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Magische Klänge Von Christoph Wurzel / Foto: © Michael Gregonowits Welche Musik könnte wohl neben Wagners Tristan bestehen? Allein gespielt ist der zweite Akt, das Hauptwerk des Abends, nicht abendfüllend. Wäre da ein weiteres Werk nicht nur ein Lückenbüßer? Aber in dem Konzert der Münchner Philharmoniker war Debussys Musik zu Gabriele D'Annunzios Le Martyre de Saint Sébastien weit mehr als dies. In ihrer impressionistisch sensitiven Klanggestalt waren diese vier sinfonischen Fragmente so etwas wie ein Ohrenöffner für die Klangwelten Richard Wagners. Darüber hinaus gibt es auch innere Bezüge zwischen beiden Werken. Wie Wagner strebte auch D'Annunzio mit seinem Mysterienspiel über die Legende von den Leiden des Hl. Sebastian ein Gesamtkunstwerk an - eine Synthese aus Bühnenkünsten und Musik, ein singuläres Werk, wie es auch Wagners Ideal war. Und in dem nur vordergründig christlichen Inhalt von D'Annunzios Werk geht es wie bei Wagner um ekstatischen Genuss und mysteriöse Todessehnsucht. Wie der Italiener mit diesem Werk ist auch Wagner spätestens im Parsifal zum Propheten seiner eigenen Kunstreligion geworden. Claude Debussy hat nur für einige Teile dieser ausufernd langen Bühnenkreation D'Annunzios aus Ballett und Schauspiel Musik beigesteuert, die zu einer Konzertsuite verdichtet heute leider nur selten in den Programmen erscheint. Die Münchner Philharmoniker widmeten sich vier Abschnitten daraus mit intensivem Klanggespür. Im ersten Satz Hof der Lilien arbeitete Valery Gergiev subtil die klangmalerischen Effekte heraus, das Plätschern des Brunnens, die flirrende Luft, das schillernde Licht. Einen extatischen Tanz stellt der zweite Satz dar, dessen orientalisches Kolorit in frei schwebender Harmonik das Orchester in einen wahren Klangzauber verwandelte. Dunkle Farben und mystische Tiefen bestimmten den folgenden Satz Passion, dessen tragische Schwere durch eine bedrohlich wirkende Dynamik unterstrichen wird. Feierlich dunkel und hymnisch begann der vierte Satz Der gute Hirte und endete in einer strahlenden Gloriole aus flirrendem Streichertremolo. Das war Spielkultur vom Feinsten und höchst veredelte Klangkunst. Das Ensemble im 2. Akt von Tristan und Isolde: Mikhail Petrenko, Andreas Schager, Valery Gergiev, Martina Serafin, Yulia Matochkina, Miljenko Turk und die Münchner Philharmoniker Auch dem zweiten Tristan-Akt blieben Dirigent und Orchester in dieser Hinsicht nichts schuldig. Gergiev organisierte den Orchesterklang transparent und widmete sich intensiv allen Details des Motivgeflechts. Der dreimalige sehnsuchtsvoll schmerzliche Tristan-Akkord nach Markes Frage nach dem "unerforschlich furchtbar tief gemeimnisvollen Grund" für Tristans Verhalten konnte wahrhaft im Innersten berühren. Wunderbar gelangen die Auf- und Abschwünge der Gefühlswallungen des Liebespaares. Dabei hielt der Dirigent das Klanggeschehen immer kontrolliert und war auf Schönheit bedacht. Die vorn auf dem Podium platzierten Solistinnen und Solisten drangen stimmlich gut durch. Besonders auch Martina Serafin, wenn sie mit ihrem ungemein feinen Sopran in sanftes Piano wechselte. Aber auch im heftigsten Liebesjubel blieb ihre Stimme weich und vollklingend schön. Andreas Schager sang die Partie des Tristan mit starker Emphase. Allerdings war stellenweise auch Anstrengung zu spüren, mitunter einiger Druck im Ansatz und in weniger Einzeltönen leichte Brüche in der Tongebung. In der Höhe leuchtend und klar hatte die Stimme in der Mittellage nur wenig Volumen. Schade, denn Schager sang ausdrucksvoll und verfügt über eine reiche Palette an vokalen Farben. Als Brangäne begeisterte Yulia Matochkina, Gewinnerin des Tschaikowskywettbewerbs und Mitglied des Mariinsky-Opernensembles, eine Sängerin höchsten Formats. Ihr wohlklingeder, voluminöser Mezzossopran gab dem Wachgesang beseelte Wärme und anrührende Expressivität. Auch Mikhail Petrenko, ursprünglich aus dem Mariisky-Ensemble und mittlerweile im Wagnerfach außerordentlich gefragt, gestaltete seine Partie ausdrucksstark und stimmschön. Die klagende Erzählung des Königs Marke gestaltete er glaubhaft gefühlvoll und jenseits aller Larmoyanz. Bei beiden russisch stämmigen Sängern war auch die nahezu perfekte sprachliche Diktion bewundernswert. Die Rolle des Kurwenal mit in diesem Akt nur drei Worten wurde ausgespart, aber als Melot war Miljenko Turk präsent. Fazit Die Münchner Philharmoniker stellten in diesem Konzert ihren hohen Standard unter Beweis. Die Musik Claude Debussys und Richard Wagners gab ihnen Gelegenheit zur Entfaltung großartigen Klangzaubers. Und auch die Kombination dieser beiden Werke war eine geglückte Wahl.
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Ausführende Münchner
Philharmoniker Solisten Martina Serafin (Isolde) Andreas Schager (Tristan) Mikhail Petrenko (König Marke) Yulia Matochkina (Brangäne) Miljenko Turk (Melot)
Programm
Claude Debussy
Richard
Wagner
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