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Zauberflöte 2.2
Musiktheatralische Fragmente
nach Johann Wolfgang von Goethe
Der Zauberflöte Zweiter Teil
von Susanne Stelzenbach
und Ralf Hoyer
Uraufführung in Zusammenarbeit
mit dem Hebbel-Theater, Berlin

Premiere der Theater Krefeld Mönchengladbach
Krefeld, Fabrik Heeder am 27. August 1999

Vorstellungsdauer: ca. 1 Std. 15 Min., keine Pause


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Theater Krefeld
(Homepage)

Geburtstagsfeier mit Goethes Zauberflöte

Von Meike Nordmeyer / Fotos von Matthias Stutte



Wieder einmal beweisen die Bühnen Krefeld/Mönchengladbach ihr großes Engagement für zeitgenössische Werke, denn in dieser Spielzeit stehen zwei Uraufführungen auf dem Programm. Mit der ersten Uraufführung wurde nun die Spielzeit 1999/2000 in Krefeld eröffnet. Zur Feier des Geburtstages von Goethe hatte man sich wahrlich etwas ganz besonderes einfallen lassen: Realisiert wurde gemeinsam mit dem Hebbel-Theater Berlin die Vertonung eines recht unbekannten Fragmentes von Goethe. Aus Begeisterung über Mozarts Zauberflöte schrieb Goethe 1795 einen zweiten Teil dieser Oper. Er suchte für seine Idee seinerzeit jedoch vergeblich nach einem Komponisten, und so blieben die Ausführungen unvollendet. Zu seinem 250. Geburtstag fand Goethes Plan nun in Krefeld seine musikalische Umsetzung: Susanne Stelzenbach und Ralf Hoyer komponierten für Sänger und Schauspieler und ein Kammerensemble Der Zauberflöte Zweiter Teil.

Goethe war ein großer Verehrer der Zauberflöte, er inszenierte die Oper selbst als Intendant des Weimarer Theaters. Das ihm allerhöchst mögliche Lob des Werkes hat er mit der Bemerkung ausgesprochen, diese Musik halte er als hervorragend dafür geeignet, seinen Faust zu untermalen. Der Entwurf der Fortsetzung weist motivisch auch eindeutig Verwandtschaft mit dem Faust II auf.

Folgendes spielt sich in Goethes Zauberflöte ab: Die freilich immer noch aufgebrachte Königin der Nacht will mit Hilfe Monostatos den Sohn von Pamina und Tamino namens Genius entführen lassen. Sarasto weiß die Tat zu verhindern, doch hat Monostatos das Kind in einen Sarg einschließen können. Der Sarg darf nicht geöffnet werden, muß aber immer bewegt werden, sonst stirbt das Kind. Die Eltern verfallen darüber in einen lähmenden Wahn. Sarasto muß auf Wanderschaft gehen, er kann die Freunde daher nicht mehr vor dem Bösen schützen. Er trifft auf Papageno und Papagena, die kinderlos geblieben sind. Sarasto zaubert ihnen drei Kinder aus Straußeneiern. Schließlich befreit sich das eingeschlossene Kind Genius selbst aus seinem Sarg, doch niemand kann sich ihm nahen, es entschwebt. An dieser Stelle endet das Fragment.

Bei diesen Szenen drängt sich in der Tat ein Vergleich zum Faust, zu der dort entwickelten Figur des ebenfalls entfleuchenden Homunculus auf. Bei einer Übertragung des Stoffes auf heutige Zeit läßt sich ein Bezug zur Gentechnik herstellen, auch die Straußeneier können in diesem Zusammenhang gelesen werden. Die Krefelder Produktion wollte diese Aktualisierung vollziehen, so die Ankündigung im Programmheft.

Foto: Zauberflöte 2.2 Janina Sachau als Papagena (links) und Kai Hufnagel als Papageno.

Das Krefelder Stück wird eröffnet von einem Vorspiel, das im Stil von Ligetis Aventures gearbeitet ist. Da gibt es zusammengedrängte Laute des Affektes, Kommentare, Sorgen und Fragen zu hören, unterlegt von einem erzählerischen Klangbild der Percussion. Ein wirksamer Einstieg, der vor allem dadurch erzielt werden konnte, daß die Darsteller absolut konzentriert und präzise diese Musikform entwickeln. Insgesamt hält sich die Musik im Verlaufe des Stückes aber eher zurück, neben reichlich Percussion entfalten die Instrumente solistisch eine expressive Klangsprache, die sehr fein gearbeitet ist und genau umgesetzt wird von den Musikern. Eingelassen sind in diese Tonsprache die dumpfen Klangfelder, die von den durchsichtigen tönenden Röhren ausgehen, gleichsam überdimensionale, unheimlich grummelnde Reagenzgläser, die Ralf Hoyer auf der Bühne einrichtete. Die Übergänge sind eindrucksvoll gearbeitet, die Installationen übernehmen auch im Bühnenbild ihre Funktion und sind gut szenisch eingebunden.

