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Glückliche Paarung aus Temperament und Präzision Von Christoph Wurzel Nun haben wir also das Beethovenjahr. Und obwohl Beethoven in Baden-Baden eigentlich immer Konjunktur hat, setzt man hier natürlich in dieser Saison im Festspielhaus noch einmal verstärkt auf den Jubilar. Es wird noch viel Beethoven geben, als Höhepunkt zu den Osterfestspielen Fidelio und die Missa Solemnis unter Kirill Pretrenko sowie alle Streichquartette mit Solisten der Berliner Philharmoniker in unterschiedlichen Besetzungen. Zum Auftakt gab es nun ebenfalls Kammermusik. Der als Sohn polnisch-israelischer Eltern in Kopenhagen geborene Nikolaj Szeps-Znaider spielte mit dem amerikanisch-lettischen Pianisten Robert Kulek vier der zehn "Sonaten für Pianoforte und Violine", wie sie im Erstdruck bezeichnet waren. Hinsichtlich der Benennung stehen sie noch in der Tradition von Haydn und Mozart. Heute werden sie gemeinhin als "Violinsonaten" bezeichnet. In ihrem Wesen nach aber sind sie beides, denn Geige und Klavier treten absolut gleichberechtigt in Erscheinung. Dies wurde auch in diesem Konzert von beiden Künstlern eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Nikolaj Szeps-Znaider (Foto: © Lars Gundersen-Conduct) Interpretationen aus einem gemeinsamen Geist waren zu hören: mit gleichem Temperament und gleichem Formgefühl widmeten sie sich den Sonaten. Nur klanglich war im ersten Teil die Violine dem Klavier etwas unterlegen. Im ersten Teil trug der Ton der Violine an den leisen Stellen nicht immer in die ganze Weite des großen Saals hinein. Nach der Pause gelang die Balance besser, die Künstler schienen sich die Saalakustik besser zunutze zu machen. Wie mit einer Fanfare unisono in beiden Instrumenten beginnt Beethovens erste Sonate in D-Dur, die er seinem Lehrer Antonio Salieri gewidmet hat. Mit entsprechendem Aplomb setzten die Künstler hier den Beginn ihrer ausdrucksstarken Interpretation. Den zweiten Satz, einen Liedsatz mit vier kunstvoll, aber noch recht konventionellen Variationen, gestalteten sie detailreich und markant in den kontrastreichen Stimmungen, vor allem auch in seinem besinnlichen Moll-Abschnitt. Im flotten Final-Rondo ließen sie wie in einem fröhlichen Kehraus ihren Temperamenten freien Lauf, bis der Satz überraschend in einer nachdenklichen Coda ausklang. In großem Kontrast zu dieser heiteren Musik stand die folgende Sonate Nr. 7 in c-Moll, jener Tonart auch der 5. Symphonie aus etwa der gleichen Periode in Beethovens Schaffen. Zu Beginn der Sonate scheint hier das Schicksal ebenfalls anzuklopfen, nicht so markant wie in der Symphonie zwar, aber doch unmerklich im Bass des Klaviers, woran Robert Kulek auch keinen Zweifel ließ. Die im Laufe des ersten Satzes sich entwickelnde heftige Dramatik arbeiteten die beiden Künstler eindrucksvoll heraus. Im Mittelsatz, einem Adagio cantabile bildete der Geiger die Melodiebögen in schönem Legato makellos aus, im Ausdruck blieb er aber etwas zurückhaltend und man hätte sich im Klang noch ein bisschen mehr Emotion und Wärme gewünscht. Brillant war Znaider besonders in den dramatischen Sätzen wie dem folgenden schroffen Scherzo und vor allem im stürmischen Finalsatz mit der feurigen Schlussstretta. Robert Kulek (© Robert Kulek) Nach der Pause machte die A-Dur-Sonate (in der Zählung Nr. 6) den Beginn. Hier zeigte sich einmal mehr die perfekte Übereinstimmung beider Musiker besonders in dem virtuosen Ineinandergreifen der Motive und Themen in der Durchführung des ersten Satzes. Im Mittelsatz, einem Adagio, kam der fast schon Schubert'schen Wanderschritt schön zum Tragen und die Variationen des 3. Satzes gerieten bravourös zu echten Virtuosenstücken. Den Abschluss des Konzerts bildete die 5. Violinsonate in F-Dur, die sog. Frühlingssonate, ein Titel, der nicht von Beethoven stammt. Deren frische Heiterkeit breite sich an diesem in Baden-Baden verregnetem Dezemberabend wohltuend im Festspielhaus aus. Und alle ihre Vorzüge spielten die beiden Musiker nochmals aus: ihr exzellentes Zusammenspiel, den wirkungsvollen Aufbau der inneren Spannung der Musik, die große strukturelle Klarheit der Anlage und die spieltechnische Souveränität. Znaider wählte eine weitgehend vibratoarme Tongebung, das machte den Klang mitunter etwas nüchtern. Aber insgesamt waren die Interpretationen von sehr hoher musikalischer Qualität. Der herzliche Beifall des Publikums forderte noch eine Zugabe. Mit dem Adagio aus der 10. Violinsonate Beethovens schloss der eindrucksvolle Abend.
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Ausführende Nikolaj Szeps-Znaider, Violine Robert Kulek, Klavier
Programm
Ludwig van Beethoven
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