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Cavalleria rusticana

Melodrama in einem Akt
Text von Giovanni Targioni-Tozzetti
nach Giovanni Verga
Musik von Pietro Mascagni

In italienischer Sprache

Der Bajazzo (I Pagliacci)

Drama in zwei Akten und einem Prolog
Text und Musik von Ruggero Leoncavallo

In italienischer Sprache

Premiere im Theater Mönchengladbach
am 15.2.1997
Besetzung
Rezension
Fazit
Fotos
weitere Aufführungen
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Von Meike Nordmeyer



Besetzung

Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Inszenierung: Thomas Münstermann
Bühne und Kostüme: Christoph Wagenknecht
Choreinstudierung: Gerorg Menskes

Cavalleria rusticana

Santuzza		-	Rachael Tovey
Lola			-	Michaela Mehring
Turiddu			-	Jefferey Springer
Lucia			-	Cornelia Dietrich
Alfio			-	Lado Ataneli

Der Bajazzo

Prolog			-	Lado Ataneli 
Canio/Bajazzo		-	Ion Tudoroiu
Nedda/Colombina		-	Andrea Hanson 
Tonio/Taddeo		-	Lado Ataneli 
Peppe/Arlecchino	-	Walter Planté 
Silvio			-	Mikhail Lanskoi 
Zwei Männer		-	Jerzy Gurzynski
                   		Tadeusz Nowakowski 
Die Niederrheinischen Sinfoniker
Chor der Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld und Mönchengladbach
Extrachor des Theaters Mönchengladbach



Strenge des Lebens im Dorfe - buntes Leben der Schauspieler - nichts schützt vor dem Tod aus Eifersucht
Veristischer Doppelpack in Mönchengladbach: Cavalleria und Bajazzo

Der Vorhang öffnet sich zum Vorspiel der Cavalleria rusticana. Ein Auto explodiert, geht buchstäblich in die Luft und verbleibt dort. In den kargen Tischreihen am Boden, die eng gestellt zum strengen, unerbittlichen Muster werden, zeigt der außerordentlich spiel- und tanzfreudige Chor eine ausdrucksstarke, bilderreiche Choreographie. Ehepaare verhalten sich am heimischen Tisch. Frauen werden beherrscht und gezwungen, doch haben auch sie ihren kleinen Machtbereich: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt unter ihren gestrengen Blicken.

Die Requisiten werden in der konzentrierten Inszenierung von Thomas Münstermann stets mehrdeutig eingesetzt: Das weiße Tuch ist Tischdecke und Bettuch zugleich. Es gehört wie die Kerze, der Teller, die Tische und Stühle den Bereichen Heim, Wirtshaus und Kirche gleichermaßen an, und es ergibt sich daher ein dichtes Assoziationsgeflecht. Das weiße Tuch wird zur eleganten Stola der Damen und zum Gewand der Madonna, der Teller gibt den Heiligenschein her.

Fließend wechseln die verschiedenen Stimmungen der angedeuteten Spielorte. Der Grundton bleibt aber stets die Enge, die Unbeweglichkeit der Menschen zwischen den strengen Reihen, den starren Strukturen der Geschlechterordnung, den Konventionen und Bräuchen im Dorf.

Auf diesem ewig gleichen Feld ist die Geschichte um Turiddu und Santuzza nur eine kurze Episode. Die beiden Personen, die Anstalten machen, mit individuellen Gefühlen aufzubegehren, werden mit traditioneller Behandlung abgefertigt: Die Verachtung für die Frau, der Zweikampf für den Mann. Mit Verbannung und Tod ist die Geschichte bald aus der Welt geschafft als wäre sie gar nicht geschehen. So handelt die dörfliche Gesellschaft den Vorfall ab.

