer ihr vorheriges Ergebnis korrigieren können. Während das Publikum bei Joëls Begrüßung zu Beginn des Abends noch etwas zurückhaltend wirkt, legt es schnell die anfängliche Scheu ab und ist mit großem Spaß bei der Sache.

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Johannes Witt und die Essener Philharmoniker

Dazu trägt natürlich die frische Moderation von Joël und Reissenberger bei, die sich auf der Bühne zwischen den einzelnen Beiträgen einen wunderbaren Schlagabtausch liefern und denen bei den kleinen witzigen Auseinandersetzungen immer eine gute Überleitung zum nächsten Titel gelingt. Wie beim ESC gibt es natürlich auch vor den einzelnen Beiträgen kurze Einspieler, mit denen die Teilnehmerländer vorgestellt werden, bei denen die Komik ebenfalls nicht zu kurz kommt, ob es nun das abgebildete Ortseingangsschild "Elend" für Deutschland oder "Fucking" für Österreich ist. Auch die Essener Philharmoniker unter der Leitung von Johannes Witt scheinen an diesem Format großen Spaß zu haben und präsentieren neun Lieder, die man als Hits der Klassik-Charts bezeichnen kann, mit großer Präzision, so dass es dem Publikum nicht leicht fällt, hierbei einen Sieger zu küren.

Den gibt es allerdings schließlich doch, und so heißt es nach gut 80 Minuten: France douze points. Georges Bizets "Danse Bohème" aus der Carmen-Suite Nr. 2 reißt mit dem leidenschaftlichen Spiel der Essener Philharmoniker die Zuschauer am meisten mit, dicht gefolgt von Österreich mit der berühmten Polka Éljen a Magyar ("Lang lebe Ungarn") von Johann Strauß. Auf Platz drei landet beinahe etwas überraschend Russland mit "The Bureaucrat" aus der Ballettmusik The Bolt von Dmitri Schostakowitsch. Das Publikum findet an der bildhaften Karikatur des kleingeistigen Bürokraten in diesem Musikstück so großen Gefallen, das sich der Titel gegen die restlichen Bewerber durchsetzen kann. Anders als beim ESC 2015 und 2016 landet Deutschland in Essen nicht auf dem letzten Platz. Dafür ist Johannes Brahms' Ungarischer Tanz Nr. 1 einfach zu gut und kann sich immerhin auf dem sechsten Platz hinter Finnland mit Jean Sibelius und Tschechien mit Antonín Dvořák behaupten.

Schlusslicht ist Großbritannien, wobei auch Ralph Vaughan Williams' "Christmas Dance" aus der Suite für Viola und Orchester großen Anklang beim Publikum findet. Deshalb hebt Joël noch einmal mit großer Zustimmung der Zuschauer hervor, dass der letzte Platz nicht am beeindruckenden Solo von Sebastian Bürger gelegen habe. Auch Edvard Grieg für Norwegen und Gioachino Rossini für Italien kommen mit dem achten und siebten Platz eigentlich schlechter weg, als sie es verdient haben. Unverständlich bleibt nur, wieso man sich bei der Punktevergabe nicht an das Procedere des ESC hält. Dort gibt es nämlich die Punktzahlen 11 und 9 nicht. Aber das schmälert den musikalischen Genuss keineswegs. Nach der Punktevergabe gibt es den Siegertitel noch einmal, und als Zugabe verabschieden die Essener Philharmoniker das Publikum mit der Europa-Hymne, mit der die Show auch begonnen hat. Beim Schlussapplaus für die beiden Moderatoren Joël und Reissenberger wird die beim Siegertitel gemessene Dezibelzahl nach persönlichem Empfinden sogar noch einmal getoppt.

FAZIT  

Ein riesiger Spaß nicht nur für ESC-Fans, der im nächsten Jahr unbedingt eine Fortsetzung erfahren sollte.

Programm des Konzertes (Teilnehmer)

Deutschland: Johannes Brahms: Ungarischer Tanz Nr. 1

Norwegen: Edvard Grieg: "Anitras Tanz" aus Peer Gynt-Suite Nr. 1, op. 46,3

Frankreich: Georges Bizet: "Danse Bohème" aus Carmen-Suite Nr. 2

Italien: Gioachino Rossini: "Soldaten-Tanz" aus Guillaume Tell

Großbritannien: Ralph Vaughan Williams: "Christmas Dance" aus Suite für Viola und Orchester

Finnland: Jean Sibelius: Valse triste, op. 44

Russland: Dmitri Schostakowitsch: "The Bureaucrat" aus The Bolt, op. 27

Österreich: Johann Strauß: Éljen a Magyar, op. 332

Tschechien: Antonín Dvořák: Slawischer Tanz, op. 46,1



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Ausführende

Musikalische Leitung
Johannes Witt

Moderation
Marie-Helen Joël
Moritz Reissenberger

Essener Philharmoniker


Weitere Informationen
erhalten Sie von der

Philharmonie Essen
(Homepage)



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