Der Text, mit dem der Goethische Entwurf aufgefüllt wurde, erwies sich als außerordentlich humorvoll, er wurde ergänzt um schnell gesprochene Wort-Reflexionen nach Art von Ernst Jandl, vor allem Sarasto überdenkt so das Gut-Sein in höchst amüsanter Weise. Den Höhepunkt seiner trockenen humorvollen Art, die wirklich Freude bereitete, bildete sein Kommentar zum Zeitalter der Gentechnik: "Wie sonst das Zeugen Mode war, erklärten wir für eitle Possen." Jetzt wird ein höherer Ursprung der Nachkommen gesucht, so konstatiert er lakonisch.

Angereichert ist das Klangfeld der Affektensprache nach Ligetis Art noch durch einige andere Elemente, der Brecht-Weillsche Tonfall kommt mitunter auf, daneben gibt es auch spielerischen Rap zu hören. Ein flinker Papageno-Papagena-Rap, der höchst originell und witzig ist, erfreut besonders das Publikum. Und schließlich bleibt auch noch Raum für fast lyrisch anmutende, eher kurze Gesangs-Phrasen. Versammelt ist in diesem Stück also allerhand Verschiedenes, aber dennoch fällt es nicht in ein wahlloses Konglomerat auseinander. Die Qualität des Werkes zeigt sich hier, es fügt sich zusammen zu einem dichten Stimmungsgewebe, das die Zuschauer gebannt verfolgen.

Foto: Zauberflöte 2.2

Michaela Mehring als Pamina, Frank Albrecht als Sarastro, Frank Valentin als Tamino und John T. Gates als Monostatos.

Es ist an dieser Stelle aber unbedingt die große Leistung der Darsteller herauszuheben, durch deren anspruchsvolles und auch sehr humorvolles Spiel diese hohe Spannung überhaupt erst erreicht werden konnte. Die schwierigen Gesangspartien werden von ihnen dazu bravourös gemeistert, vor allem die Königin der Nacht (Kirstin Hasselmann) hat wieder Halsbrecherisches zu erbringen - Hochachtung also vor dem Ensemble aus Sängern und Schauspielern! Die Regie arbeitet mit den Personen einfach aber sehr konzentriert, es finden sich durchaus Anklänge an die Körpersprache des Tanztheaters. Dichte Beziehungsbilder der Personen, Aufstellungsfolgen im Raum werden entwickelt, durchaus nach der Strenge eines Oskar Schlemmers.

Ach, da war doch noch was, ja der Bezug zur Gentechnik, der findet sich durchaus im Text und in den Bildern auf der Bühne, er bleibt aber doch sehr zurückhaltend. Im Vordergrund steht vielmehr das dichte Knäuel der Gefühle, der Zweifel und der Ängste, die nach Ausdruck drängen. Eine übergeordnete Aussage allerdings fehlt letztlich, aber vielleicht ist das ja postmodern oder zeigt sich hier womöglich auch ein Mangel des unvollendet gebliebenen Textes von Goethe? Diese Frage sei mal dahingestellt.

Anschließend an diese gelungene Uraufführung verriet Intendant Jens Pesel dann den Grund für die ungewöhnlich späte Anfangszeit des Termins: Da sich die Premiere aus langfristigen organisatorischen Gründen nicht auf den Geburtstag selbst hat legen lassen, habe man schließlich die Idee entwickelt in das Ereignis hineinzufeiern. Die Freunde der Bühnen stifteten zu diesem Zweck reichlich Sekt, und so ließ sich "schluckzessive" (so Pesel wörtlich) in den Geburtstag des großen Dichters reinfeiern. Sogar eine reich verzierte Champagnertorte gab es, von der Bäckerei-Innung gestiftet. Die Party kam gut an, es wurde ausgelassen gefeiert, und ein jeder konnte sich gepflegt ein gutes Tröpfchen Sekt zu Ehren des Geheimrates hinter den Zwischenkieferknochen gießen.


FAZIT
Eine höchst anregende, engagierte Uraufführung wurde in Krefeld geboten, die außerordentlich spannend werden konnte durch die durchweg ausdrucksstarke Darstellung des Ensembles.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Susanne Stelzenbach

Inszenierung
Thomas Krupa

Licht
Andreas Jander

Kostüme
Yvonne Lötz

Klanginstallation
Ralf Hoyer

Video
Myriam Hoyer



ART Ensemble NRW
Bernd Bolsinger, Klarinette
Scott Roller, Violoncello
Andreas Roth, Posaune
Olaf Normann, Schlagzeug




Solisten

Königin der Nacht
Kirstin Hasselmann

Pamina
Michaela Mehring

Tamino
Frank Valentin

Monostatos
John T. Gates

Papagena
Janina Sachau

Papageno
Kai Hufnagel

Sarastro
Frank Albrecht






Weitere Informationen
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(Homepage)






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