Die leidenden Personen dieses Geschehens werden von einem sicheren und stimmstarken Ensemble dargestellt. Die große Verzweiflung und Wut der Santuzza entwickelt Rachael Tovey durch Stimme und Spiel. Jeffrey Springer als Turiddu ist äußerlich viel zu brav geraten, weiß dies aber durch seinen intensiven Gesang zurechtzurücken. Sehr eindringlich dargestellt wird die alte Lucia von Cornelia Dietrich. Mit äußerst herrisches Gebärden und mächtiger, wohl geführter Stimme gibt Lado Ataneli den Alfio.

Dem Orchester, kompetent geleitet durch Anthony Bramall, fehlte letztlich die große Spannung. Das zügige Dirigat lies zudem den Sängern nicht immer genügend Freiraum ihre Stimmen auszusingen. Insgesamt wurde aber dem Publikum mit der ausdrucksstarken Inszenierung und dem überzeugenden Ensemble eine hervorragende Aufführung geboten.

Fragt sich nur, was nun mit dem Auto ist, das zu Beginn explodiert. Im Programmheft, und nur dort, findet man Aufschluß über den aktuellen Bezug zum 1992 verübten Attentat auf den Mafia-Richter Falcone. Durch die Bühnensprache selbst ist dieser Hintergedanke nicht erkennbar; das Auto bleibt für den "reinen" Zuschauer daher effektvolle Zutat.

Ganz anders, nämlich bunt und lustig, inszeniert Münstermann die zweite Oper, den Bajazzo.

Die Geschichte spielt irgendwo in Italien oder doch im frühen Musical-Amerika. Es ist viel los auf der Bühne, ein echtes Auto, bunte Lichterkette usw. Das Stück, das die Schauspielertruppe auf ihren Programm hat, ist albern und burlesk, wie sich das für solch eine Truppe gehört. Beachtlich ist dabei die schauspielerische Ausführung der Sängerdarsteller. Dennoch stellt die Szenerie nicht gerade zufrieden.

Ohne jeden Tiefgang wird die Geschichte einfach nur erzählt, bunt, ulkig und verzweifelt - da fehlt etwas, das steht doch sehr im Kontrast zu der strengen Formsprache in der Cavalleria. Keinerlei Verweise sind aufzufinden - ach doch, einen gibt es wieder, den man dem Programmheft entnehmen kann: Zu Beginn, noch vor dem Prolog wird pantomimisch der Mord an Pier Paolo Pasolini dargestellt. Aber woher soll man wissen, was gemeint ist, und was ist nun damit?

Wieder aber erfreut außerordentlich das Ensemble. Hervorragende schauspielerische und gesangliche Leistung zeigt Lado Antaneli, der bereits mit dem Prolog glänzt. Auch Andrea Hanson überzeugt als Nedda, ebenso Mikhail Lanskoi als Silvio und Walter Planté als Peppe. Einen ausdrucksstarken Höhepunkt bietet Ion Tudoroiu mit seiner bekannten Bajazzo-Arie. Er ist stimmlich den Anforderungen voll gewachsen. Sein Vortrag wird zudem in dem einzigen starken Bild der Inszenierung dargestellt.

Das Orchester legt im zweiten Teil gehörig an Spannung zu. Präzise und ausdruckstark läßt es die Leidenschaft der Musik hören und kündigt tödliche Spannung an.

Dem Publikum gefielen beide Inszenierungen. Enthusiastisch gefeiert wurde das Ensemble, vor allem Lado Ataneli. Der Chor hätte allerdings auch ausdrückliche Anerkennung verdient für sein außergewöhnliches Spiel in der ersten Oper.




Fazit

Die Vorstellung besteht aus zwei Opern in Inszenierungen von unterschiedlicher Art und Güte. Die Darstellung der Cavalleria ist mit einfachen aber starken Bildern vortrefflich gelungen.

Die Inszenierung des Bajazzo bleibt danach enttäuschend. Musikalisch übertrifft die Ausführung des Bajazzos jedoch noch die Cavalleria, daher lohnt sich auch der ganze Abend.




Fotos
(von Matthias Stutte)




Weitere Aufführungen

Februar '97: 22.
März '97: 1.,5.,11.,13.,16., 27.
April '97: 11., 20. (zum letzten Mal)


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