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Musiktheater
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Don Carlos
Grand opéra en cinq actes
Text von Joseph Méry und Camille du Locle
nach Friedrich Schiller

In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 30' (zwei Pausen)

Premiere im Theater der Stadt Duisburg am 13. Oktober 2000

Logo: Deutsche Oper am Rhein

Deutsche Oper am Rhein
(Homepage)



Verdi und Schiller von Bodygards ausgesperrt

Von Gerhard Menzel / Fotos von Eduard Straub



Schon beim Betreten des Theaters fallen sie auf: graue Anzüge, modernste Technik am Kopf (Hörer und Mikrofon), typische Sicherheitsbeamte. Auch auf der Bühne beherrschen sie von Anfang an die Szene, beobachten, schirmen ab und entfernen unliebsame Personen, auch aus dem Zuschauerraum (natürlich Statisten; also keine Angst!).


Szenenfoto Foto 1:
Don Carlos (Sergej Khomov) und Élisabeth de Valois (Valérie Millot) finden am Feuer zueinander.

Christoph Loy, der an der Deutschen Oper am Rhein zuvor mit seinen Inszenierungen von Manon, La finta giardiniera und Lucia di Lammermoor für Furore sorgte, versucht in seiner Inszenierung von Anfang an, den gut organisierten Mechanismus eines Machtapparates so haut- und zeitnah wie möglich zu demonstrieren. So weit es allein um die Macht und die davon betroffenen Menschen geht, funktioniert sein Konzept wirklich gut.

Leider haben Verdi und Schiller im Don Carlos eine zeitlich ganz spezifische Epoche gewählt, in der der Konflikt zwischen weltlicher und kirchlicher Macht eine ungemein brisante Angelegenheit war und eine "eigene Meinung" über Leben und Tod entscheiden konnte. Diese Konstellation ist heute nun einmal nicht mehr gegeben, so dass die zentrale Szene zwischen Philipp (weltliche Mach) und dem Großinquisitor (Kirche) sinnentleert und spannungslos dahinvegetierte.


Szenenfoto Foto 2:
Das Glück ihrer Liebe währt nur kurz. Im Angesicht des unsäglichen Leids des Volkes entscheidet sich Élisabeth für den Frieden und den Vater.

Dabei fing alles ganz spannend an: die dieser Produktion zu Grunde liegende Don Carlos-Fassung für Modena von 1886 stellt im ersten, dem Fontainebleau-Akt, das zunächst füreinander bestimmte Paar Don Carlos und Élisabeth ins Zentrum der Handlung. Dass Élisabeth schließlich doch den Vater statt des Sohnes heiratet, ist nur auf deren Mitleid dem geschundenen Volk gegenüber zurückzuführen.


Szenenfoto Foto 3:
Élisabeth de Valois (Valérie Millot) sucht verzweifelt halt an ihrer Vertrauten, der Comtesse d'Aremberg (Sonja Behrendt)

Herbert Murauer (der auch die "zeitgemäßen" Kostüme entwarf) gliedert dafür den Spielraum in eine "aktive" Vorderbühne, auf der sich die ganze Handlung abspielt, und eine hintere "kommentierende" Hinterbühne, die sich immer wieder - ähnlich einem Zauberkasten, in dem, hebt man den Deckel ab, jedes Mal etwas anderes zum Vorschein kommt - öffnet, und z. B. "dekorative" Chorszenen ermöglicht. Die Vorderbühne ist dabei zum Teil über den Orchestergraben gebaut, was einen direkten Kontakt zum Publikum schafft und akustisch für die Protagonisten äußerst vorteilhaft ist.

Ansonsten dominiert im ersten Teil (bis zum Ende des ersten Bildes des dritten Aktes) eine schwarze, leere Bühne, die geschickt mit wenigen Requisiten auskommt und vor allem von der Lichtgestaltung Volker Weinharts dominiert wird.


