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Purcellissimo

Purcell-Pieces
Ballett von Nils Christe
Musik von Henry Purcell

Dido and Aeneas
Oper in drei Akten
Musik von Henry Purcell
Libretto von Nahum Tate

Aufführungsdauer: 2 Stunden

Premiere am Theater Dortmund am 9.6.2001



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Theater Dortmund
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Purcellissimo - mehr als der Titel erwarten lässt


Von Monika Jaeger / Fotos von Andrea Kremper


Mit einer Gemeinschaftsproduktion von Oper und Ballett feierte das Musiktheater Dortmund die letzte Premiere dieser Spielzeit. John Dew, der an diesem Abend als Intendant in Dortmund verabschiedet wurde, bezeichnete es als sein persönliches Anliegen, auf diese Weise die Verbindung beider Gattungen auch in Dortmund realisiert zu sehen. Zum Glück verbirgt sich hinter "Purcellissimo" mehr als der einfallslose Titel vermuten lässt: An die barocke Tradition der englischen "Masques" erinnernd, wird Henry Purcells Oper "Dido and Aeneas" ein Ballett zu Tänzen desselben Komponisten vorangestellt. Eine vielversprechende Idee, die jedoch nicht wirklich zu einem verbindenden Konzept ausgearbeitet wurde, vielmehr werden beide Formen unabhängig nebeneinander gestellt.


Szenenfoto

Während die Operninszenierung bewusst nach aktuellen Deutungsvarianten des Stoffes sucht, bleiben die "Purcell-Pieces" in der Choreographie von Nils Christe allzu glatt im Konventionellen verhaftet. Zwar ist die tänzerische Ausgestaltung musikalischer Details bei angenehm schlichten Kostümen beeindruckend, jedoch ist die Auswahl und Interpretation der Tänze, die aus verschiedenen Schauspielmusiken sowie "Dido and Aeneas" stammen, vor allem auf Harmonie und Anmut bedacht. In ihrer faszinierenden Leichtigkeit lässt sie wenig von der Zerrissenheit zwischen Liebe und Schmerz ahnen, die sich in der Figur der "Dido" personifiziert. So hinterließen die "Purcell-Pieces" bei der Premiere eher den Eindruck eines Prä-Ludiums vor dem Hauptwerk "Dido and Aeneas". In expressiver musikalischer und emotionaler Dichte nimmt in dieser einzigen Oper Purcells die Tragik von Liebe, Treueversprechen und Verdammnis ihren Lauf. So weit, so klar und auch immer wieder ergreifend. Doch die Dortmunder Inszenierung lässt es dabei nicht bewenden. Sie unterstellt Purcell, nur die halbe Wahrheit zu zeigen und bemüht sich in einer modernen Interpretation um einen erweiterten Fokus um die Person "Dido": Der Protagonistin werden auf Nebenbühnen zwei weitere "Didos" zur Seite gestellt. Damit wird die Situation für einen alternativen Handlungsverlauf geöffnet, immer jedoch ist das Ende die Seelenpein, ob Verrat, ob Vergewaltigung, ob Einsamkeit.


Szenenfoto

So wird "Dido" zum Sinnbild der verlassenen, betrogenen und ihrer Würde beraubten Geliebten. Doch das ist nicht alles: Dido ist selbst schuld, denn sie ist grenzenlos naiv, so dass sie sich sogar von ihrer eigenen Freundin hintergehen lässt und sich beim Chatten ihren Peiniger selbst einlädt. Doch bis "Dido" ihre Fehler bemerkt, ist es stets zu spät und sie kann sich nur noch in ihr Schicksal fügen. Dennoch verdient diese "Dido" dasselbe Mitleid wie die Purcells, denn sie ist in dem Sinne gutgläubig, als dass sie zutiefst an das moralisch Gute glaubt und daher Besseres verdient hätte. Doch da ihr der Blick für die Realitäten fehlt, bleibt ihr am Ende nur der Suizid bzw. die blinde Hoffnung auf eine neue Liebe. Nur der Zuschauer weiß zu diesem Zeitpunkt schon, dass der neue Geliebte bereits eine "Dido" auf dem Gewissen hat.

Auch auf den Hofstaat kann sie sich nicht unbedingt verlassen. Jene, die "Didos" Tod am Ende aufrichtig beweinen, sind immerhin auch die Voyeure des Geschehens, mancher spannt, mancher weidet sich gaffend an ihrem Los und mancher hat womöglich auch seine intrigante Hand mit im Spiel.


Szenenfoto

Von Blindheit und Passivität geschlagen, läuft Dido geradewegs selber in ihr Unglück und nicht einmal Freundin "Belinda" bringt Zerstreuung genug auf, sie aus ihrer depressiven Passivität zu reißen. So kommt es, wie es kommen muss. "Dido" macht sich selbst zum Opfer, doch ihre Seele bleibt unbescholten, darin ist sich Regisseur Philipp Kochheim mit Purcell einig. Diesen Zustand innerlicher Zerrissenheit verkörpert Gundula Schneider als Sängerin der "Dido" (Dido II und III agieren stumm) ergreifend, ebenso wie ihr agiler Gegenpart Rachel Robbins als "Belinda". Gesanglich und schauspielerisch überzeugend agieren auch Sven Ehrke als "Aeneas" und die "Zauberin" Johanna Schoppa.

Während gesanglich kein barockes Klangideal verfolgt wird, spielen die Musiker des Dortmunder "Orpheus-Ensemble" ausschließlich auf alten oder nach barocken Originalen nachgebauten Instrumenten. Damit bilden sie ein authentisches musikalisches Fundament, zumal das Orchester unter Leitung des Chordirektors Granville Walker das Bühnengeschehen beeindruckend flexibel begleitet.


Szenenfoto

Musiktheater und Ballett verbindend, werden die stummen Rollen von "Dido" und "Aeneas" von Mitgliedern des Ballettensembles, Birgit Scheefe, Adriana Naldoni, Justo Moret Ruiz, Jeff Martin, ausdrucksstark dargestellt.

Unter Kochheims Regie entsteht eine erhellende und kurzweilige Interpretation von "Dido and Aeneas", ohne jedoch bei aller Aktualität auf Tiefe oder Aussage des mythologischen Stoffes zu verzichten - ein Glanzpunkt zum Ende der Spielzeit!


FAZIT
Fazit: Eine denkwürdige Inszenierung, die die Akteure der Oper in ein neues Licht stellt, mit einem netten Ballett-Prolog.


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Produktionsteam

Choreographie
Nils Christe

Ausstattung
Keso Dekker

Musikalische Leitung
Granville Walker

Regie
Philipp Kochheim

Bühnenbild
Thomas Gruber

Kostüme
Bernd Hülfenhaus


Ballettensemble Dortmund
Das Philharmonische
Orchester Dortmund


Solisten

Dido
Gundula Schneider

Aeneas
Sven Ehrke

Belinda
Rachel Robbins

Belinda II
Christina Gahlen

Zauberin
Johanna Schoppa

1. Hexe
Vera Fischer

2. Hexe
Karin Robben

Geist
Diane Blais

Ballettsolisten
Birgit Scheefe
Adriana Naldoni
Justo Moret Ruiz
Jeff Martin
Anna Dierl
Makiko Takii
Meritxell Aumedes Molinero
Denise Anne Churchward
Wen Hua Chang
Ivica Novakovic
Marko Omerzel






Weitere Informationen
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Theater Dortmund

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