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Wettlauf der Koloraturen
Von Silvia Adler / Fotos von Milena Holler
Blasses Rosa flammt auf zu Dunkelrot. Die Kulisse verfärbt sich. Wie ein Thermometer gibt sie den Hitzegrad der aufwallenden Leidenschaften wieder. Bei der Kanzone des Grafen Almaviva vor dem Balkon der streng bewachten Rosina beträgt die gefühlte Temperatur mindestens 42 Grad. Je nach Gefühlslage verwandelt sich in der Wuppertaler Inszenierung von Rossinis Erfolgsoper "Der Barbier von Sevilla" die Farbe des Bühnenhintergrundes. Thomas Laske (Figaro)
Im recht spartanisch wirkenden Bühnenbild von Moritz Nitsche, das sich auf zwei weiße, in sich variable Paravents beschränkt, setzt Regisseur Johannes Weigand vor allem auf die effektvolle Wirkung des Lichtes (Fredy Deisenroth). Die kurzen Schäferstündchen der Verliebten erscheinen wie durch eine rosa-rote Brille. In der Verleumdungsarie wirft Don Basilio einen dunkeln Schatten auf die farbige Kulisse. Im Schattenriss vergrößert sich sein Taktstock zu einem gefährlich entfesselten Knüppel. Melba Ramos (Rosina) Die Lichtregie untermalt das turbulente Bühnengeschehen, ohne plakativ in den Vordergrund zu treten. Immer bleibt der Fokus auf die Sänger gerichtet, die vom Sinfonieorchester Wuppertal unter Martin Braun zu Höchstleistungen angespornt werden. Bereits in der mit begeistertem Applaus bedachten Ouvertüre gelingt dem Orchester die Rossini typische Gratwanderung zwischen musikalischer Leichtfüßigkeit und Aggressivität. Während am Bühnenhimmel die Sterne funkeln, vibriert im Orchestergraben die nervöse Energie eines aufgestachelten Bienenschwarms. Edgardo Zayas (Graf Almaviva)und Thomas Laske (Figaro)
Mit überwältigender Präsenz und sattem Volumen greift Thomas Laske in der Titelpartie die temperamentvolle Vorlage des Orchesters auf. Vor allem die bravourös gestaltete Kavatine des Figaro erntet regelrechte Beifallstürme. Stimmlich überragend ist auch Melba Ramos als listig-durchtriebene Rosina. Durch alle Lagen wartet sie mit perfekter Koloraturtechnik auf. In ihren Arien klingen die zart gewebten Koloraturen fokussiert wie Nadelstiche. Eine gelungene Charakterstudie des eifersüchtigen Doktor Bartolo liefert der stimmlich profunde Dariusz Machej. Mit grünlich-insektenhaftem Ledermantel und dünnsträhniger Perücke ist sein Dottore ein grotesker Ausbund an Scheußlichkeit. In bester Commedia dell´arte Manier stehen ihm Hartmut Bauer als Basilio und die Tina Hörhold als ungewöhnlich stimmschöne Berta zur Seite. Etwas heißblütiger hätte man sich hingegen Edgardo Zayas als Almaviva gewünscht. Trotz einer souveränen stimmlichen Leistung fehlt der Partie des Grafen der nötige Schuss Aggressivität; seine erotischen Avancen erscheinen eher harmlos als gefährlich.
Melba Ramos (Rosina), Edgardo Zayas (Graf Almaviva), "Ich machte mich an die Arbeit und in dreizehn Tagen war ich fertig" - schrieb Rossini in einem Brief an einen französischen Bewunderer über den 1815 komponierten "Barbier von Sevilla". Von außen betrachtet scheint es, als sei Regisseur Johannes Weigand, die Inszenierung des turbulenten Verwirrspiels ähnlich leicht von der Hand gegangen. Bis ins kleinste Detail sind die italienischen Dialoge mit Leben gefüllt. Der musikalische Witz der Arien und Ensembles kann sich ungehindert entfalten. Auch wenn sich die Inszenierung den Vorwurf gefallen lassen muss, die bissige, gesellschaftskritische Substanz des von Beaumarchais inspirierten Stückes zu vernachlässigen, überzeugt sie gerade dadurch, die virtuose Leichtigkeit der Musik nicht mit unnötigem Ballast zu beschweren. Das Wuppertaler Publikum feierte Sänger, Regieteam und Orchester mit stehenden Ovationen.
Unbedingt sehenswert. Für Rossini-Fans ein Muss! Temporeiche Inszenierung mit vielen musikalischen Sternstunden.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme
Licht
Dramaturgie
Chor
SolistenGraf AlmavivaEdgardo Zayas
Bartolo, Doktor der Medizin
Rosina, dessen reiches Mündel
Figaro, Barbier
Basilio, Rosinas Musiklehrer
Fiorillo, Almavivas Diener
Berta, Bartolos Dienerin
Un Ufficiale
Ambrogio, Bartolos Diener
Giovanello, Bartolos Diener
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