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Programmheft Werther
Lyrisches Drama in vier Akten
Libretto nach Johann Wolfgang von Goethe
von Edouard Blau, Paul Milliet und Georges Hartmann
Musik von Jules Massenet

in französischer Sprache

Premiere im Pfalztheater Kaiserslautern am 10. Februar 2001
rezensierte Vorstellung: 13. Februar 2001



Logo: Pfalztheater Kaiserslautern

Pfalztheater Kaiserslautern
(Homepage)

Gelungener Werther am Pfalztheater

Von Sebastian Hanusa / Fotos vom Pfalztheater Kaiserslautern



Massenets Werther ist eine Vertonung des goetheschen Stoffes aus einem etwas distanzierten, fast schon nüchternen Blickwinkel heraus, der seine Entsprechung in Carin Marquardts Inszenierung am Pfalztheater gefunden hat. Es gelang eine differenzierte, angenehm klare Interpretation, der gerade wohl daher auch Momente großer Gefühle abseits des Kitschs gelingen.

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Thomas Piffka als Werther

Während in Goethes Briefroman der Leser über das Geschehen nicht nur aus der Innenperspektive Werthers mitsamt dessen ganzem Welt- und Lebensgefühl über die Geschehnisse informiert wird, sondern überdies zum imaginierten Adressaten der intimen Gefühlsäusserungen Werthers – durch die Gattung des Briefromans – wird, sitzt der Zuschauer in der Oper vor einem Orchestergraben, hinter dem sich eine Bühne befindet. Massenets Librettisten haben in Konzession an diesen Perspektivwechsel die Ereignisse des Romans auf lediglich drei Begegnungen Werther – Lotte zusammengezogen, dafür aber die Bühne in den beiden ersten Akten mit etwas mitteldeutschen Lokalkolorit belebt. Lottes Familie erfährt eine genauere Ausgestaltung: Bailli als verwitweter Amtmann, der mit seinen zahlreichen Kindern Weihnachtslieder übt und von der zweiten Tochter Sophie zum Wirtshausbesuch überredet wird (diese selbst ist heiterer Gegenpart zu ihrer älteren Schwester Charlotte angelegt). Der größte Eingriff betrifft die Person Charlottens, die in der Oper nicht aus Liebe, sondern ob eines Versprechens am Totenbett der Mutter die Ehe mit Albert eingeht: Aus dem Seelendrama Werthers wird die Geschichte einer verhinderten Liebe – einer Liebe, die sich Lotte selber erst im dritten Akt und Werther gegenüber erst in dessen Sterbestunde - die den vierten Akt ausfüllt - eingestehen kann.

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Thomas Piffka (Werther), Erin Caves (Albert) und Anke Sieloff (Charlotte)

Carin Marquardts Bühnenbildner Manfred Kaderk hat auf der leicht nach hinten ansteigenden Bühne einen trapezförmigen Raum aus pastell-grünem Stoff geschaffen, dessen sonst undurchsichtige Wände mitunter zu halbtransparenten Projektionsflächen für Naturszenarien werden. Dies geschieht im ersten großen Liebesduett und auch in der Dorffest-Szene des zweiten Aktes, die Momente einer "Frühlingsfeier der Natur" beinhaltet. Auf optischer Ebene gelingt es, Werthers Entgrenzungs-Erleben einer pantheistischen Welterfahrung darzustellen. Im dritten Akt bleiben die Wände hingegen undurchsichtig, im vierten Akt sind die Wände gefallen, der Blick fällt auf den dunklen Bühnenhintergrund – das Schattenreich des Todes. Diese vergleichsweise einfachen, aber in der konsequenten Anwendung wirkungsvollen Mittel seien stellvertretend für den Charakter des ganzen Abends genannt. Auch Massenets Musik kommt ohne den ganz großen Ausbruch aus, hat aber auch keine manieristischen Züge; sie wirkt eher aus einer formalen Geschlossenheit heraus, der es gelingt, die sehr heterogenen Materialien und Formmodelle innerhalb der Oper - vom Leitmotiv über Anklänge an Nummernopern bis zu Akkompagnato-Rezitativen - zu einer geschlossenen Struktur zusammenzuführen, aus deren Gefüge die Dramaturgie der Bühnenhandlung erwächst.

