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Dialogues des Carmelites(Gespräche der Karmeliterinnen)Text nach dem gleichnamigen Drama von Georges Bernanos Und der Novelle "Die letzte am Schafott" von Gertrud von le Fort Musik von Francis Poulenc in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Premiere am Aalto-Musiktheater Essen Kurz vor Ausbruch der Französischen Revolution tritt die junge Blanche in Karmeliterkloster ein, wo sie ihre Ängste zu überwinden hofft. Doch gerade dort wird sie mit diesen Ängsten konfrontiert: Zunächst angesichts des Todeskampfes der alten Priorin, dann durch die Auflösung des Klosters und die drohende Hinrichtung. Sie verläßt das Kloster, aber als die anderen Nonnen, die zum Martyrium entschlossen sind, hingerichtet werden, folgt sie ihnen in den Tod. Francis Poulencs Oper ist eine religiöse Auseinandersetzung mit dem Tod. Obwohl die Handlung wenig opernhaft aufgebaut ist, finden sich eine Reihe dramaturgisch starker Elemente, und die Musik schwelgt dazu in den schönsten Harmonien. Es ist verwunderlich, daß die "Carmelites" vergleichsweise selten gespielt werden. Nach flauem Beginn gewinnt die Essener Premiere mit dem Auftritt von Rita Gorr rasant an Fahrt. Die große alte Dame, die unter den Augen von Poulenc diese Rolle bereits 1957 in der französischen Erstaufführung gestaltete, besitzt eine atemberaubende Bühnenpräsenz und beherrscht das Geschehen. Die junge Zsuzsanna Bazsinka (Blanche) fügt sich trefflich ein, gerade weil ihre schöne Stimme noch relativ wenig charakteristisch ist. So verkörpert sie eine sehr jugendliche, naive Blanche, womit sie der Rolle bestens gerecht wird. Auch sonst ist das Essener Ensemble durchweg gut besetzt; zu erwähnen sind da insbesondere Heike Gierhardt und Ildiko Szönyi sowie Olatz Saitua-Iribar. Die Inszenierung von Michael Schulz ist da am stärksten, wo sie sich ganz zurücknimmt und Text und Musik den Vorrang läßt. Auf der kargen, schwarz ausgeschlagenen Bühne (Michael Scott) erzielt er mit sparsamen Lichteffekten beeindruckende Wirkungen. Schulz erzählt die Geschichte zeitlos: Die Angst vor dem Tod ist als existentielle Erfahrung nicht an den historischen Rahmen gebunden. Vereinzelte Versuche, einen Zeitbezug zu setzen - das Erscheinen eines Mikrophons soll wohl auf die NS-Zeit hindeuten - hinterlassen weniger Eindruck als die strenge Abstraktion. Verweise auf die Französische Revolution sind weitgehend dezent (vom mißlungenen lärmenden Beginn einmal abgesehen). Die Einrichtung von deutschen Übertiteln (gesungen wird französisch) erweist sich als Glücksgriff, da sich der anspruchsvolle Text exakt verfolgen läßt. Im Orchestergraben beweist Myron Romanul beste Kapellmeisterqualitäten. Er versteht sich als Begleiter des Sängerensembles und bringt die Partitur transparent zum Klingen. Vielleicht wäre der Oper ein insgesamt etwas homogenerer Klang angemessen. Die Schlußszene mit der Hinrichtung und den derb vertonten Geräuschen der Guillotine ist sicher der heikelste Punkt der Oper. Schulz abstrahiert auch hier, läßt die Nonnen an der Rampe zusammenbrechen, während zwei Soldaten viel Theaterblut an eine rückseitige weiße Wand spritzen. Das ist eine Spur zu dick aufgetragen, allerdings ist der Grad zwischen dem notwendigen Maß an Brutalität, daß Poulenc hier einfordert, und Übertreibung denkbar schmal. Andererseits verhindern solche Irritationen eine allzu glatte Inszenierung. FazitPoulencs Oper, in einer anspruchsvollen Inszenierung und musikalisch überzeugend umgesetzt, erzeugt Betroffenheit. Nicht nur wegen Rita Gorr ist diese Essener Produktion unbedingt sehens- und hörenswert. |
Besetzung
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