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Eine insgesamt wenig überraschende Mozart-Produktion
Von Sebastian Hanusa
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Fotos von Klaus Baqué
Vielleicht war schon während der ganzen Oper Lauwers´ etwas fragwürdige Schlusslösung erahnbar. Warum sind im letzten Akt alle Nebenfiguren zu Greisen gealtert, warum muss die zuvor sehr lebendige Marcellina nun siech im Rollstuhl sitzen, während des alle versöhnenden Schlussensembles urplötzlich versterben? Wollte uns der Regisseur zeigen, dass Figaros Hochzeit ursprünglich nicht nur heitere Abendunterhaltung war, sondern besonders als Beaumarchais´ Theaterstück Der tolle Tag auf der Bühne die französische Revolution vorweggenommen hatte? Eine derartige Betonung des Revolutionären findet sich zwar ausführlich im Programmheft, rechtfertigt aber weder Marcellinas Tod im Rollstuhl, noch findet sich in Lauwers´ nicht wirklich ungewöhnlicher Inszenierung hierauf irgendeinen Hinweis. Während eine Interpretation hinsichtlich gesellschaftlicher Subversion innerhalb eines erotischen Beziehungsgefüges interessant gewesen wäre, drängt sich so lediglich der Verdacht eines aus dem Stück heraus unmotivierten Profilierungsversuchs des Regisseurs auf. Zu allem Überfluss saugt auch noch ein aus dem Bühnenboden herabschwebender Beleuchtungskörper Marcellinas Seele in die Ewigkeit.
Im Bühnenbild findet sich mal wieder ein Trapez mit nach hinten ansteigendem Bühnenboden. Während Holz und bunte Farben - darüber der freie Himmel - einen ungewöhnlichen Anblick bieten, verbindet der geschaffene abgeschlossene Raum mit den von der Decke herablassbaren Versatzstücken nur ansatzweise dekorative und für die Aktion funktionale Elemente. Es ist eher eine nette Dekoration, als dass hier eine künstlerisch produktive Gestaltung des Bühnenraums vollzogen worden wäre. Das Aktionen auf der Bühne verlaufen in gewohnten Bahnen und nebenbei sieht es ganz nett aus. In der Anlage der einzelnen Rollen fiel Gerd Grochowski als Graf Almaviva auf. Es gelang ihm eine differenzierte Charakterzeichnung, in der sich eine der eigenen Machtposition gewisse fleischliche Begierde mit kultivierten und galanten Zügen mischte. An seiner Seite stand eine verletzliche, sensible Gräfin, gesungen von Barbara Gilbert, welche mit ihrem hinreißend weich angesetzten Piano, ihrem auch in der Höhe durchklingendem warmen Timbre wieder einmal zu den herausragenden Ensemble-Mitgliedern gehörte. Während Guido Baehr als Figaro stimmlich wie spielerisch die Neigung zu Sesshaftigkeit und Solidität dieses unspektakulären Revolutionärs betonte, gelang es Stefanie Krahnenfeld nicht, der Susanna ein charakterliches Eigenleben zu verleihen. Ausgestattet mit einer brillanten Stimmtechnik, einer Leichtigkeit auch in der hohen Lage, fehlt ihrem Sopran noch ein wenig der klangliche Facettenreichtum, der einem verrät, dass Susanna vielleicht doch nicht nur das nette Kammermädchen ist. Neben einer umwerfenden Bühnenpräsenz, Spielfreude und Beweglichkeit füllte jene Wandlungsfähigkeit der Stimme, gepaart mit einem unverwechselbaren, sehr charakteristischen Timbre die Rolle des Cherubino aus, war die Mezzo-Sopranistin Fréderique Sizaret der heimliche Star des Abends. Auch die Besetzung der Nebenrollen und die Leistung des Chores kann man abschließend nur als lobenswert erwähnen.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungOlaf Henzold
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreinstudierung
Dramaturgie
Regieassistenz und Abendspielleitung
Solisten*Besetzung der rezensierten AufführungConte d´Almaviva Gerd Grochowski
Contessa
Susanna
Figaro
Cherubino
Marcellina
Gabriele May
Bartolo
Basilio
Don Curzio
Barbarina
Antonio
Zwei Mädchen
Elena Botchkova* Hannelore Becker/ Hye-Sil Yoon
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- Fine -