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Musiktheater
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Anything Goes
Ein Musical
Musik von Cole Porter
Buch von Guy Bolton, P. G. Wodehouse,
Howard Lindsay und Russel Crouse
Neufassung von Timothy Crouse und John Weidman
Deutsch von Christian Severin
Gesangstexte von Cole Porter

Diese Version wurde original produziert vom
Lincoln Center Theater, New York City, 1987


In englischer und deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln (Songs)

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Premiere am 2. November 2003
im Großen Haus des Musiktheaters im Revier Gelsenkirchen


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Musiktheater im Revier
(Homepage)
Volltreffer!

Von Thomas Tillmann / Fotos von Rudolf Majer-Finkes


Nach Kiss Me Kate und Crazy For You ist dem Musiktheater im Revier ein weiterer Volltreffer im Musicalgenre gelungen, der in die Beine geht, der rundherum Spaß macht und alle Sinne erfreut und den man sich zweifellos mehr als einmal anschauen kann, zumal viele wichtige Rollen doppelt besetzt sind.


Vergrößerung in neuem Fenster Renos "Blow, Gabriel, Blow!"
(Anke Sieloff und Ensemble).

Das fängt schon an bei dem wirklich spektakulären Bühnenbild: Wenn man den Zuschauerraum betritt, kann man bereits die elegante Art-Deco-Bar in rot und grün bewundern, die Harald Thor hat bauen lassen. Wenig später hat man freie Sicht auf das veritable Traumschiff mit seinen verschiedenen Decks und den eleganten Kabinenfronten (kleinere Spielflächen sind auf verschiedenen Ebenen in den Orchestergraben integriert), auf, vor und in denen das hochengagierte, um einige Gäste erweiterte Gelsenkirchener Ensemble sich in den schicken, im Stil der Zeit gehaltenen Kostümen von Susanne Hubrich vergnügte (besonders elegant waren die schwarz-weißen Abendkleider und das federn- und paillettenreiche Showoutfit für Renos "Blow, Gabriel, Blow!") und die hinreißend schwungvollen Choreografien von Markus Bühlmann umsetzte, der selbst die stattlichsten Choristinnen zu gewagten, akkuraten Tanzschritten hatte bewegen können, so dass die Bühne in den Ensembleszenen angenehm gefüllt war mit gute Laune verbreitenden Akteuren.


Vergrößerung in neuem Fenster Die quirlige Gangsterbraut Erma (Sabine Schreittmiller)
hat unstillbarem Appetit auf Matrosenkörper.

Spiritus rector der vergnüglichen Ozeanreise war zweifellos Regisseur Stefan Huber, der als Darsteller in der Wiener Produktion von Les Misérables Gelegenheit hatte, sich das "Know-how der Großshows anzueignen", wie er es selber im Interview mit Dramaturgin Wiebke Hetmanek formuliert hat, im Verbund mit dem spielfreudigen Ensemble die Schwierigkeit des Musicals, die Gattungen Gesang, Tanz und Schauspiel zu vereinen, souverän löste und dem glänzend aufgelegten Premierenpublikum die amerikanische "Art des Humors, des Slapsticks, des Timings", die für uns mitunter "schwer nachzuvollziehen" ist, problemlos nahe zu bringen verstand, ohne dabei übersehen zu haben, dass es zweifellos Stücke gibt, "die bezüglich Inhalt und Substanz weitaus interessanter sind". Besonders hervorzuheben sind die straffen, temporeichen Dialoge mit ihren wirklich witzigen Pointen (wie etwa der Titanic-Parodie, bei der die Souffleuse aus dem Orchestergraben mit einem Fön für den nötigen Wind sorgt), die unverkrampft in die Handlung integrierten Tanzsequenzen, aber auch die romantischen, liebevoll ironisch gebrochenen Szenen (beim "All Through The Night" etwa tat sich ein funkelnder Sternenhimmel hinter den jungen Liebenden auf, die sich auch vom auf dem herabgelassenen Mond platzierten Obersteward nicht stören ließen).


Vergrößerung in neuem Fenster "Anything Goes" (Anke Sieloff und Ensemble).

