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La Navarraise

Episode lyrique en deux actes
Musik von Jules Massenet
Libretto von Jules Claretie und Henri Cain
Deutscher Text von Werner Seitzer


Cavalleria rusticana

Melodramma in un atto
Musik von Pietro Mascagni
Libretto von Giovanni Targioni-Tozzetti und Giudo Menasci
nach dem Schauspiel von Giovanni Carmelo Verga (1883)
Deutscher Text von Werner Berggruen

Premiere im Theater Hagen am 27.4. 1996
Rezensierte Aufführung: 4.5. 1996

Besetzung
Stücke
Musik
Inszenierung
Fotos
Resümee
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Von Meike Nordmeyer




Besetzung

Musikalische Leitung: Alexander Rumpf
Choreinstudierung: Lothar Welzel
Inszenierung der Navarraise: Peter Ebert
Inszenierung der Cavalleria rusticana: Peter Bisang
Bühnenbild: Michael Tietjens
Kostüme: Susanne Sommer



Solisten der Navarraise:

Anita, das Mädchen von Navarra: 			Angelina Ruzzafante 
Araquil, Sergeant im Regiment von Biscaya: 		Arturo Valencia 
Garrido, ein General: 					Stefan Adam
Remigio, Araquils Vater: 				Andreas Haller
Ramon, Hauptmann im Regiment von Biscaya:		Peer-Martin Sturm 
Bustamente, Unteroffizier im selben Regiment: 		Markus Brück 
Ein Soldat: 						Henry Ryall Lankester



Solisten der Cavalleria rusticana:
Santuzza, eine junge Bäuerin: 				Ulrika Jäder 
Turiddu, ein junger Bauer: 				Bernd Gilman 
Lucia, seine Mutter: 					Ewa Gajewska-Lalla
Alfio, ein Fuhrmann:					Horst Fiehl 
Lola, seine Frau: 					Marilyn Bennett
Eine Frau:						Gisela Ribbert 

Chor und Extrachor des Theater Hagen
Das Philharmonische Orchester Hagen




Stücke

In Hagen wurde einmal nicht die Kombination der beiden Klassiker des Verismus, die "Cavalleria rusticana" von Mascagni und "I Pagliacci" ( "Der Bajazzo") von Leoncavallo aufgeführt, sondern dem Einakter von Mascagni wurde die kurze Oper "La Navarraise" von Massenet an die Seite gestellt. Dieses Programm war vielversprechend und bot denn auch einen äußerst interessanten und eindrucksvollen Abend.

Die in Deutschland bisher selten gespielte 'Navarraise' gilt als Massenets veristisches Werk. Es spielt in Spanien 1874, zur Zeit des Karlistenkrieges. In einem zeitgenössischen Wortspiel wurde das Stück daher als "Cavélleria espagnola" bezeichnet. Neben der Anspielung auf Mascagnis Oper wurde damit auch Emma Calvé geehrt, die die erste Darstellerin der Hauptfigur Anita war. Die Uraufführung mit ihr, 1894 in London, war ein großer Erfolg.

Im direkten Vergleich der beiden Opern, der in Hagen ermöglicht wurde, konnten sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede zwischen beiden Werken deutlich werden. Es zeigte sich, daß die Problematik der 'Navarraise', das Leiden von Einzelpersonen in Zeiten des alle Individualität bedrohenden Krieges, erschütternder, da fataler und allgemeiner gezeichnet ist als der Konflikt in der 'Cavalleria'.

Die Geschichte der Navarreserin endet nicht nur mit dem Tod des Geliebten, sondern auch mit dem Wahnsinn der zu allen entschlossenen Frau. Der Krieg und die gesellschaftlichen Normen bestimmen die Personen, lassen sie handeln und scheitern, sind sie doch eigentlich ohnmächtig gegen die gewaltigen überpersönlichen Faktoren. Die starke Einengung der Menschen führt die Musik vor. Das auffallend dramatische Motiv, mit dem bereits das Vorspiel beginnt, beherrscht immer wieder die musikalische Linie der Figuren und verschlingt schließlich das wahnhafte Lachen Anitas, die aus Liebe zur Mörderin wurde und ihren Geliebten darüber verliert.
Der Krieg ist stets gegenwärtig in den zwei Akten dieser Oper. Bis auf vereinzelte spanische Anklänge wird er unhistorisch dargestellt und bleibt somit allgemeines mögliches Vorkommnis.

