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Der Rosenkavalier

Komödie für Musik in drei Aufzügen
Text von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss


Aufführungsdauer: ca. 4h 15' (zwei Pausen)

Premiere am Theater Hagen am 27. April 2003


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)

Genrebilder mit Negerchen

Von Stefan Schmöe / Fotos von Olaf Struck


Ist's denn wahr, kann's wirklich sein? Wenn sich der Vorhang über dem Hagener Rosenkavalier hebt, gibt er den Blick frei auf eine luftig-leichte, mit Rosen übersäte kleine Rokoko-Bühne, duftige Vorhänge im Hintergrund. Zugegeben, nach vielen nur halbwegs gelungenen Neu-, Um- oder Anders-Deutungsversuchen dieser Oper, die von ihrem Ambiente lebt wie kaum eine andere, ist es irgendwie wohltuend, wieder einmal einen ganz konventionellen Rosenkavalier zu sehen, der dem Regietheater keine Chance lässt und wo Ausstattung sich selbst genug ist. Da macht es auch kaum etwas, dass die Personenregie hausbacken ist, wenn nur die Sänger ordentlich singen, und das tun sie (mehr dazu unten). Die Auftritte auf der kleinen Bühne klug arrangiert, der Prunk dezent (man ahnt die Leere hinter der schönen Kulisse) – ein bezauberndes Kammerspiel, einfach schön.

Szenenfoto Den Intriganten Valzacchi auf der einen, dummes Zeug singende adelige Waisen auf der anderen Seite kommt die Marschallin ins Grübeln ...

Ganz so leicht ist es dann natürlich doch nicht, und der Hagener Intendant Rainer Friedemann, der es sich nicht nehmen ließ, diesen Rosenkavalier persönlich in Szene zu setzen, erlebt dort seine ästhetische Bruchlandung, wo keine Inszenierung der Welt mit der gleißenden Schönheit der Oper mithalten kann: Bei der Überreichung der silbernen Rose. Das Haus der Familie Faninal soll in nüchterner Gusseisenkonstruktion möglicherweise ein neues Zeitalter andeuten, sieht aber leider so aus, als seien die Theaterwerkstätten nicht rechtzeitig fertig geworden (Ausstattung: Olaf Zombeck). Um so üppiger erscheint, die Pompösität des Kitsches verschlägt einem den Atem, der Rosenkavalier unter federbesetztem Baldachin im Musketiersgewand offenbar direkt von der Sitzung eines wohlhabenden Karnevalsvereins: Statt „Mir ist die Ehre wiederfahren“ wäre ein schlichtes Helau! hier stimmiger. Mag sein, dass der Regisseur das theatralische Moment der Situation mit leiser Ironie andeuten wollte – das hier jedenfalls ist eindeutig zuviel des Schlimmen. Der dritte Akt besinnt sich auf die ausstatterischen Qualitäten des ersten und entschädigt weitgehend die Unsäglichkeit des zweiten (die albernen Gespenster muss man fairerweise den Herren Strauss und Hofmannsthal, die diesen Unfug in Partitur und Libretto festgeschrieben haben, ankreiden). Den Sarottimohren (ein "Negerchen", wie ein im Programmheft zitierter Aufsatz von 1953 lehrt) allerdings hätte der Regisseur uns nun wirklich ersparen können.

Szenenfoto ... ob ihre Liebesbeziehung zu Octavian (rechts) wohl noch lange Bestand haben wird ...

