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Die Frau ohne Schatten


Dichtung von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

Premiere am Aalto-Musiktheater Essen
am 12. September 1998

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Jung



Erlesene Chinoiserien ohne Schatten

Die "Frau ohne Schatten" ist derartig komplex, daß die Essener Programmheftgestalter gleich zwei Inhaltsangaben abgedruckt haben - eine etwas wirre, eigend für das Programmheft verfaßte, und eine unwesentlich längere "ausführliche" Form von Textdichter Hofmannsthal persönlich. Regisseur Fred Berndt hat in erster Linie versucht, die märchenhafte Geschichte einigermaßen klar zu erzählen, und verzichtet auf den Versuch einer aktualisierten Deutung. Seine weitgehend überzeugenden Bildlösungen sind von ostasiatischen Kulturen beeinflußt, am deutlichsten durch die Verwendung der Yin-und Yang-Symbolik. Durch geschickte Ausleuchtung entstehen immer wieder quasi "schwebende" Bildeindrücke, die sehr schön mit der Musik korrespondieren.

ESSEN: Szenenfoto

Fast wird der Jagdsport für
den Kaiser (Jeffrey Dowd)
zum steinernen Verhängnis


Das zweite wichtige Element der Inszenierung ist der Einsatz von choreographischen Elementen. So wird der umkämpfte Schatten von einer Tänzerin (Anja Fischer, die auch für die effektvolle, aber unaufdringliche Choreographie verantwortlich zeichnet) verkörpert. Daneben gibt es mehrere Szenen, in denen die Statisten kunstvoll arrangiert werden und sparsame tänzerische Bewegungen vollführen, so bei der Vision der Kaiserin im zweiten Akt, die im Traum ihren Mann versteinern sieht - auf der Bühne werden aus Steinen Menschen. Der Unterschied zwischen belebter und unbelebter Natur wird zugunsten einer Einheit für einen Moment aufgehoben. Berndt ist aber nicht nur hier von Gedanken der ostasiatischen Philosophie beeinflußt, auch die theatralischen Mittel verweisen auf asiatische Theaterformen. Daraus ergibt sich eine Künstlichkeit, die dem Stoff der Oper angemessen ist und die Inszenierung vor falsch verstandenem Realismus schützt.

Auch das Färberhaus ist nur angedeutet, wobei ein kräftiges Blau eine konkretere Atmosphäre schafft als die verschwommenen, wie aus einem Aquarell stammenden Farben der kaiserlichen Sphäre. Wehende Tücher vermitteln den Eindruck fließenden Wassers, Symbol des Lebenden, aber auch des Sterblichen - im dritten Akt setzen Kaiserin und Amme in einem Kahn, der auch ein Sarkophag sein könnte, in die Unterwelt über. Solche Symbole setztder Regisseur schlüssig, aber dezent ein, daraus bezieht die Inszenierung ihre Stärke. Allein das Bühnenbild des letzten Aktes erinnert an eine Varietebühne, und das Schlußbild mit japanischer Malerei im Hintergrund hinterläßt einen unglücklichen Eindruck.

ESSEN: Szenenfoto

Bühnenspektakel für die Färberin
(Luana DeVol). Die Kaiserin
schaut aus der Höhe zu.


Sparsam, aber durchdacht ist die Gestik der Akteure. Wolfgang Brendel in der Rolle des Barak verzichtet auf komödiantische Züge, sondern singt die Rolle liedhaft und jenseits eines Bufforollenbewußtseins. So schön er das auch macht, so ist sein Barak doch ein wenig zu brav und gutmütig. Musikalisch läuft ihm ein phantastisches Damenterzett den Rang ab: Susan Anthony (Kaiserin), Luana DeVol (Färberin) und Ildiko Szönyi (Amme) lassen vom zartesten Piano über strömend lyrischen Klang bis zu dramatischen Ausbrüchen keine Wünsche offen. Der Text bleibt leider auf der Strecke, woran der Komponist aber nicht unschuldig ist. Auch in den Nebenrollen wird exzellent gesungen; nur die Rolle des Kaisers ist mit Jeffrey Dowd, dessen Stimme eng blieb und wenig Gestaltungsmöglichkeiten zuließ, unglücklich besetzt.

ESSEN: Szenenfoto

Durch Opernlogik getrennt:
Barak(Wolfgang Brendel, r.)
und seine Frau (Luana DeVol)

An der hervorragenden musikalischen Realisierung des Werkes, die dem Vergleich mit größeren Häusern stand hält, hatten die vorzüglichen Philharmoniker unter der Leitung von Stefan Soltesz großen Anteil. Soltesz versteht es, die Sänger zu begleiten und dennoch dem Werk ein symphonisches Gepräge zu geben, wobei die orchestralen Steigerungen wohlproportioniert sind. Beim Essener Publikum genießt der Dirigent und Intendant große Popularität; die Beifallsbekundungn nahmen einen fast schon aggressiven Charakter an.

So endete ein ebenso langer wie gelungener Opernabend - mit zwei Pausen bringt es die Aufführung auf beinehe dreieinhalb Stunden - mit frenetischem Beifall für alle Akteure. Für das kommende "Strauss-Jahr" - 1999 wird des 50.Todestages des Komponisten gedacht - ist das Aalto-Theater mit dierser Produktion (der ja zum Saisonende die selten gespielte "Daphne" folgen soll) bestens gerüstet.



Fazit

Märchenhaft fernöstliche Atmosphäre und glänzend aufgelegte Musiker sorgen für einen furiosen Saisonstart in Essen.

Logo: Aalto-Musiktheater Essen

Musikalische Leitung
Stefan Soltesz

Inszenierung und Bühnenbild
Fred Berndt

Kostüme
Dorothée Uhrmacher

Choreinstudierung
Dietrich D. Gerpheide

Choreographie
Anja Fischer


Solisten

Der Kaiser
Jeffrey Dowd

Die Kaiserin
Susan Anthony

Die Amme
Ildiko Szönyi

Der Geisterbote
Marcel Rosca

Ein Hüter der Schwelle
Zsuzsanna Bazsinka

Stimme dews Jünglings
Rainer Maria Röhr

Stimme des Falken
Zsuzsanna Bazsinka

Stimme von oben
Gritt Gnauck

Barak, der Färber
Wolfgang Brendel

Seine Frau
Luana DeVol

Der Einäugige
Gedvdas Lazaukas

Der Einarmige
Sami Luttinen

Der Bucklige
Rainer Maria Röhr

Drei Dienerinnen
Gritt Gnauck
Marie-Helen Joël
Olatz Saituba-Iribar

Stimmen der Ungeborenen
Laura Alonso
Gritt Gnauck
Marie-Helen Joël
Olatz Saituba-Iribar
Marion Thienel

Stimmen der Wächter
Gedvidas Lazauskas
Károly Szilágyi
Andreas Wachter


Tänzerin (Falke, Schatten)
Anja Fischer


Opernchor und Statisterie
Die Essener Philharmoniker



Weitere Aufführungen

September '98:
15., 19., 27.

Oktober '98:
28., 31.

November '98:
4.



ESSEN: Szenenfoto

Schattenlose Lichtgestalt:
Die Kaiserin (Susan Anthony, l.)
umgarnt von dunklen
Mächten in Gestalt der
Amme (Ildiko Szönyi)









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