Premiere am Schillertheater NRW im Opernahaus Wuppertal am 22. Dezember 1996
Besetzung
Graf von Eberbach John Rilley-Schofield Die Gräfin, seine Gemahlin Eva Tamulenas Baron Kronthal, Bruder der Gräfin Harrie van der Plas Baronin Freimann, Schwester des Grafen Anja Harteros Nanette, Ihr Kammermädchen Patricia Pallmer Baculus, Schulmeister Joachim Gabriel Maaß Gretchen, seine Braut Claudia Visca Pankratius, Haushofmeister beim Grafen Heinz Mersch
Die neueste Produktoion des Schillertheaters NRW legt wieder einmal alle Vorzüge eines gut geführten Ensembletheaters offen. Jede Partie - mit einer Ausnahme - ist vortrefflich besetzt, das Zusammenspiel der Solisten stimmt bis in die kleinsten Details und sängerische wie darstellerische Qualitäten ergänzen sich auf das Trefflichste. Dazu kommt, dass man hier - im Gegensatz zu vielen anderen Häusern - bei einer deutschen Oper auch den gesprochenen und gesungenen Text versteht (nicht so in der jüngsten, deutsch gesungenen Rusalka in Essen, in der zwar schöne Stimmen zu hören sind, man aber vom Text nur teilweise etwas versteht!).
Mit John Riley Schofield (Graf), Eva Tamulenas (Gräfin) und Joachim Gabriel Maaß (Baculus) stehen drei seit langem zusammensingende und -spielende Sängerschauspieler auf der Bühne, die voneinander wissen, wer-was-wann macht. Da stimmt einfach das Timing und eben das gibt den Szenen jenen überzeugenden Ausdruck, den ein Stück braucht. Glänzend eingefügt hat sich auch die junge Anja Harteros (Baronin Freimann), die an Textverständlichkeit keine Wünsche offen läßt und deren Stimme für die Zukunft noch viel verspricht. Auch der Tenor Harrie van der Plas (Baron Kronthal) wußte seine Vorzüge gezielt einzusetzen. Einzig Claudia Visca war in der Rolle als Gretchen völlig fehl am Platze. Statt des Verhältnisses eines jungen Mädchens mit einem alten Dorfschullehrer (im Stück kommt sogar die Frage auf, ob sie wohl seine Tochter sei!), sieht man hier eher ein etwa gleichaltes Geschwisterpaar, was die Szene eher unfreiwillig komisch macht. Zudem klingt die Stimme von Joachim Gabriel Maaß noch um Jahre jünger und geschmeidiger.
Das Sinfonieorchester Wuppertal schafft es über weite Strecken, dem präzisen, auf Lockerheit bedachten Dirigat von Johannes Harneit zu folgen. Ansonsten dominieren eindeutig die Solisten, die Ensemblestücke und die Chöre (besonderen Beifall erhielt der Kinderchor des Wuppertaler Opernhauses).
Während alle Sänger lang bejubelt wurden, war der Applaus für das Regieteam eher lau. Klaus Emmerich (Regie), Bernhard Johnson (Bühne) und Renate Schmitzer (Kostüme) haben sich die Sache aber auch nicht leicht gemacht.
Schon zum Vorspiel schleppen Kinder - vor einem hin- und herschwingenden, gleißendes, gelbes Licht ins Publikum strahlenden Scheinwerfer - riesige schwarze Blöcke auf die Bühne und türmen diese zu einem riesigen Haufen zusammen, um den sie dann wie um eine Kultstätte herumschreiten. Vielleicht sind diese ja das Rohmaterial, aus dem dann später die Schiefertafeln gemacht werden, die ihr weiteres Leben als "grauenvolle Belastung" begleiten werden. Diesen Verdacht läßt jedenfalls die Bühnengestaltung des zweiten Aktes aufkommen. Des weiteren dominiert dann aber der Kontrast zwischen "verspielten" Herrschern und "dümmlichem" Volk.
Ansonsten bietet die Regie zwar einige spritzige und witzige Momente, kann aber ansonsten kein artifizielles oder bis ins letzte Detail ausgefeiltes Musiktheaterfeuerwerk entfachen.