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Premiere im Opernhaus Mönchengladbach am 5. Mai 1996
Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Choreinstudierung: Georg Menskes
Inszenierung: Uwe Schwarz
Bühnenbild und Kostüme: Harald Stieger
Margarethe: Andrea Hanson Faust: Jefferey Springer Mephisto: Lado Ataneli Siebel: Hale Al.Orfali Marthe: Cornelia Dietrich Valentin: Jorge Escobar Brander: Bernhard SchmittChor der Vereinigten Städtischen Bühnen
Hebt sich das lichte Vorhangstuch, wird der Blick frei auf einen vollkommen
weißen, geschlossenen Bühnenraum. Die Wände sind
mit Skizzen versehen, die im Verlauf des Spieles aufgeklappt und
verschieden beleuchtet werden. Von Anfang an sind so alle Elemente der
Inszenierung auf der Bühne präsent. Die verschiedenen skizzierten
Motive sind der Bildersprache René Magrittes entnommen, man sieht die
Silhouette des Mannes mit Melone, Wolken, Bäume, große Flasche und anderes.
Das farbige Licht, das die jeweils aktuellen geöffneten Elemente aber
auch die Einzelpersonen direkt beleuchtet,
wird gekonnt leitmotivisch eingesetzt. Rot kennzeichnet vor allem Faust,
natürlich auch Mephisto. Grün steht nicht nur für den Ostertag und
schließlich für die Erlösung Margarethes.
Auch die große Flasche erstrahlt zur Feier des Tages in grün und
(reichlichen Genuß verheißend) passend dazu das Volk.
Die Auftritte des Chors - Herren mit schwarzen Anzug und Melone, Damen im
Kostümchen, alle mit Regenschirm ausgestattet, der wiederholt zum Einsatz
kommt - sind jedesmal einfallsreich
gestaltet. Die Damen und Herren beeindrucken durch ihr stilisiertes Spiel.
Die Sängerschauspieler überzeugen ebenfalls, lediglich der mitunter
unbeholfene Faust und das im ersten Teil stark infantile Spiel Margarethes
fallen da etwas heraus.
Zunehmend expressiv geht es nach der Pause weiter.
Die Kirche wird im Bühnenraum nicht gerade zimperlich vor Augen
geführt. Das Kreuz war zuvor als Skizze immer schon sichtbar, diese
durchstoßend tritt Mephisto nun in die Kirche ein, gewaltig
wie sonst nur der Komtur. Und siehe da, auf einmal ist er rot angestrahlt am
Kreuze zu sehen... Auch die letzte Szene im Kerker wird durch Spiel und Gesang
der Darsteller sehr ausdrucksstark.
Diese Inszenierung ist intelligent stilisiert, zugleich voller Witz und
Atmospähre - wunderbar, wenn moderne Operninszenierung so gelingt. Geboten
wurde damit eine höchst anregende Vorstellung.
Die Musik Gounods ist sicherlich noch schöner, als sie in Mönchengladbach zu hören war. Sie wurde niemals ganz ausgespielt. Vom Orchester gab es sauber und fein musizierte Soli zu hören, der große Bogen kam aber nicht zustande, es fehlte am innigen Zusammenspiel. Äußerst bemerkenswert war, wie sehr das Dirigat von Anthony Bramall auf die Sänger einging und ihnen den nötigen Freiraum zur musikalischen Entfaltung ließ. Dies fiel vor allem in der Juwelenarie Margarethes auf, die von Andrea Hanson empfindsam und temperamentvoll dargeboten wurde. In den Liebesszenen fand die Sängerin zarte Töne, so wie sie dramatisch überzeugte im vierten und fünften Akt. Lediglich die hohen Töne fielen durch abrupt zunehmende Lautstärke bei angespannter Körperhaltung und Blick gen Himmel häufig aus der musikalischen Linie. Sehr klangvoll, gepaart mit elegant-diabolischen Auftritt, zeigte sich Lado Ataneli als Mephisto. Er verfügte zudem über ein dämonisches Lachen. Jefferey Springer als Faust musizierte ordentlich, aber wollte nicht so recht klingen. Seine Stimme entfaltete sich nicht, wirkte verstopft. Freude machte Cornelia Dietrich als Marthe mit temperamentvoller dunkler Stimme, und sie schäkerte herrlich mit dem Teufel! Insgesamt zeigten sich die Sänger solistisch nicht immer intonationssicher. Im Ensemble waren sie sehr zusammen und klangen außerordentlich gut. Die Darsteller wiesen zudem eine sehr deutliche Diktion auf und ermöglichten so die Anteilnahme des Publikums am Witz von Schauspiel und Text. Besonders hervorzuheben ist außerdem die Leistung des Chores, denn dieser verband sein engagiertes Spiel mit klangvollen und präzisen Gesang.
Die meisten Bravorufe ernteten die Darsteller der Margarethe und des Mephisto gemeinsam mit dem Chor; auch Faust und Marthe wurden bedacht. Verhalteneres Lob gab es für Dirigent, Regisseur und Bühnenbildner.
Musikalisch stellte die Aufführung zufrieden.
Äußerst lohnenswert ist die moderne, sehr einfallsreiche Inszenierung.
In dieser Kombination von Musik und Inszenierung ist eine Fahrt nach
Mönchengladbach auf jeden Fall anzuraten.