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Anke Sieloff (Charlotte) und Thomas Piffka (Werther)

An erster Stelle wäre aus dem Ensembles Anke Sieloff als Lotte zu nennen, die ihre Rolle nicht nur mit ihrem schönen lyrischen Sopran ausfüllte, sondern im Laufe des Stückes überdies eine ungeheure darstellerische Intensität erreichte. Leider kann man dies von Thomas Piffka als Werther nicht sagen; zwar sang er, wenn man von einigen Spitzentönen, die etwas gepresst klangen, absieht, ebenfalls sehr gut, doch ließ sein szenisches Spiel einiges zu wünschen übrig. Große Gesten gerieten zu groß und z.B. in der Sterbeszene verriet einzig der rote Fleck am Bauch, dass es nicht sehr gut um ihn bestellt sei, während seine ganze Körpersprache Ausgeglichenheit, wenn nicht sogar Wohlbefinden verriet. Dagegen boten die Sänger in den drei "kleineren" Rollen – Albert, Sophie und Bailli – eine geglückte Leistung, indem sie - neben ihren stimmlichen Qualitäten – bestens die Verbindung von Stück und Regie mittels schlüssiger Charakterzeichnungen umsetzten.

Viel Positives ist über das Orchester des Pfalztheaters unter der Leitung von Uwe Sandner zu sagen. Nachdem die Ouvertüre eher missraten war und sich bezüglich des restlichen Abends erste Befürchtungen ausbreiteten, belehrte das Orchester einen schon im ersten Akt eines Besseren. Es waren vor allem die Musikalität im Zusammenspiel und die Selbstverständlichkeit, den Ton der massenetschen Musik zu treffen, die einen positiven Eindruck hinterließen.

Hinsichtlich der Regie bleibt eine Frage offen: Während auf allen Ebenen der beschriebene klare Stil in konsequenter Umsetzung zu erleben war, erscheint es rätselhaft, warum die Tänzer auf dem Ball am Ende des ersten Aktes blaue und gelbe Luftballons mit sich führen mussten. Dies passte weder stilistisch zum Rest der Austatttung, noch war eine hierdurch symbolisierte Bedeutung ersichtlich. Hat es etwa mit den anstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz zu tun?


FAZIT
Carin Marquardt glückt eine leicht distanzierte Werther-Inszenierung. Der geschlossene Gesamteindruck des Abends wurde lediglich durch einige vereinzelte schwache szenische Leistungen geschmählert.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Uwe Sandner

Inszenierung
Carin Marquardt

Bühne
Manfred Kaderk

Kostüme
Ute Frühling

Kinderchoreinstudierung
Ulrich Nolte

Dramaturgie
Karin Holzmann

Regieassistenz und Abendspielleitung
Heide Stock



Das Orchester des
Pfalztheaters Kaiserslautern


Solisten

*Besetzung der rezensierten Aufführung


Werther
Gilbert Mata / Thomas Piffka*

Charlotte
Anke Sieloff

Albert
Erin Caves / Peter Paul*

Sophie
Maja Tabatadze

Le Bailli, Amtmann
Plamen Hidjov

Schmidt
Bernd Könnes

Johann
Mathias Zahn

Kinder von Le Bailli
Elisa Cannia
Julia Diehl
Caroline Friedewald
Katharina Greß-Heister
Laura Hunsinger
Bianca Stiefenhöfer
Judith Weber
Anika Werner
Phillp Diehl
Tim Schreiber
Dominik Thienes
Felix Urbanczyk
Dominik Weber


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Pfalztheater Kaiserslautern
(Homepage)




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