Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
|
|
Auf der Schwelle eines MordhausesVon Koert Braches / Fotos von Hans van den Bogaard
Zunächst eine Vorbemerkung: Elektra hatte in dieser Inszenierung bereits 1996 an „De Nederlandse Opera“ eine erfolgreiche Premiere erlebt. Die hier besprochene Aufführung war also "nur" eine Wiederaufnahme, ein großer Unterschied war trotzdem vorhanden: die eigentliche Sängerin der Titelrolle, Eva-Maria Bundschuh, musste laut Mitteilung des Sprechers der „Nederlandse Opera “ auf ausdrückliche ärztliche Anweisung hin ihren Auftritt absagen. So schade dies war, die "Ersatzsängerin" Sophia Larson zeigte, dass sie im Stande war, die Rolle innerhalb von nur einer Woche zu übernehmen und dabei zu einem beeindruckendem Ergebnis zu gelangen. Ein großes Lob dazu sei hier vorausgeschickt. Eine kurze Inhaltsangabe der Oper finden Sie in unserer Rezension der Aachener Elektra-Produktion Elektra (Sophia Larson) im Mantel des Orest lehrt ihre Mutter Klytämnestra (Anne Gjevang) das Fürchten.
Es ist, als hätte das Blut sich wie eine ewig währende Mahnung im Marmor festgesetzt. Die hochragenden Mauern und die Treppen des an Albert Speer gemahnenden Bühnenbilds, die bei erneutem Hinschauen bloß Teil eines viel größeren Gebäudes zu sein scheinen, haben förmlich das Blut, dass bei der Ermordung von Elektras Vater Agamemnon floss, in ihre Poren aufgesaugt. Hier wurde schon einmal gemordet. Wer folgt? In den Gewändern Agamemnons weilt Elektra hier auf der Schwelle zwischen Außenwelt und dem Haus ihres Vaters. Sie läßt niemand ohne weiteres hinein, versperrt aber auch ihre Mutter und Schwester in gewisser Hinsicht den Weg nach außen. Die Elektra-Darstellerin wird diese Stelle während der ganzen Oper nicht verlassen. Dennoch weiß Sophia Larson bis zur letzten Minute zu überzeugen, es gewinnt ihr Spiel und ihre gesangliche Überzeugungskraft sogar noch an Intensität dazu, wenn sich auch manchmal die stimmlichen Grenzen zeigen. Da sie Orest tot wähnt, zeigt Elektra (Sophia Larson) ihre Schwester Chrysothemis (Inga Nielsen) das Beil, dass eine von beiden nun notgedrungen selber schwingen muss.Ihre Gegenspielerin Anne Gjevang (in der sehr pompös gestalteten Rolle der Klytämnestra) überzeugt schauspielerisch mehr als sängerisch, da ihre Stimme manchmal zu sehr unnötig im Brustregister zu weilen scheint. Chrysothemis, Klytämnestras zweite Tochter, ist bei Inga Nielsen stimmlich gut aufgehoben. Frau Nielsen zeigt mit ihrer Stimme eine Art von beinahe naiver Subtilität, die dem Charakter der sich nach einem gewöhnlichen Leben mit Mann und Kindern sehnenden Schwester Elektras genau passt. Wie eine verirrte Marilin Monroe geht sie daher, wobei nur das von ihr mitgeführte Handtäschen manchmal albern wirkt, da es durchgängig weit geöffnet ist und nutzlos an ihrem Arm baumelt. Die Kostüme sind streng nach Hauptrollen (weiß) und Nebenrollen (schwarz) unterschieden, was nur bei den rot (!) abgesetzten Rändern des uniformähnlichen Mantels des ermordeten Agamemnon farblich durchbrochen wird. Dieses Konzept, kombiniert mit dem marmorähnlichen „Gestein“ der Treppenflucht, ruft Reminiszenzen an eine südamerikanische Diktatur hervor. Triefend vor Blut erscheint Orest (Frode Olsen) nach der Greueltat an Klytämnestra (Anne Gjevang). Elektra (Sophia Larson) freut sich weniger über das Wiedersehen mit ihrem Bruder als über die neugewonnene Freiheit.
Zwar stehen die Nebenrollen ganz bildlich eher im Hintergrund, aber stimmlich können sowohl die vielen weiblichen wie die beiden männlichen Bediensteten Klytämnestras mit Qualität aufwarten. Franz Mazura, der in früheren Jahren in Bayreuth viel Erfolg hatte, schien nicht ganz auf der Höhe zu sein, was seine Rolle als Pfleger des Orest zur eigentlich schwächsten Partie dieser Aufführung machte. Der lang erwartete Auftritt Orests wurde durch die Bühnenbeleuchtung zu einem spannenden Spiel mit Schatten und Licht, was dem Überraschungscharakter der Szene sehr verstärkte. Der Bassist Frode Olsen wusste trotz des späten Auftritts die Bühne mit seiner kräftigen, leidenschaftlich- dramatischen Stimme zu beherrschen, was dem Tenor Hubert Delamboye in der weniger dankbaren Rolle des Ägisth leider nicht gelang. Während Orest sich im Hintergrund versteckt hält und die Rückkehr Aegisths abwartet, erscheinen die Vertrauten Klytämnestras mit Chrysothemis und treffen auf Elektra, die ihnen den Weg ins Haus nicht freimacht.
Aus dem Orchestergraben klang eine Musik, die der Vorstellung Richard Strauss in Hinsicht auf Subtilität sicherlich gerecht wurde. Das vielköpfige Orchester klang zugleich sanft und kräftig und schien manchmal Teil eines nahezu filmischen Gesamtkunstwerks zu werden, das Strauss vielleicht vorgeschwebt hat.
|
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Choreinstudierung
Nederlands Philharmonisch Solisten
Klytämnestra
Elektra
Chrysothemis
Ägisth
Orest
Der
Pfleger des Orest
Die
Vertraute Klytämnestras
Die
Schleppträgerin Klytämnestras
Ein
junger Diener
Ein
alter Diener
Die
Aufseherin
Fünf
Mägde
Sechs Dienerinnen
|
- Fine -