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Lieben und Sterben in Zeiten der Reaktion
Sonst wird sie selten gespielt und nun gelangt die Luisa Miller gleich zweimal in NRW auf den Spielplan (die Premiere in Mönchengladbach folgt am 10. Juni) - das kann wohl nur am Verdi-Jahr liegen. Aber eben gerade dazu sind diese Jubiläen auch gut, dass nicht nur die großen Hits auf den Spielplan gelangen, sondern dem Publikum auch weniger Vetrautes, teils Unbemerktes wieder eröffnet wird. Mit derLuisa Miller hatten Verdi und vor allem Librettist Salvatore Cammarano viel von dem politischen Subtext des Schillerschen Textes abgemildert. Sie konzentrierten sich vielmehr auf den Liebeskonflikt, ergänzten Szenen ländlicher Idylle und setzten gar einen Jagdchor dazu. Dies geschah allerdings was Verdi anging nicht ganz aus eigenem Antrieb, die Zensur saß im Nacken und an das Publikum musste gedacht werden. Gefährliches Gerangel in Miller Haus: Luisa (Elena Mosuc), Rodolfo (Mikhail Dawidoff ) und Graf von Walter (Marcel Rosca). Herausragend gelungen ist hier das Bühnenbild von Dieter Richter. Der Palast des Grafen Walter ist eine große, karge Halle, mehr Fabrikhalle, profitable Produktionstätte, erinnert dabei auch stark an eine Turnhalle, nur im Hintergrund ist schließlich eine festliche Tafel zu sehen. In diesen kalten Herrschafträumen befindet sich auch ein kleiner Kasten, der nach Belieben rein uns raus gefahren werden kann. Eingezwängt in diesen Kasten ist die Welt des Millers und seiner Tochter Luisa. Gänzlich unentrinnbar umschlossen vom Diktat der großen Macht sind diese einfachen Leute. Privates Glück ist niemals unbehelligt möglich, ist immer bedrängt, eingepasst in die große Macht. Der Einzelne ist stets der Willkür der Herrscher unterworfen. Glück kann nur mit viel Glück als braver Bürger halbwegs abgetrotzt werden. Doch was für ein Unglück, sich falsch zu verlieben. Beindruckend an dieser Inszenierung ist die kluge, genau austarierte Handhabung der Bühne während des ganzen Spielverlaufs. Stets geschehen kleine aber entscheidende Veränderungen, die höchst wirkungsvoll und intelligent gemacht sind. Schließlich wird ein geschlachteter Tierleib aufgehängt in der kahlen Halle. Er hängt nicht nur zur Vorbereitung der bevorstehenden Festtafel dort, es ist zugleich die klaffende Wunde überhaupt und bedrängendes Sinnbild für das Opfer, das mit Lust vernichtet wird. Regisseur Hilsdorf bleibt bei seiner Arbeit diesmal vergleichsweise zurückhaltend, zeigt aber wieder einmal höchst konzentrierte Arbeit. Drastische Szenerie kommt nur einmal auf, aber dann ist sie ganz entscheidend: Die Soldaten dringen in Millers Haus ein, um ihn festzunehmen. Sie treiben zugleich die anderen Gefangenen durch die Gassen. Es sind Elende, gewaltsam Zugerichtete, gänzlich Entwürdigte - schonungslos ausgestaltet in Spiel und Maske wird das Leid dieser Häftlinge. Der heitere Jagdchor, der darauf im Verlauf der Oper ansteht, macht deutlich, wer hier gejagt wird, wer das Wild und die Beute ist. Die Darstellung der Hauptfiguren in dieser Inszenierung ist genaustens entwickelt, hohe Leistung erbringen die Sängerdarsteller in allen Rollen. Eindrucksvoll gespielt wurde vor allem Wurm: Almas Svilpa zeigt ihn als höchst verstörter, geifernder Sonderling. Der Regisseur konnte mit seiner dichten Arbeit tatsächlich auf ein hervorragendes Ensemble zurückgreifen. Ein Glücksfall, wenn so ein gutes Team zusammenwirkt und wenn dazu noch so ein großes Hauptpaar die Oper trägt. Mit Elena Mosuc konnte die Partie der Luisa glänzend besetzt werden. Mit großer Gestaltungskraft, durchaus genügend Potential in der Höhe und vor allem einem farbenreichen und ganz beseelten Pianissimo gestaltete sie die leidende, tief empfindene Luisa. Zurecht verweist die Sängerin mit ihrer Erzählkraft auf den Ton des Belcantos, dem die frühe Oper Verdis durchaus noch verwachsen ist. Ebenso Mikhail Dawidoff in der Partie des Rodolof verfügt über genügend Spannung, die für die lange Giftszene unbedingt benötigt wird. Dawidoff weiß wohltuenderweise den Verdi-Ton richtig zu nehmen, ohne sich auf tenorale Unarten vermeindlich zu verlassen. Es singt seine große vokale Energie gebündelt aus, bleibt dabei sehr kultiviert - ein Ereignis, dieses Paar zusammen. Alle weiteren Partien konnten bis in die Nebenrollen hinein ebenfalls gut besetzt werden. Gritt Gnauck bietet eine für diese Rolle überraschend differenzierte Frederica. Packend gelingt dazu die Darstellung von Marcel Rosca als Graf Walter und Svilpa als Wurm, eindringlich, kernig klingend auch Károly Szilágyi als Vater Miller. Klangbeispiel 1: Elena Mosuc (Luisa), Mikhail Dawidoff (Rudolf), Károly Szilágyi (Miller) und ChorKlangbeispiel 2 : Elena Mosuc (Luisa) und Almas Svilpa (Wurm) Um das Klangbeispiel hören zu können, müssen Sie den RealPlayer installiert haben. Diesen gibt es kostenlos bei www.real.com
Dazu zeigte sich auch das Orchester unter der Leitung von Stefan Soltesz wieder einmal in Bestform. Mit symphonisch anmutenden Vorspiel wurde hier eingesetzt und stets intensive Dichte erzeugt, von der die Sänger vortrefflich getragen wurden. Mit drängender Spannung treibt Soltesz mit seinem Orchester die Geschichte vorran, der massive brillierende Gestus wurde dabei aber auch nicht gescheut. Ein beeindruckender Klangrausch wurde da produziert. Ein anspruchsvoller dabei durchaus überwältigender musikalischer Zusammenklang ergibt sich da.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Regie
Bühne
Kostüme
Chor
Licht
Dramaturgie
SolistenGraf von WalterMarcel Rosca
Rodolfo
Frederica
Wurm
Miller
Luisa
Laura
Ein Höfling
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- Fine -