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BOSY Symphonie 5
S
agenumwoben

Musik von Claude Debussy, Hector Berlioz und Maurice Ravel

Aufführungsdauer: ca. 1h 35' (eine Pause)

Donnerstag, 09.05.2019, 20.00 Uhr
Großer Saal, Anneliese Brost Musikforum Ruhr



Bochumer Symphoniker
(Homepage)

Dramatische Heroine zwischen Hirtenspielen

Von Thomas Molke

Sagenumwoben lautet der Titel des fünften Symphoniekonzertes  der Bochumer Symphoniker und verbindet in impressionistische Klänge eingebettete Mythen mit dem Drama um eine Frau der Antike, die mit ihren Liebesbeziehungen zu Julius Caesar und Marc Anton selbst zu einem Mythos geworden ist: die ägyptische Königin Kleopatra. Alle drei Kompositionen stammen von französischen Meistern des 19. und 20. Jahrhunderts. Den Anfang macht Claude Debussys erstes Meisterwerk Prélude à l'après-midi d'un faune, das 1894 in Paris uraufgeführt wurde.

Inspiriert wurde Debussy zu diesem Orchesterwerk von dem Gedicht L'après-midi d'un faune des französischen Dichters Stéphane Mallarmé, der gemeinsam mit Charles Baudelaire, Paul Verlaine und Arthur Rimbaud zu den wichtigsten Wegbereitern der modernen Lyrik zählt. Darin erwacht ein Faun in der Glut eines Sommernachmittags aus sinnenfrohen Träumen und überlässt sich der berauschenden Erinnerung an wunderschöne Nymphen. Aufgegriffen wird hier der in den Metamorphosen des römischen Dichters Ovid überlieferte Mythos über den Hirtengott Pan, der sich in die schöne Nymphe Syrinx verliebt hat, die aber vor ihm flieht und sich in ein Schilfrohr verwandelt. Pan konstruiert daraus schließlich die Panflöte, in deren Klang er die Klagen des Mädchens bewahrt. Mallarmé selbst fand, dass Debussys Musik sogar noch weiter gehe als seine eigene Dichtung. Mit nahezu ätherischen Klängen fangen die Bochumer Symphoniker unter der musikalischen Leitung von Pablo González in bewegenden Stimmungsbildern die Begierden und Träume des Fauns in der Hitze des Nachmittags ein. Im Zentrum steht ein betörendes Flöten-Solo, das die Wankelmütigkeit des Fauns unterstreicht. Ganz langsam entwickelt sich das Thema zu einer nahezu wollüstigen Kantilene im Mittelteil, bevor es als Flötenmonolog am Ende erneut vorkommt. In diesem Klang schwebt der Zuhörer knappe zehn Minuten durch eine weich fließende, verschleierte Musik und glaubt, die erotisch geschwängerte Mittagsschwüle des Gedichts zu fühlen.

Es folgt die "Lyrische Szene" La mort de Cléopâtre von Hector Berlioz, mit der sich der 25-jährige Künstler im Juli 1829 um den renommierten "Prix de Rome" beim Wettbewerb der Pariser Académie des Beaux-Arts um einen fünfjährigen Aufenthalt in Rom bewarb. Das Thema für die Pflichtkantate war von der Jury vorgegeben: Kleopatras Tod nach der Schlacht von Actium. Berlioz legte das ca. 20-minütige Werk als opernhaftes Monodrama mit zwei Arien, die sich aus zwei vom Orchester begleiteten Rezitativen entwickeln, als großen Abschiedsmonolog an. Vieles nimmt bereits Didos große Schlussszene der Oper Les Troyens vorweg. Mit ungewöhnlicher Harmonik im orchestralen Ausdruck zeichnet er ein Psychogramm einer zum Tod entschlossenen Frau. Mal begehrt sie voller Schmerz und Selbstzweifel gegen den römischen Sieger Octavian auf, der sie abgewiesen hat und dessen Macht sie ausgeliefert ist. Mal zeichnet die Musik expressiv ihre innere Zerrissenheit und ihren Schmerz. Für die damalige Jury war diese Kantate zu fortschrittlich. Berlioz gewann den Preis nicht.

