Gormenghast
Fantasy-Oper in drei Akten
Libretto von Duncan Fallowell
frei nach Mervyn Peakes Gormenghast-Trilogie
Musik von Irmin Schmidt
Aufnahmen, Mischung und Programmierung
von Jono Podmore
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Inhaltsangabe
Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)
Uraufführung im Opernhaus Wuppertal
am 15. November 1998
Auftragskomposition der Wuppertaler Bühnen mit großzügiger Unterstützung
der "Freunde der Wuppertaler Bühnen und des Sinfonieorchesters Wuppertal e.V."
Von Gerhard Menzel
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Fotos von Rudolf Finkes
Eine neuartiges Genre !?
Vom Rock bis zur Klassik,
aber kein 'Classic-Rock'!
Foto 1:
Die Gräfin, Lady Gertrude (Danielle Grima) sucht nach ihrer schweren Geburt Ruhe in der Einsamkeit.
Was das Publikum in dieser Uraufführung zu Hören und zu Sehen bekam, ist ein phantastisches "Gebräu" aus Rock, Musikdrama und Musical. Irmin Schmidt (ausgebildeter Dirigent und Komponist, der 1968 die Rockband CAN gründete und mit dieser 10 Jahre lang weltweit erfolgreich arbeitete) destilierte aus dem gesamten, heute zur Verfügung stehenden musikalischen Vokabular der Musik ein Konglomerat aus elektronisch erzeugten Klängen, vermischt mit bearbeiteter live-Musik, das, alles zusammen abgemischt auf ein Band, als hauptsächliche Klangquelle des Stückes dient. Live zur Aufführung gesellen sich dann noch ein Streichquartett, ein Schlagzeuger und die Sänger, die zwar ebenfalls elektronisch verstärkt, aber nicht verfremdet werden. Hier muss den Technikern ein grosses Lob ausgesprochen werden, denn die Klangbalace war ausgezeichnet. Überhaupt blieb ein befürchteter ohrenbetäubender Klangpegel - wie man ihn leider oft in Musicals erleben muss - glücklicherweise aus!
Der Klang seiner Musik - der man auch die Erfahrung einer grossen Anzahl von Filmmusiken anhört - wird domniert von einem ständig, wenn auch manchmal nur im Untergrund "grummelnden" Groove, der von dem Drum'n'Bass-Avantgardist Jono Podmore - der den Rockfans vor allem unter dem Namen KUMO bekannt sein dürfte - bis ins kleinste Detail durchstrukturiert und abgemischt wurde.
Foto 2:
Der perverse Chefkoch Swelter quält Steerpike, einen seiner Küchenjungen.
Im Prinzip ist Gormenghast eine Nummernoper in drei Akten, mit Zwischenspielen und durchkomponierten Text.
Der Text von Duncan Fallowell ist eine bunte Mischung aus poetischer Prosa und gereimten Versen mit oft pseudophilosophischen oder gar derben bis ekelerregenden Texten. Da das Libretto allerdings auf englisch verfasst ist, klingen diese oft erschreckend schön.
Trotzdem zieht sich der Abend gegen Ende doch merklich dahin, da die Musik zwar abwechslungsreich aber substanziell nicht so reichhalteig ist bzw. erscheint, wie z.B. bei dem von Irmin Schmidt so verehrten Richard Wagner.
Foto 3:
Das Ende ist nah!
Die Inszenierung bemühte sich, das Bühnenbild so neutral wie möglich zu halten. So entstand eine Stahlkonstruktion, die an die Bühnenaufbauten bei grossen Rockkonzerten erinnert: eine grosse Plattform mit vier riesigen Ecktürmen (quadratische Burg). Diese "schwere" Festung bekam jedoch durch ihre Beweglichkeit in alle Richtungen so eine Leichtigkeit, die ebenfalls fantastisch anmutete. Fantastisch waren vor allem die Kostüme und die zahlreichen szenischen Bühnenbild- und Lichtwechsel die zusammen mit der über weite Strecken gelungenen Personenregie für einen spannenden und unterhaltsamen Abend sorgten.
Hervorragend präsentierte sich das gesamte Ensemble! Da machte sich die intensive Probenarbeit, die Irmin Schmidt über Wochen begleitete und sogar die Partitur - wie in "alten" Zeiten - speziell auf bestimmte Sänger bzw. Sängerinnen umschrieb, bezahlt. So konnte wirklich jeder mit seiner Partie zufrieden sein, wobei die Vokalparts ohnehin äusserst kantabel und sehr sängerfreundlich komponiert sind! Simon Rekers koordinierte aus dem Orchestergraben heraus die Bandklänge souverän mit der Livemusik. Das klangliches Ergebnis war - dank der hervorragenden Technik - sehr überzeugend.
FAZIT:
Von allem etwas! Aber: weder für das "traditionelle" Opernpublikum, noch für puristische Musical- oder Rockfans. Dieses Stück ist ausschliesslich was für aufgeschlossene Musiktheaterinteressierte, von denen es allerdings genügend geben sollte.