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Programmheft Fidelio
Oper in zwei Akten
nach Jean Nicolas Bouilly
von Joseph Ferdinand Sonnleithner,
Stephan von Breuning und Georg Friedrich Treitschke
Musik von Ludwig van Beethoven

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Theater Mönchengladbach am 17. September 2000

Homepage der Theater Krefeld Mönchengladbach
(Homepage)

Neues aus der 'Akte Florestan'

Von Gerhard Menzel / Fotos von Matthias Stutte



Die neue Produktion von Betthovens Fidelio in Mönchengladbach versetzt das Publikum in eine Atmosphäre, die an Agenten- und Spionagefilme erinnert: ein Kloster wird zu einem Stützpunkt des Geheimdiestes um- und ausgebaut, kluge und dem Regime "feindlich" gesonnene Männer werden dorthin verschleppt, werden ausgenutzt und letztendlich dort ebenso "entsorgt" wie ihre Akten.

Szenenfoto

Der Bühnenraum von Marcel Zaba zeigt eine kirchen- oder klosterähnliche Architektur nach Art der Backsteingotik. Stahlkonstruktionen gliedern den Raum in verschiedene Ebenen, um möglichst viele Aktenordner unterbringen zu können. Leitern, Gittertüren, Videokameras und ein Fahrstuhl - der wohl einzige Zugang zu diesen Räumen - dienen der "inneren Sicherung". Von außen hört man zuweilen Hundegebell, Schreie und Schüsse. Eine Flucht ist für die Gefangenen also völlig ausgeschlossen (daher tragen sie natürlich auch keine Ketten).

Szenenfoto Foto 2:
Jaquino versucht vergebens, Marzelline für sich zu gewinnen. Diese hat nur noch Augen für Fidelio.

Der dort als Aufseher seinen Dienst versehende Rocco ist hauptsächlich damit beschäftigt, seine Traumziele aus Reisekatalogen auszuschneiden und sie neben seine Dienstpläne zu hängen, während eine Etage höher eine Personalakte nach der anderen durch den Reißwolf geschoben wird. Roccos Tochter hat sich mit Souvenirs, Jugendzeitschriften und Blumen ihr Traumreich in einem Ruderboot geschaffen. Sie zeigt dem in sie verliebten "Mechaniker" Jaquino die kalte Schulter, da sie sich in den neuen Gehilfen Fidelio verguckt hat und ihn auch - mit Zustimmung des Vaters - heiraten will. Der unliebsame Nebenbuhler Jaquino wird von diesem mit einer beträchtlichen Geldsumme abgefunden.

Der von einer Leibwächterin begleitete Gouverneur Don Pizarro ist drogenabhängig, selten der Herr seiner selbst und muss seinen "Todfeind" Florestan möglichst schnell beseitigen (lassen)...

Szenenfoto Foto 3:
Marzelline sieht sich schon als Frau Fidelios.

Kathrin Prick inszeniert einen spannenden Agententhriller mit sehr ausgeprägten Charakteren und einer bis ins kleinste ausgearbeiteten Personenregie. Die ungeliebten Dialoge lässt sie im ersten Akt über Lautsprecher in die Szene hinein einspielen, während die Darsteller ihre Gedanken und Gefühle - auch konträr zu den Dialogtexten - pantomimisch ausgestalten. Im zweiten Akt werden die Dialoge dann allerdings wieder real von den Protagonisten selbst gesprochen, was diesen allerdings nicht gerade überzeugend gelingt und einen konzeptionellen Bruch bedeutet. Besonders ärgerlich waren einige völlig überflüssige Diskrepanzen zwischen Text und szenischer Umsetzung, die die zahlreichen "Buhs" gegen das Regieteam wenn schon nicht rechtfertigten, sie aber zumindest verständlich machten.

Szenenfoto Foto 4:
Von seiner Leibwächterin aufs schärste beobachtet macht sich Don Pizarro Rocco durch ein Bündel Geldscheine gefügig. Leonore belauscht unbemerkt diese heimliche Absprache.

Musikalisch lag die Aufführung bei Anthony Bramall in den besten Händen. Unterstützt von Chordirektor Heinz Klaus, der die Chöre hervorragend einstudiert hatte, gelang Bramall eine lebendige, differenzierte und zu dramatischen Ausbrüchen fähige Interpretation von Beethovens Partitur. Leider gerieten die Niederrheinischen Sinfoniker immer wieder sehr schnell an ihre Leistungsfähigkeit in puncto Präzision und Intonationssicherheit.

Szenenfoto Foto 5:
Leonore gibt sich im Augenblick des Mordversuchs von Don Pizarro an Florestan zu erkennen und hält Pizarro mit gezogenem Revolver von der Bluttat ab. Auch Rocco und Florestan sind völlig überrascht.

Die Solisten bestätigten dagegen das überwiegend hohe Niveau des hauseigenen Ensembles, vor allem im darstellerischen Bereich. Allen voran Christoph Erpenbeck als phänomenaler "Oberschurke" Don Pizarro. Auch Ulrich Schneider als Rocco ließ an stimmlichen Qualitäten und an Textverständlichkeit keine Wünsche offen. Ein sympathisches Pärchen gaben Barbara Cramm als Marzelline und Markus Heinrich als Jaquino ab. Als Leonore bewies Barbara Schneider-Hofstetter vokale Präsenz und gestalterischer Intensität.

Szenenfoto Foto 6:
MIt der Ankunft des MInisters ist dieses Kapitel der "Akte Florestan" beendet.

Philip Rock als smarter Politiker Don Fernando glänze vor allem durch sein ständig zur Show getragenes "Grinsegesicht". Obwohl Ronald Carter die Partie des Florestan tapfer durchstand, hätte Walter Planté, der (nur) als 1. Gefangener zu hören war, das sängerische Niveau der Aufführung (wie in Monteverdis Krönung der Poppea, die gerade in Krefeld Premiere hatte) sicherlich noch erhöht.



FAZIT
Eine interessante Opernpremiere zu Beginn der Jubiläumsspielzeit zum 50-jährigen Bestehen der Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld und Mönchengladbach.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Anthony Bramall

Inszenierung
Kathrin Prick

Bühne und Kostüme
Marcel Zaba

Choreinstudierung
Heinz Klaus


Chor, Extrachor und Statisterie der
Vereinigten Städtischen Bühnen
Krefeld und Mönchengladbach

Die Niederrheinischen Sinfoniker


Solisten

Don Fernando
Philip Rock
Mikhail Lanskoi *

Don Pizarro
Christoph Erpenbeck
Philip Rock *

Florestan
Ronald Carter

Leonore
Barbara Schneider-Hofstetter

Rocco
Ulrich Schneider
Michael Tews *

Marzelline
Barbara Cramm
Debra Hays *

Jaquino
Markus Heinrich
Andreas Schagerl *

1. Gefangener
Walter Planté
Markus Heinrich *

2. Gefangener
Yasuyuki Toki
Zbigniew Szczechura *

Leibwächterin des Pizarro
Annelie Bolz *
Andrea Konings

* Alternativbesetzung


Weitere Informationen
Theater Krefeld Mönchengladbach
(Homepage)




Da capo al Fine

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