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Die verkaufte Braut

Komische Oper in zwei Akten
Musik von Bedrich Smetana
Dichtung von Karel Sabina
Deutsch von Carl Riha und Winfried Höntsch
Texteinrichtung von Roman Hovenbitzer
Deutsche Erstaufführung der originalen Dialogfassung

Premiere am 27. Mai 2000


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Theater Dortmund
(Homepage)

Die Freiheit zu kaufen

Von Meike Nordmeyer / Fotos von Andrea Kremper



Regisseur Roman Hovenbitzer lässt die Verkaufte Braut in der Gaststätte eines ehemals dem Sozialismus angehörigen Dorfes spielen. Es ist kurz nach der Wende, der große rote Stern, der jahrelang in der Gaststätte von der Decke hing, wird gerade mit Jubel abgehängt. Die Aufsehmänner des vergangenen Regimes wieseln in ihren grauen Anzügen noch herum, werden aber von den Dorfbewohnern verulkt.
Die Gaststätte, die den Eltern von Marie gehört, sieht noch so aus, wie Gastätten eben zu Zeiten des Sozialismus aussahen. Doch das wird sich nun ändern, denn schon rücken westliche Investoren an und nehmen die Räume in Augenschein. Arbeiter mit Helmen erscheinen, legen Maß an und beginnen mit Umbauarbeiten. Die Truppe der Arbeiter wird resolut angeleitet von einer Frau im Business-Kostümchen, eine Karriere-Frau eben, wie es die im Dorf offensichtlich nicht gab.

Nur kurz wehren sich die Besitzer der Gaststätte, die Eltern von Marie, gegen die Neuerungen, mit Geld können sie dann doch schnell ruhig gestellt werden und sind mit allem einverstanden. Nun wollen sie nur noch ihre Tochter lohnend an den Mann bringen.


Foto: Dortmund: Vekaufte Braut Richtig fröhlich geht´s im Kaufhaus zu,
nur Marie findet das alles gar nicht lustig.

Rasch wird die Gaststätte nun zu einem komplett pink ausgestatteten Kaufhaus umgebaut. Anklänge an die poppige Ästhetik von Barbie-Spielzeug ergeben sich unmittelbar allein durch diese Farbe und den quietschgrünen schematischen Rasen-Hügel-Hintergrund. In seiner hemmungslosen Übertreibung ist das Bühnenbild herrlich gelungen. Schnell greift der Konsumrausch um sich, deutlich wird dies auch an der pinken Farbe, die sich zunehmend an den Leuten findet. Rosarot sind auch die Geldscheine, die schließlich vom Himmel regnen und nach denen die Leute sich begierig dehnen. Aus dem Rot des Sozialismus wird nun eben das Rosarot, allerdings ist auch dies alles andere als eine heile Welt: Die neue Ideologie des Kaufens hält ungeniert Einzug. Hovenbitzer bietet damit ein deutliches, originelles wie kritisches Regiekonzept, das mit der Story der Oper gut aufgeht. Denn dass hier die Braut verkauft wird, dass um sie getrickst und geschachert wird, fügt sich nur allzu gut in das allgemeine geschäftige Treiben ein - gekauft und verkauft wird eben alles.
Auch anderes fügt sich gut ein: der Bär beispielsweise, in dessen Verkleidung Wenzel später stecken wird, ist schon frühzeitig auf der Bühne, er turnt als Werbefigur des Kaufhauses durch den Trubel. Der Circus-Auftritt wird in der bunten Welt des Kaufhauses von dem erschöpft zusammensinkenden Wenzel wirr geträumt. Auch die Braut wird schließlich im Kaufhaus ausgestattet, alles kann man sich jetzt eben kaufen, auch die üppige Braut-Ausstattung.

Foto: Dortmund: Vekaufte Braut Hans und Kezal (Andreas Becker)
reden auf Marie ein.

