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Abonnementsreihe "Orchesterzyklus I - Meisterkonzerte"

Staatskapelle Dresden


Leif Ove Andsnes, Klavier - Leitung: Herbert Blomstedt



15. November 2018, Konzerthaus Dortmund


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Konzerthaus Dortmund (Homepage)
Großartig altmodisch

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Creuziger

Mit dem noblen Habitus, dem man sonst eher Diplomaten zuschreibt, ist der 91-jährige Herbert Blomstedt der grandsigneur der Dirigentenszene. Bescheiden im Auftreten, sparsame Gestik (auf einen Dirigentenstab verzichtet er an diesem Abend), beim Applaus inmitten des Orchesters stehend als eine unter vielen - Blomstedt erscheint in vieler Hinsicht wie ein Gegenentwurf eines "jungen Wilden" wie dem gerade einmal halb so alten (und damit auch nicht mehr ganz so jungen) Theodor Currentzis, dem extravaganten shooting star, der demnächst auch in Dortmund zu hören sein wird. Auch musikalisch: Steht Currentzis für ein fast manieristische Art des Musizierens, die jedes Detail neu erleben lassen möchte, so steht Blomstedt auch in diesem Konzert für einen ungeheuer abgeklärten Stil, der keinesfalls nivelliert, aber jede Pointierung im großen Zusammenhang sieht. Und haben Dirigenten wie Paavo Järvi mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen Brahms klanglich entschlackt und in der Artikulation geradezu schroff interpretiert, so setzt Blomstedt auf große Besetzung und einen weichen, vollen Klang, geradezu old school. Statt Aufsplitterung und Transparenz hört man bei Blomstedt das Orchester wie ein einziges riesiges Instrument mit vielen Registern. Die famose Dresdener Staatskapelle lässt da keine Wünsche offen.

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Auf dem Programm zwei schmerzensreiche Werke, im Gestus wie in der Entstehung: Sowohl beim ersten Klavierkonzert wie bei der ersten Symphonie rang Brahms mit der Form wie mit dem übermächtigen Erbe Beethovens. Beide Werke in Moll, beide beginnen mit einer Schmerzensfigur, das d-Moll-Klavierkonzert mit seinen von etlichen Trillern zerrissenen, geradezu harschen Thema. Blomstedt dirigiert flächig, da hört man weniger die horizontale melodische Entwicklung als stärker die vertikale Schichtung der Klänge. Blomstedt nimmt das Thema weniger scharf als andere Dirigenten, hebt stattdessen die Mittelstimmen hervor. Eine überspannte Verzweiflungsrethorik hat er nicht im Sinn. Auch Solist Leif Ove Andsnes vermeidet die Extreme, spielt zwar kraftvoll, aber kontrolliert, und ein echtes Fortissimo bleibt die wohldosierte Ausnahme. Aber auch ein Pianissimo ist rar, der langsame Satz etwa verliert sich keineswegs in Poesie. Das könnte in unverbindlicher Behäbigkeit enden, ist aber von einer außerordentlichen Souveränität und in jedem Moment durchdacht, wobei sich der Pianist organisch einfügt in das große Ganze. Sein Anschlag hat auch bei den leisen Tönen Brillanz, selbst da, wo man sich mehr Innerlichkeit vorstellen könnte. Eher blass blieb Andsnes bei der Zugabe, Chopins Nocturne F-Dur op.15/1, mit einem überrumpelnd auftrumpfenden Con-fuoco-Mittelteil und ziemlich mechanischer Achtelbegleitung.

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Brahms war keineswegs glücklich, wenn seine c-Moll-Symphonie als "Beethovens Zehnte" bezeichnet wurde. Gleichwohl werden in Blomstedts Interpretation, stärker als das Klavierkonzert zuvor auf die Entwicklung hin zum strahlenden Finale angelegt, manche Parallelen zu Beethovens 9. Symphonie deutlich. Wie schon im Klavierkonzert bleibt das düstere Pathos des Beginns eher verhalten, aber Blomstedt entwickelt eine beeindruckende Sogkraft auf das Finale zu, bindet die Mittelsätze (die oft ein wenig verloren wirken) stringent ein, mit wunderbaren Bläsersoli im zweiten Satz, durch vergleichsweise wenig Vibrato exzellent Orchesterklang eingebettet, als kleine Wunder im körperhaft satten Staatskapellensound. Das Finale mit seinem erneut verschatteten Beginn und den in wahnwitzigem Accelerando perfekt dargebotenen Pizzicato-Spiralen ist von großer Klarheit, und auch da braucht Blomstedt kein übermäßiges Espressivo oder gar Pathos bemühen: In der Folgerichtigkeit, in der eleganten Bescheidenheit des Musizierens entwickelt sich die Musik auf ganz natürliche Weise. Im finalen Allegro dann befeuert der Dirigent das Orchester bis hin zum triumphalen Schluss - beinahe: Den allerletzten Akkord federt Blomstedt eine Spur ab, als trete der Musiker bescheiden einen Schritt hinter das Werk zurück. Eine kleine Demutsgeste, die viel besagt über das Selbstverständnis dieses Musizierens. Als Dank für stehende Ovationen gab es die virtuos verspielt interpretierte Ouvertüre zu Webers Oberon.




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Konzerthaus Dortmund
15. November 2018


Ausführende

Leif Ove Andsnes, Klavier

Staatskapelle Dresden

Leitung: Herbert Blomstedt


Programm

Johannes Brahms:
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-Moll op.15
Sonate a-Moll KV 310

Zugabe:
Frederic Chopin:
Nocturne F-Dur Op.15 Nr.1

--- Pause ---

Johannes Brahms:
Symphonie Nr. 1 c-Moll op.68

Zugabe:
Carl Maria von Weber:
Ouvertüre zu Oberon



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Konzerthaus Dortmund
(Homepage)



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