Ganz anders verhält es sich in der 'Cavalleria'. Krieg ist zwar der Grund für die Trennung von Lola und Turiddu, aus der die Verbindung beider mit jeweils anderen Partnern resultiert; somit ist er letztlich konfliktauslösend, er ragt aber selbst nicht in das sizilianische Dorf hinein. Hier geht es um Ehebruch und Leidenschaft, um Skrupellosigkeit und Ehre. Diese werden entwickelt in volkstümlicher und zugleich glühender Musik. In ihrer Form entspricht die Oper von Mascagni noch sehr der italienischen Nummernoper und bleibt damit der Tradition verbundener als die stark deklamatorisch geführte Opernsprache, die Massenet entwickelte und in der 'Navarraise' zur Personenzeichnung verwendete.


Inszenierung

Die Inszenierungen sind nicht außergewöhnlich, aber durchaus gelungen (besonders die 'Cavalleria' ).
Der Regisseur läßt die 'Navarraise' nicht auf dem Dorfplatz, sondern im Lager der Soldaten spielen. Im Hintergrund liegen die müden Soldaten und auch Verletzte auf den Betten. Durch das große Holztor des Lagers scheint stimmungsvoll die südliche Sonne und später das Blau der Nacht. Bestimmendes Element auf der Bühne ist die Eingangsrampe, die in den tieferliegenden Raum führt, auf der die Personen ins Geschehen im Lager treten und auf der sie sich auf den Weg ins Dorf anschicken. Vom Dorf ist nur etwas zu sehen, wenn zeitweise das Holztor geöffnet wird. Der Blick wird dann frei auf einen steinernen Bogen.
Schräge und Bogen sind die Elemente, die auch die Darstellung des sizilianischen Dorfes in der 'Cavalleria' ausmachen. Somit wird über die Pause hinweg unaufdringlich der Bogen zwischen beiden Stücken gespannt. In der "Cavalleria rusticana": Wiederum agieren die Personen auf der Schräge oder ziehen sich von ihr zurück. Wunderbar gestaltet ist das Dorf mit echter Patina und intensiver süditalienischer Ausstrahlung! Hinter dem Dorf muß das Meer beginnen, es kann nicht anders sein bei diesem Licht, das durch den Bogen scheint. Während die Hauptfiguren im ersten Stück noch etwas gespielt wirken, überzeugen sie ganz in der zweiten Oper. Sie lassen von der Hitze der Leidenschaft in Stimme und Spiel spüren.



Musik

Das Orchester baute mit dem Vorspiel der 'Navarraise' sofort enorme Spannung auf, die es den ganzen Abend fortführte. Im Zwischenspiel der ersten Oper fiel das saubere und pointierte Zusammenspiel der Bläser auf; entsprechend musizierten die Streicher im berühmten 'intermezzo sinfonico' der 'Cavalleria' wie auf einer Geige. Das Spiel der Hagener kann nicht anders als diszipliniert, schwelgerisch und emotionsgeladen bezeichnet werden. Recht hatte das Publikum, als es sich schließlich mit Bravorufen bedankte!
Auch die Sänger stellten sehr zufrieden. In der 'Navarraise' musizierten sie bewegend und stimmschön. (Würdig: Stefan Adam als General Garrido mit großer, warmer Stimme.) Die Leistung der Sänger blieb allerdings vereinzelt in dem Sinne, als daß zwischen den Personen die Spannung nicht aufgebaut werden konnte. Die Erschütterung, die von diesem Stück ausging, wurde vor allem vom Orchester erreicht.
Anders war es im zweiten Teil. In der Auseinandersetzung der Figuren jagte ein tönendes Wort das andere. Die beiden Frauen, Ulrika Jäder als Santuzza und Ewa Gajewska-Lalla als Lucia, boten mit tiefen Timbre packenden Gesang. Bernd Gilmann als Turiddu spielte und sang mit Glut; so konnte man leicht verzeihen, daß die hohen Töne nicht ganz locker kamen. Orchester und Ensemble waren hier auf gleich hohem Spannungsniveau und machten die Aufführung der "Cavalleria rusticana" zu einem großen Erlebnis.



Resümee

Unbedingt eine Vorstellung in Hagen besuchen!
Dies gilt besonders für Freunde veristischer Opern, operngeschichtlich Interessierte und alle Fans Süditaliens.
Sehr erfreulich ist auch das äußerst informative Programmheft zur Aufführung.


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