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Tosca

Muskdrama in drei Akten
Dichtung nach Victorien Sardou
von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa
Musik von Giacomo Puccini

Premiere am 31. Januar 1998
im Theater Dortmund


Von Anne-Kathrin Koch und Christian Hoser / Fotos von Andrea Kremper




Tosca - ein Meisterwerk der veristischen Oper

Grandios spielte das Philarmonische Orchester Dortmund die so berühmten Melodien aus Puccinis Komposition. Dumpf erklangen die unheilverkündenden Klänge aus dem Orchestergraben und unterstützten somit das Geschehen auf der Bühne, das von krassen Gegensätzen durchwirkt ist: Die furchtbarsten Szenen der Tosca, die voll sind von Grausamkeit, Zynismus, Menschenverachtung, Sadismus und abgründigster Gemeinheit, wechseln sich ab mit Liebesglück und dem damit tragisch verbundenem Leid.

Das gleiche spiegelt sich in Puccinis Partitur wieder: Trotz extrem naturalistischer Durchführung der Handlung bleibt die krasse Tonsprache als Basis zwar erhalten, doch übernehmen wohlklingende, eben „italienische“ Melodien immer wieder die Führung.

Dieses Hin und Her, diese Dramatik, greift Anton Marik, der musikalische Leiter, überzeugend auf, doch wirken die Klänge manchmal zu bombastisch, zu imposant. Zum Teil wurden die schönen Stimmen auf der Bühne übertönt, doch störte das keineswegs den Gesamteindruck.

„Es ist eine Komödie, ich weiß...aber diese Angst scheint endlos!“ Es ist wohl einer der tragischsten Irrtümer der Operngeschichte, wenn die liebesfiebrige Tosca voller Vorfreude der nur vermeintlichen Scheinhinrichtung ihres Geliebten entgegensehnt, nicht ahnend, daß ihrer beider Leben nur noch wenige schmerzerfüllte Augenblicke dauern soll. Tosca, Puccinis 1900 uraufgeführtes und meistgespieltes Werk, verdankt einen großen Teil seiner Dramatik aus diesem Auseinanderklaffen von Bühnengeschehen und musikalischer Begleitung, so etwa auch beim Te deum des ersten Aktes, währenddessen sich Scarpia seines teuflischen Planes zur „Eroberung“ Toscas ergötzt.

Diese Diskrepanz darzustellen, vertrauten Karen Mauksch und Johann Jörg den szenischen Qualitäten ihrer Darsteller, und begnügten sich auf das notwendigste an Requisite, vermieden ein zu symbolträchtiges Bühnenbild - und das, soviel sei verraten, mit Erfolg. Die Kirche des ersten Aktes nur andeutend, bot das schnörkellose Bühnenbild den zeitgenössisch gekleideten Akteuren Gelegenheit, sich in Ruhe vorzustellen und ihre Charaktere zu entwickeln. Der zweite Akt: Scarpias Zimmer ist eine Festung aus eisgrauem Stein, die Tür zur Folterkammer verschwindet unsichtbar in der Wand, Fenster wie Schießscharten werden fest verschlossen, keine zweite Farbe bringt Trost in die Strenge der harten Formen. In dieser Umgebung fühlt sich nur Scarpia wohl, der hervorragend schauspielernde Hannu Niemelä herrscht despotisch gegenüber jedermann und frönt seiner Macht über Feinde und Untergebene. Je intensiver die Emotionen werden, desto mehr hält sich das Bühnenbild folgsam auch im dritten Akt zurück, vier Wände formen den Tunnel, in dem sich das Ende nun abspielen wird, im Hintergrund leuchtet ein Morgenhimmel und nichts greifbares, kein Lebenszeichen bietet sich dem Zuschauer ablenkend zur Ansicht an.

Foto: Dortmund/Tosca In dieser so auf die Darsteller konzentrierten Umgebung hängt der gesamte Abend von der Qualität seiner Akteure ab, doch Dortmund kann sich beruhigt auf seine drei Protagonisten verlassen: Mit größter Sicherheit und Einfühlsamkeit beherrschen Monika Krause (Tosca), Jon Ketilson (Cavaradossi) und Hannu Niemelä (Scarpia) ihre Stimmen, das unisono Toscas und Cavaradossis im dritten Akt erinnert schließlich an Aufnahmen berühmterer Kollegen. Doch auch die Nebenrollen erregen den Verdacht, Dortmunds Bühnen verfügten über ein ausgesuchtes Ensemble, Karl-Heinz Lehner als Angelotti und vor allem Thomas Mehnert als nörgelnder Meßdiener füllen ihre Rollen mit viel Engagement aus, wenngleich sie nicht das schauspielerische Niveau Niemeläs erreichen, der seiner Rolle eine Persönlichkeit abringt, die weit über das Maß schauspielernder Sänger hinausgeht. Dahinter stehen Krause und Ketilsson nicht weit zurück, auch wenn Tosca den Übergang vom Augenblick bitterster Entwürdigung zur sich im Blutrausch befreienden Rächerin bewältigen muß, wenn sie Scarpia ungewöhnlich brutal ermordet und das Publikum vielleicht lieber einer entsetzt-konventionelleren Tosca zugeschaut hätte.

Für die Regisseurin Karin Mauksch ist die Rechnung aufgegangen: die Akteure haben den emotionalen Konflikt und den verzweifelten Kampf der Unterdrückten gegen die Willkürherrschaft souverän dargestellt. Fraglich wäre, ob ein derart zurückhaltendes Bühnenbild nicht interessanter hätte gestaltet werden können, entweder, indem es die Handlung in einer zugänglicheren Weise interpretiert, oder indem es die Atmosphäre des politisch gespaltenen Italien im beginnenden 19. Jahrhundert einzufangen versucht hätte, immerhin bietet die politische Rahmenhandlung Toscas nicht unwesentlichen Interpretationsspielraum, der in dieser Inszenierung völlig ausgespart wurde.

Stürmischer Applaus für die drei Hauptdarsteller und das Orchester unter Mariks Leitung. Vereinzelte Buh-Rufe für Regie und Bühnenbild.



FAZIT:

Für Liebhaber der italienischen Oper sicherlich ein höchst zufriedenstellender Genuss. Auf dem Nachhauseweg rauschen einem noch die Ohren von der spannungsgeladenen Musik. Allein um der Dramatik willen, muß man Tosca gesehen haben.

Logo: Theater Dortmund

Musikalische Leitung
Anton Marik

Inszenierung
Karin Mauksch

Bühnenbild
Johann Jörg

Kostüme
Karin Fritz


Solisten

Floria Tosca
Monika Krause

Mario Cavaradossi
Jon Ketilsson

Baron Scarpia
Hannu Niemelä

Cesare Angelotti
Karl-Heinz Lehner

Der Meßner
Thomas Mehnert

Spoletta
Norbert Rotter

Sciarrone
Hans Herbert Egbers

Ein Schliesser
Hans Werner Trede

Eine Frauenstimme
Gundula Schneider



Chor des Theaters Dortmund
Einstudierung: Granville Walker
Statisterie des Theaters Dortmund
Monteverdi Junior Chor

Das Philharmonische
Orchester Dortmund




Weitere Aufführungen

Februar '98: 7., 11., 21., 28.
März '98: 5., 20., 29.



Foto: Dortmund/Tosca

Jon Ketilsson (Mario Cavaradossi)



Foto: Dortmund/Tosca

Monika Krause (Floria Tosca)
und Hannu Niemelä (Baron Scarpia)



Foto: Dortmund/Tosca

Monika Krause (Floria Tosca)





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