Die List von Hans hat natürlich, wie es sich gehört, noch keiner durchschaut. Doch wenn die Aufklärung schließlich ansteht, gibt es nicht wie sonst dargestellt, die Erleichterung, dass der brave Knabe nur seiner Marie wegen getrickst hat. Hier zeigt sich, dass Hans die List zwar eingefädelt hat, um Marie zu bekommen, aber er nutzt das Spiel auch, um Geld rauszuschlagen. Allzu unverholen freut er sich schließlich über das gewonnene Geld, er sitzt Scheine zählend vor der Kasse und vernachlässigt seine junge Braut darüber. Die hat er ja längst schon im Sack, so meint er. Doch die hat es satt, sie versteht den Satz "Michas Sohn zu heiraten" dann doch als offenes Angebot und wendet sich mit Wenzel dem einzigen zu, der gerade nicht die Dollarzeichen in den Augen stehen hat und der noch echter zarter Empfindung fähig ist.

Ein gutes Konzept präsentiert die Regie, das gerade gegen Ende eine schlüssige neue Wendung bringt. Die Erzählweise wird genau aus dem Text entwickelt, der in frischer moderner Übersetzung vom Regiesseur selbst eingerichtet wurde. Schon zu Beginn fällt da beispielsweise Maries Bemerkung "Hans, du bist mir manchmal so fremd" auf, denn schon an dieser Stelle zeigt sich der gar nicht so traute Umgang des Paares miteinander. So wird Hans ja auch im Folgenden seine Marie nicht in seine Pläne einweihen.

Die Dortmunder Auführung rühmt sich erstmals in Deutschland die originale Dialogfassung der Oper zu bieten. Leider werden aber die Dialoge nicht ganz überzeugend gesprochen und klingen doch etwas zu sehr bemüht aufgesagt. Die Schauspielerei der Sängerdarsteller, die freilich stets engagiert beteiligt sind, erweist sich zudem als etwas lärmig und albern, leider. Das ist etwas anstrengend. Hier hätte die Regie wohl besser anweisen müssen. So zeigt sich im Verlaufe des Spiels, dass das anspruchsvolle Regiekonzept nicht entsprechend anspruchsvoll umgesetzt werden konnte.
Vor allem die Cirkusszene mit dem Zirkusdirektor und Esmerelda ist zu plump und lärmig und zudem latent sexisistisch geraten. Ohnedies bedient sich die Darstellung der Frauenfiguren insgesamt ganz ungebrochen der gängigen Klisches.

Foto: Dortmund: Vekaufte Braut Norbert Schmittbert als Hans
und Jill-Maria Marsden als Marie.

Das Sängerteam stellt zufrieden. Andreas Becker als Kezal könnte allerdings den auskomponierten Witz seiner Partie etwas profilierter bringen, er verschenkt da zuviel. Norbert Schmittberg singt den Hans stimmschön und geschmeidig, auch Jill-Maria Marsden wird der Partie der Marie gerecht, ihre große Arie bleibt allerdings etwas blass. Jeff Martin als Wenzel überzeugt ebenso, auch darstellerisch. Das Orchester unter der Leitung von Alexander Rumpf begleitet stimmig und temperamentvoll.


FAZIT

Ein Abend, der sich aufgrund des originellen Regiekonzeptes und solider musikalischer Ausführung durchaus lohnt. Abstriche sind allerdings bei der schauspielerischen Ausgestaltung des Konzeptes zu machen, die ist nicht immer recht gelungen.




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Produktionsteam

Regie
Roman Hovenbitzer

Musikalische Leitung
Alexander Rumpf

Bühnenbild
Bettina Munzer

Kostüme
Henrike Bromber

Chor
Granville Walker

Choreographie
(Vorführung der Komödianten)
Carlos Matos, Amy Share



Das Philharmonische
Orchester Dortmund
Chor des Theater Dortmund


Solisten

Marie
Jill-Maria Marsden

Kruschina
Thomas de Vries

Kathinka
Elisabeth Lachmann

Hans
Norbert Schmittbert

Wenzel
Jeff Martin

Micha
Thomas Mehnert

Agnes
Susan Benkin

Kezal
Andreas Becker

Esmeralda
jillian Anderton

Zirkusdirektor
Klaus Feyerabend

Indianer
Thomas Günzler




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