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Il Trittico Musik von Giacomo Puccini
Im Sog menschlicher Gefühle - der Tod und seine möglichen FolgenMit dem Trittico kommt wieder eine Produktion auf die Bühne der Kölner Oper, die schon im Jahr 1994 durch ihre Geschlossenheit und unentrinnbare Dramatik in ihren Bann zog. Die Inszenierung von Willy Decker lag nun bei Martin Balzer (Spielleitung) in den besten Händen.
Foto 1: Der Tod als Klammer für drei völlig unterschiedliche und selbständige Opern ist nun gewiss nichts besonderes. Doch wie Willy Decker diese drei Einakter zu einem Ganzen zusammenfügt ist mehr als eindrucksvoll. Sowohl im Tabarro als auch in der Suor Angelica ist der Tod eines Kindes ein entscheidendes Moment im Leben der betroffenen Eltern bzw. der Mutter. Giorgetta und Michele haben sich nach dem frühen Tod ihres Kindes immer weiter auseinandergelebt. Giorgetta hat sich inzwischen Ersatz bei dem Löscher Luigi gesucht. Als ein roter Ball die Stufen zum Kai, an dem ihr Schiff ankert, heruntergerollt kommt und gleich danach ein Kind diesem hinterhereilt, starrt es Giorgetta bewegungslos an. Sekunden werden zu Stunden.
Foto 2: Angelica anderseits lebt seit sieben Jahren zurückgezogen in einem Kloster und büsst für die "Schuld", ein unehelichess Kind auf die Welt gebracht zu haben, ohne zu wissen, wie es diesem geht. In ihren Traum- und Angstzuständen erscheint ihr immer wieder die Vision "ihres Kindes". Es ist das gleiche Kind mit demselben roten Ball, das auch schon im Tabarro, da allerdings real, erschien. Letztendlich ist dieses Kind im Gianni Schicchi der Sohn von Nella und Gherardo, dem Neffen des Buoso Donati, der soeben in hohem Alter verschied und sein gesamtes Erbe einem Kloster vermachte. Eben diesem kleinen Gherardino ist es schliesslich zu verdanken, dass dieses Testament gefunden wird und das Erbe unter zahlreichen Prozeduren von Gianni Schicchi doch noch, so gut er es (ver)mag, unter alle Anwesenden "Familienmitglieder" verteilt wird. Max Meyer, ein Mitglied des am Haus bewährten Kölner Kinderchores, verlieh der "Rolle" des Kindes in allen drei Werken die ihm zustehende Wichtigkeit.
Foto 3: Fabelhaft gestaltet sind auch die Bühnenbilder und die Kostüme von Wolfgang Gussmann. Eine etwas aus dem Lot geratene Optik und Schrägen in allen Dimensionen halten die Räume stehts unter Spannung. Schwarz der Bühnenraum im Tabarro - wobei ich den Eindruck hatte, dass er heller ausgeleuchtet war, als in der Aufführungsserie 1994/95 - Weiss bei Suor Angelica und Weiss mit schwarzen "Trauerrändern" beim Gianni Schicchi. Die Figuren heben sich von den schlichten Räumen gut ab und werden auf den grossflächigen Wänden durch eine gezielt eingesetzte Lichtregie (Hans Toelstede) oft von ihren eigenen, oder den Schatten anderer "verfolgt". Dramatik, Verzweiflung und ausgelassene Komik kommen so vortrefflich zur Wirkung und reissen den Zuschauer unentrinnbar mit in das Geschehen. Am Ende der Aufführung hat man tatsächlich das Gefühl, alle Last der Welt fiele von einem ab.
Foto 4: Auch musikalisch war es ein ganz grosser Abend. Peter Feranec nutzte mit dem Gürzenich-Orchester Kölner Philharmoniker alle Möglichkeiten, den grossen Farbenreichtum von Puccinis Partitur hör- und erlebbar zu machen: von dem grummelnden Motorengeräuschen und nächtlichen Signalhörnern auf der Seine im Tabarro über die Intensität und den Klangrausch der Suor Angelica, bis hin zum ausgelassenen Scherzando des Gianni Schicchi. Von den zahlreichen, sowohl stimmlich, als auch darstellerisch ausgezeichneten Solisten ragten vor allem Nina Stemme (Suor Angelica), Eva Batori (Giorgetta), Dalia Schaechter (Frugola und Zia Principessa), Sidwill Hartmann (Luigi) und der grandiose Bruno Caproni als Michele und Gianni Schicchi heraus. Bewundernswert war im übrigen nicht nur die Homogenität der Stimmen im reinen Frauenstück Suor Angelica, sondern des gesamten, an den drei Einaktern beteiligten Ensembles, einschliesslich der Chöre.
Ein ungemein packender Abend! Nimmt man die erste Tragödie noch ganz gut mit, ist man spätestens nach der Suor Angelica so gebannt, dass die spritzige Farce wie eine Erlösung wirkt. Eine einzigartige Aufeinanderfolge dreier völlig selbständiger Werke, die allerdings nur in genau dieser Reihenfolge ihre volle Wirkung erreichen! Lässt man auch nur eines weg, meist die Suor Angelica, ist alles verspielt. Eine Vorzeigeproduktion der Kölner Oper!
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Musikalische Leitung
Inszenierung
Spielleitung
Bühne und Kostüme
Chor
Licht
SolistenIl Tabarro
Michele, Besitzer eines Schleppkahns
Giorgetta, Micheles Frau
Luigi, Löscher
Tinca, Löscher
Talpa, Löscher
Frugola, Talpas Frau
Liedverkäufer
Liebespaar
John Pierce * Suor Angelica
Suor Angelica
Zia Principessa
Badessa
Suora Zelatrice
Maestra delle novice
Suor Genovieffa
Suor Osmina
Suor Dolcina
Suora Infermiera
Cercatrice
Novizia
Converse
Suore
Gianni Schicchi
Gianni Schicchi
Lauretta, seine Tochter
Zita, Base des Buoso
Rinuccio, Neffe des Buoso
Gherardo, Neffe des Buoso
Nella, seine Frau
Gherardino, beider Sohn
Betto di Signa, Schwager des Buosco
Simone, Vetter des Buosco
Marco, sein Sohn
Ciesca, Frau des Marco
Maestro Spinelloccio, Arzt
Ser Armantino di Nicolao, Notar
Pinellino, Schuster
Guccio, Färber
Buoso Donati
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Mitglied des Kölner Opernstudios
Kölner Kinderchor Gürzenich-Orchester Kölner Philharmoniker
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