Klangbeispiel Klangbeispiel: Aus: "Anything Goes" (Anke Sieloff)
(MP3-Datei)


Die Enttäuschung des Abends war merkwürdigerweise Anke Sieloff, die doch inzwischen einige Musicalerfahrung hat (und mir im bereits erwähnten Kiss Me Kate so gut gefallen hatte!), die prinzipiell weiß, wie man einen Song präsentiert, die sich auf der Bühne bewegen und auch gar nicht schlecht tanzen kann, der es aber nicht gelang, der Merman-Rolle der Predigerin und Nachtclubsängerin echtes Profil zu verleihen und auch vokal diesmal merklich uninspiriert und farblos blieb und wohl auch nicht ganz glücklich mit der Lage der meisten Songs war (was man ohne größere Schwierigkeiten hätte ändern können, ebenso wie man darüber nachdenken sollte, die unvorteilhafte schwarze Perücke zurück in den Fundus zu befördern). Zweifellos traf sie auch die schlechte Balance zwischen Orchester und Bühne am schlimmsten, an der Sounddesigner Norbert Labuda unbedingt für die nächsten Vorstellungen feilen muss.


Vergrößerung in neuem Fenster Regine Hermann (Hope Harcourt) und Gaines Hall (Billy Crocker).

Gaines Hall hat eine riesige Anhängerschaft in Gelsenkirchen, nachdem er sich dort mit Crazy For You vorgestellt hatte (zuvor war er in Deutschland bereits in verschiedenen Produktionen am Berliner Theater des Westens und als Joe Gillis in Sunset Boulevard zu erleben), die zahlreichen Blumensträuße, die während des Schlussapplauses in seine Richtung geworfen wurden, beweisen es, und tatsächlich kann man sich dem Charme dieses Sunnyboys nicht entziehen, der in seine Performance immer wieder ein paar gekonnte, originelle Stepschritte einfließen ließ, von denen man gern noch mehr gesehen hätte, zumal die Stimme an sich so bedeutend nicht ist: Namentlich die Höhe klingt mitunter arg dünn, was mir beim Abhören seiner habenswerten CDs nicht so deutlich aufgefallen war (neben "... out of Hell", einem im Februar 2000 aufgenommenen Querschnitt seiner Soloshow Step out of Hell, in der er unter anderen den Titelsong aus Sunset Boulevard, George Michaels "Kissing a Fool", Standards wie "After You've Gone" oder gar Mackebens "So oder so ist das Leben" singt, erschien 2001 mit "Seaside. Sonne, Strand & heiße Rhythmen" ein weiterer Tonträger, der die Nähe des Künstlers zu Wasser und Meer belegt und wohl eine gleichnamige Show festhält, die im Juni 2001 am Staatstheater Kassel Premiere hatte).

Klangbeispiel Klangbeispiel: Aus: "Easy to love" (Gaines Hall)
(MP3-Datei)



Vergrößerung in neuem Fenster Regine Hermann (Hope Harcourt) und
Urs Affolter (Lord Evelyn Oakleigh).

Regine Hermann bleibt wie in manch anderer Rolle als Debütantin Hope ziemlich unterkühlt, singt die Partie natürlich aber tadellos, wenn auch nicht so beeindruckend, dass man unbedingt an "Goodbye, Little Dream, Goodbye" noch den vielleicht bekanntesten Porter-Song, "Night and Day" (aus der 1932 uraufgeführten Show Gay Divorce) hätte anhängen müssen. Urs Affolter macht viel aus der Rolle des blasiert-tölpelhaften Lord Evelyn (besonders natürlich im "The Gypsy's In Me"), aber so ganz konnte man nicht nachvollziehen, was Reno an ihm findet. Joachim G. Maaß habe ich auf der Gelsenkirchener Bühne selten so präsent und gelöst erlebt wie als im Busch-Song herrlich falsch singender Moonface, Sabine Schreittmiller war eine quirlige Gangsterbraut mit unstillbarem Appetit auf Matrosenkörper, Eric Minsk durfte als blasierter Obersteward auch noch ein wunderbar jazziges "Miss Otis Regrets" geben, während Georg Hansen als Kapitän über Routiniertes ebenso wenig hinauskam wie Eva Tamulénas als Evangeline und Horst Krebs als Elisha (das konnten die Schauspielkollegen in Mönchengladbach besser). Eun-Yong Kim und Si Jae Lee bedienten brav die Klischees, die wir von Chinesen im Kopf haben, und ernteten bereits mit ihrer Version von "Großer Gott, wir loben dich" erste begeisterte Lacher, die Darsteller der Matrosen, Stewardessen und der Engel Renos manchen Szenenapplaus für spritzige Tanzeinlagen und gekonnte Umbauhilfe.