Für die Interpretation der Partie der Cléopâtre hat man die bulgarische Mezzosopranistin Alex Penda verpflichtet. Penda begeistert mit einer dramatischen Stimmführung, die die Stimmungsschwankungen der ägyptischen Königin bewegend einfängt. Relativ entschlossen wirkt sie im ersten Rezitativ nach einer unruhigen Orchestereinleitung, wenn sie versucht, ihr Schicksal zu akzeptieren. Diese scheinbare Stärke weicht einer wehmütigen Klage in der ersten Arie "Ah! qu'ils sont loin ces jours", in der sie sich an ihre glückliche Zeit zurückerinnert. Dabei bricht ihre Erregung in dramatischen Höhen immer wieder aus, die von Penda mit enormer Durchschlagskraft dargeboten werden. Auch in den Tiefen besitzt Pendas Mezzosopran enormes Volumen. In ihrer zweiten Arie "Grand Pharaons, nobles Lagides" mischt sich dann ein wenig Angst, wenn Cléopâtre ihre Ahnen befragt, ob ihr denn ein Platz unter den großen Pharaonen zustehe. Traurig muss sie erkennen, dass ihr diese Gunst verwehrt wird, so dass ihr nur noch der Griff nach der todbringenden Schlange bleibt. Was Berlioz hier komponiert hat, ist einfach unglaublich. Nachdem man den Biss der Schlange in einem Aufschrei des Orchesters lautmalerisch umgesetzt wird, zeichnet der Kontrabass den Schlag des Pulses nach, während die letzten Worte der Königin nur noch stockend kommen. Wie das langsame Wirken des Giftes von der Musik illustriert wird, ist kaum in Worte zu fassen. González findet mit den Bochumer Symphonikern einen Zugang, der unter die Haut geht. Zu Recht gibt es nach diesem Teil frenetischen Jubel für alle Beteiligten.

Nach der Pause wird dann mit Maurice Ravel der Bogen zum ersten Stück gespannt. Ravel soll einmal gesagt haben, dass er beim ersten Hören von Debussys Prélude à l'après-midi d'un faune erst gewusst habe, was Musik sei. Vielleicht war das der Grund, warum er Sergej Diaghilews Auftrag annahm, aus dem antiken griechischen Hirtenroman Daphnis et Chloé des Dichters Longos die Ballettmusik für das "Ballets Russes" zu komponieren. In drei Teilen wird die Geschichte von dem Hirten Daphnis und der Schäferin Chloé erzählt, die als Findelkinder in der Obhut einfacher Hirten aufwachsen und nach zahlreichen Abenteuern wieder zueinander finden. Ravel extrahierte aus diesem knapp einstündigen Werk zwei Orchester-Suiten, von denen im Musikforum nur die berühmtere Suite No. 2 gespielt wird, die mit dem Tagesanbruch nach den ganzen Abenteuern beginnt und mit einem "Danse générale" zur glücklichen Vermählung der beiden Protagonisten endet. Auch hier setzen die Bochumer Symphoniker die impressionistischen Klänge vielschichtig um, so dass man sich bei der Kürze des gesamten Konzertes fragen könnte, wieso nicht beide Orchester-Suiten nach der Pause gespielt werden. Dafür gibt es aber im Anschluss noch eine Zugabe, die zwar nichts mit Mythen zu tun hat, aber von einem weiteren französischen Meister stammt: Georges Bizet. Mit großer Leidenschaft erklingt der berühmte "Danse Bohème" aus Georges Bizets Carmen-Suite No. 2.

FAZIT

An diesem berauschenden Abend hätte man sich vielleicht noch ein bisschen mehr von diesen "französischen Meistern" gewünscht.



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Ausführende

Alex Penda, Mezzosopran

Bochumer Symphoniker

Pablo González, Dirigent

 


Werke

Claude Debussy
Prélude à l'après-midi d'un faune
Très modéré

Hector Berlioz
La mort de Cléopâtre H 36
1. Allegro vivace con impeto -
Récit: C'en est donc fait!
2. Lento cantabile.
Ah! qu'ils sont loin ces jours,
tourment de ma mémoire
3. Méditation. Largo misterioso.
Grands Pharaons, nobles Lagides
4. Allegro assai agitato.
Non!... non, de vos demeures funèbres

Maurice Ravel
Daphnis et Chloé (Suite Nr. 2)
Lever du jour (Tagesanbruch) -
Pantomime -
Danse générale

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den

Bochumer Symphonikern
(Homepage)



Da capo al Fine

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