Neben dieser zu zwei Dritteln hübsch anzuschauenden Bebilderung übt sich die Regie, was die Deutung des Stückes betrifft, in bescheidener Zurückhaltung und überlässt der Musik das Feld – mit Erfolg, denn die Hagener Philharmoniker wachsen an diesem Abend über sich hinaus und warten mit einer nicht nur sehr konzentrierten, sondern klangschönen und transparenten Interpretation auf. Dirigent Georg Fritzsch hat den langen Atem, den Schluss des ersten Aktes mit großer Ruhe auszumusizieren und überhaupt ohne falsches Sentiment sehr nuanciert und kammermusikalisch genau die Orchesterfäden zu spinnen. Und auf der Bühne besticht vor allem Dagmar Hesse als Marschallin dadurch, dass sie diese Fäden aufgreift und, den stimmlichen Anforderungen der Partie jederzeit gewachsen, auch kleinste Schattierungen musikalisch ausgestaltet. Wenn im einzelnen Wort der Tonfall wechselt, dann ist das genau durchdacht, der Figur genau nachempfunden, und es spiegelt sich im Orchester wieder. Musikalisch erreicht die Aufführung eine Genauigkeit, die in sonderbarem Kontrast zur Ungenauigkeit der Inszenierung steht (wo nicht einmal die silberne Rose in das ihr zugedachte Futteral passt).

Szenenfoto ... während Sophie überlegt, wie sie diesen merkwürdigen Bräutigam wieder los werden soll ...

Neben der Marschallin wird auch der Octavian mit einer hauseigenen Sängerin besetzt: Marylin Bennett schlägt sich tapfer, muss die Stimme aber immer wieder forcieren, um sich gegen das Orchester durchsetzen zu können. Susanne Bernhard, als Gast für diese Produktion verpflichtet, singt die Sophie mit strahlendem, sehr direktem Sopran. André Eckert, auch er ein Gastsänger, bleibt als Ochs solide, aber auch recht konturlos. Von der Regie wird die Figur ohnehin als alberner Clown in zu kurzen Hosen der Lächerlichkeit preisgegeben. Bernd Valentin als Faninal und Byoung-Ho June als italienischer Sänger sind aus einem insgesamt überzeugendem Ensemble ohne Ausfälle hervorzuheben.

Szenenfoto ... denn der Rosenkavalier ist ihr eindeutig lieber, auch wenn er sich im Fundus ein besonders dämliches Kostüm ausgesucht hat.




FAZIT
Musikalisch eine Großtat, die einen Besuch unbedingt lohnt, mit teils hübschen, teils unsäglichen Bildern unterlegt.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Georg Fritzsch

Inszenierung
Rainer Friedemann

Ausstattung
Olaf Zombeck

Choreinstudierung
Uwe Münch

Einstudierung Kinderchor
Caroline Bosch

Dramaturgie
Wolfgang Haendeler



Opernchor des Theater Hagen
Statisterie des Theater Hagen
Philharmonisches Orchester Hagen



Solisten

Die Feldmarschallin
Dagmar Hesse

Baron Ochs auf Lerchenau
André Eckert

Octavian
Marylin Bennett

Herr von Faninal
Bernd Valentin

Sophie
Susanne Bernhard

Jungfer Marianne
Sylvia Zanot

Valzacchi
Jürgen Dittebrand

Annina
Carola Günther

Ein Polizeikommissar
Jae Jun Lee

Der Haushofmeister
bei der Feldmarschallin
Cud Kegel

Der Haushofmeister
bei Faninal
Richard van Gemert

Ein Notar
Arnd Gothe

Ein Wirt
Richard van Gemert

Ein Sänger
Byoung-Ho June

Ein Tierhändler
Krzystof Jakubowski

Drei adelige Waisen
Niwako Shimbo
Monika Niemann
Ewa Gajewska-Lalla

Eine Modistin
Edeltraut Kwiatkowski

Ein Hausknecht
Egidijus Urbonas

Hypolyte
Ronald Bomius

Leopold
Peter Neuhaus

Lakaien
Ki-Boem Kim
Hans-Ulrich Schüler
Jong-Cheol Park
Boris Duric

Lerchenauer
Dirk Achille
Helmut Göhring
Tae-Hoon Jung
Peter Neuhaus
Egidijus Urbonas
Wolfgang Niggel

Kellner
Bernd Stahlschmidt-Drescher
Götz Vogelgesang
Tae-Hoon Jung
Egidijus Urbonas



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
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