Vergrößerung in neuem Fenster Georg Hansen (Kapitän), Joachim G. Maaß (Moonface Martin),
Gaines Hall (Billy Crocker) und Ensemble.

Viel zum Erfolg des Abends beigetragen hat zweifellos Kai Tietje am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen und einer hervorragenden Band, auch wenn ich mir manche Nummer namentlich im ersten Teil noch etwas flotter und weniger wuchtig instrumentiert hätte vorstellen können.



FAZIT

Wie schon beim Rigoletto bewunderte man die von meinem Kollegen Gerhard Menzel gelobte "enge, fruchtbare Zusammenarbeit aller an einer Produktion Beteiligten", die hervorragende Stimmung, die in diesem Haus herrscht, das neben der Pflege der leichten Muse ja gleichzeitig auch die zentralen Meisterwerke des Opernrepertoires, manche Ausgrabung und nicht zuletzt viele zu Unrecht vergessene oder unterschätzte Werke des italienischen Belcanto zur Aufführung bringt. Die vor einigen Wochen gezeigte Inszenierung von Anything Goes in Mönchengladbach kann da natürlich nicht mithalten, aber der Fairness halber muss man auch festhalten, dass am Niederrhein "nur" ein bemühtes Schauspielensemble ohne wirkliche Spezialisten und zweifellos weniger Geld zur Verfügung stand.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Kai Tietje

Nachdirigat
Salvador Caro
Bernhard Stengel

Inszenierung
Stefan Huber

Choreografie
Markus Bühlmann

Bühne
Harald Thor

Kostüme
Susanne Hubrich

Sounddesign
Norbert Labuda

Chor
Nandor Ronay

Dramaturgie
Wiebke Hetmanek



Chor des Musiktheaters
im Revier

Neue Philharmonie
Westfalen


Solisten

* Alternativbesetzung

Reno Sweeney,
Predigerin
Anke Sieloff/
* Maryanne Kelly

Hope Harcourt,
Debütantin
Regine Hermann/
* Elise Kaufman

Evangeline Harcourt,
ihre Mutter
Eva Tamulénas/
* Birgit Brusselmans

Lord Evelyn Oakleigh,
reicher Engländer
Urs Affolter

Elisha Whitney,
Börsenmakler
Horst Krebs/
* Andreas Windhuis

Billy Crocker,
sein Assistent
Gaines Hall

Moonface Martin,
Gangster
Joachim G. Maaß

Erma,
Gangsterbraut
Sabine Schreitmiller

Luke, John
chinesische Bekehrte
Eun-Yong Kim
Si Jae Lee

Kapitän
Georg Hansen

Obersteward
Eric Minsk

Matrosenquartett
Christopher Dietz
Till Nau
Sean Stephens
Frank Wöhrmann

Renos "Engel":

Purity
Melania Belfiore

Chastity
Marika Carena

Charity
Priscilla Fuiza

Virtue
Tatiana Marchini

Henry T. Dobson,
Missionar
Klaus Gehnke

Fred,
Barkeeper
Frank Wöhrmann

Reporterin
Wiltrud Gödde

FBI-Agentin
Patricia Pallmer

Matrosen
Valter Azevedo
Kostyantyn Grynyuk
Benjamin Harder
Min-Hung Hsieh
Andre Maas
Gursh Singh
Hsu Yoo-Yi

Stewardessen
Chiou-o Chiang
Mayumi Miyake
Maki Taketa

Swing
Cécile Rouverot



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