Szenenfoto Foto 4:
Fast hätte er es getan. Rodrigue, Marquis de Posa (Boris Statsenko) im "Nahkampf" mit Princesse Eboli (Jeanne Piland)

Mit dem Autodafé kippt dann die Inszenierung. Das große Finale dieses dritten Aktes, das sich unmittelbar an die "Erkennungsszene" zwischen Don Carlos, Eboli und Posa anschließt, findet erst nach einer langwierigen Umbaupause statt. So "eindrucksvoll" und akustisch vorteilhaft der Bühnenaufbau des Autodafés auch sein mag, zerstört diese Lösung jedoch jeglichen Zusammenhang der beiden Szenen. Damit noch nicht genug, findet die Szene des Philipp, sein Zwiegespräch mit dem Großinquisitor und die Auseinandersetzungen mit Élisabeth und Eboli auch in dieser Szenerie statt, um dann den vierten Akt ebenfalls zwischen dem ersten und zweiten Bild noch einmal mit einer ausgiebigen Umbaupause zu unterbrechen. Es wirkt so, als habe man vermeiden wollen, das Publikum nach dem nur ca. 20 Minuten dauernden Autodafé schon wieder in die Pause zu schicken.

Die restlichen beiden Bilder erreichen weder die Spannung noch die Qualität der ausgeprägten Personenführung des ersten Teiles. Die musiktheatralische Einheit ist dahin und überlässt in erster Linie der Musik das Finale.


Szenenfoto Foto 5:
Princesse Eboli (Jeanne Piland) offenbart Élisabeth de Valois (Valérie Millot) ihr Komplott

Was man zu hören bekam war allerdings auch in der Tat bemerkenswert. John Fiore am Pult der Duisburger Philharmoniker ließ Verdis Musik von den ersten Tönen an in allen Farben leuchten und forderte den Philharmonikern die letzten Reserven ab. Dass dabei nicht alle Töne "rein" waren, konnte man ob der ungeheuren Dramatik und Intensität leicht verschmerzen. Aber nicht nur die ungeheuren Klangballungen, zu denen der fabelhafte und von Gerhard Michalski vorzüglich einstudierte Chor der Deutschen Oper am Rhein einen großen Beitrag leistete, sondern auch die leisen und lyrischen Passagen wurden immer schön ausmusiziert und in großen Bögen gestaltet. Hervorgehoben ist auch die perfekte Abstimmung mit der von Franz Klee geleiteten Bühnenmusik.


Szenenfoto Foto 6:
Princesse Eboli (Jeanne Piland) in ihrer emotionsgeladenen Abschiedsszene

Auch die Sängerbesetzung ließ keine Wünsche offen. Neben dem französischen Gast Valerie Millot als Élisabeth glänzte Sergej Khomov als Don Carlos. Zu den musikalisch stärksten und eindrucksvollsten Augenblicken gehörten dabei seine Szenen mit dem fabelhaften Boris Statsenko als Posa. Obwohl Gustav Andreassen optisch eher dem Biest aus Die Schöne und das Biest glich, überzeugte er stimmlich durch sein markiges Timbre. Ein unglaublich fulminantes Debüt konnte Jeanne Piland durch ihre - auch darstellerisch - faszinierende Interpretation der Princesse Eboli feiern. In den - ebenfalls rollendeckend besetzten - kleineren Partien gefielen vor allem Anke Krabbe als Thibault und Sami Luttinen als Mönch.



FAZIT
Musikalisch hervorragend, szenisch leider nicht ganz schlüssig. Trotzdem sollte man sich diese Musik und diese Besetzung nicht entgehen lassen!


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(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
John Fiore

Inszenierung
Christoph Loy

Bühne und Kostüme
Herbert Murauer

Licht
Volker Weinhart

Choreinstudierung
Gerhard Michalski

Bühnenmusik
Franz Klee


Chor der
Deutschen Oper am Rhein

Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Duisburger Philharmoniker




Solisten

Don Carlos
Sergej Khomov

Élisabeth de Valois
Valérie Millot
Mata Katsuli *

Philipp II.
Gustav Andreassen

La Princesse Eboli
Jeanne Piland

Rodrigue, Marquis de Posa
Boris Statsenko
Tassis Christoyannis *

Le Grand Inquisiteur
Malcolm Smith

Un Moine
Sami Luttinen

Thibault, Page
Anke Krabbe

La Comtesse d'Aremberg
Sonja Behrendt

Le Comte de Lerme
Alexandru Ionitza

Un Héraut royal
Byoung-Ho June

Une Voix d'en haut
Sylvia Hamvasi

Députés flamands
Christophe Duringer
Daniel Fioka
Tobias Hieronimi
Erik Frithjof
Joung-Hwa Kim
William Gleason

Moines
Thomas Boldt
Martin Krämer
Elimar Köster
Thomas Lässig
Hans-Ulrich Ohse
Ortwin Rave

* Alternativbesetzung


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorf / Duisburg

(Homepage)




Da capo al Fine

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