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Musiktheater
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The Rocky Horror Show
Rock Musical von Richard O'Brien


Premiere am Theater der Stadt Koblenz
am 6. Juni 2003 im Großen Haus
Besuchte Vorstellung: 2.11.2003


Logo: Theater Koblenz
Theater der Stadt Koblenz
(Homepage)

Varieté statt Horror

Von Christoph Kammertöns / Fotos von Helke Stiebel

Abseits von Ausstattungsschlacht und Filmästhetik wird in Koblenz eine ganz eigene Sicht auf die Welt extraterrestrischer Sexomanen geworfen. Wäre da nicht das Wissen um den grausam gemeuchelten Eddie, würde man hier die Transsexuellen aus der Galaxis von Transsylvanien weniger für diversen B-Movies entsprungene Horrorgestalten als eher für eine coole Varieté-Truppe halten. Und deren Vorstellung kann man in vollen Zügen genießen.
   Als wirkliches Show-Talent entpuppt sich Adrian Becker in der Rolle des Frank'n'furter. Becker ist nicht nur als Transvestit eine beeindruckende Erscheinung: Auf High heels thronend noch beweglich, weiß er, mit seinem Publikum zu spielen, es in Bann zu schlagen. Seine Intensität liegt in der direkten Adresse ans Parkett, das beileibe nicht nur nett angesprochen wird: Viele Frauen mögen zusammengezuckt sein angesichts des nonchalanten Einwurfs: »Wissen Sie, warum Männer keine Cellulite haben? – Weil sie scheiße aussieht!« Nun gut, dem Conferencier können ja mal die Pferde durchgehen; zeigt sich hier doch, wie sehr er seine Rolle genießt. Angesichts der betulichen Ödnis mancher Unterhaltungssendung möchte man Becker schleunigst als Moderator einer TV-Show wieder sehen. Singen kann er natürlich auch – und wie!


Vergrößerung in neuem Fenster Frank'n'furter (Adrian Becker) ist stolz
auf Rocky (Ross McDermott), sein Geschöpf.

Singen können Sie übrigens alle in diesem vor Spielfreude sprühenden Ensemble. Es ist eine Lust, zu verfolgen, mit welcher Liebe und Konzentration die Charaktere zum Leben erweckt werden. Da wundert es fast nicht mehr, wenn Rocky sich zunehmend in artistischen Luftsprüngen ergeht. Zum Applaus wird da gar eine ganze Serie von Flickflacks über die Bühne gesprungen, dass es ein einziges Ah und Oh ist. Zweifellos haben wir es hier mit einem Luxusrocky zu tun: Ross McDermott ist nicht nur standesgemäß blond, gutaussehend und muskulös; nein, er hat auch noch einen tadellosen Tenor, ist gelernter Balletttänzer (als solcher am Koblenzer Theater engagiert) und verfügt eben auch noch über veritabel artistische Fähigkeiten.
    Claudia Felke (Magenta) stimmt mit ihrer kultigen Eröffnung Science Fiction – Double Feature wirkungsvoll auf den morbiden Zauber des Stücks ein, Denis Abrahams und Stefanie von Poser verleihen Brad und Janet verklemmte Scheu, schließlich sexuelle Neugier, die dem Musical den schwülen Prickel gibt, und Valerie Simmonds Columbia betört durch blühende Erotik. Vielleicht wünschte man sich von Wolfgang Ziemssen als Erzähler ein etwas höheres Tempo und weniger existentielle Generalpausen (man fühlt sich etwas an den Schauspielerwitz: »ich habe ein Problem: Timing!« erinnert), doch bedient er gut das Elder-statesman-like seiner Rolle.


Vergrößerung in neuem Fenster

Riff Raff (Klaus Michalski) erklärt Brad (Denis Abrahams)
und Janet Weiss (Stefanie von Poser) die Hausordnung.

Riff Raff, der wie üblich das Stück mit hängender Schulter leicht schwachsinnig und vor allem servil zubringen muss, am Ende aber mal eben die Macht an sich reißt und Frank'n'furter bei dem ein oder anderen Kollateralschaden ins Nirwana schießt, wird bravourös von Klaus Michalski verkörpert. Der meistert nicht nur seine stimmmordenden Songs mit sicherem Rocktenor, sondern versteht es auch, einen Abend lang in der nicht gerade angenehmen physischen und psychischen Disposition seiner Rolle auszuharren; dies auch da, wo er szenisch ›nur‹ am Rand steht.
    Hier ist überhaupt eine Qualität des ganzen Ensembles berührt. Unter Verzicht auf Ausstattungsmätzchen zugunsten einer maßvoll variablen Einheitsbühne (Cornelia Brey) liegt der Fokus nur auf den Akteuren; und die halten die Spannung eben auch dann, wenn Sie gerade nicht im Vordergrund stehen – so muss es sein! Teodros Adewale Adebisi kann sich also auf die Unterstützung seiner Darsteller verlassen, fügt sie gekonnt zum schüchternen Tête-à-tête, zum schattenrissverbrämten Liebesakt wie – mit Unterstützung des hochmotivierten und sehr fähigen Sing-and-Dance-Ensembles – zu marktplatzartigem Gewimmel. Da bleibt für den Abend ein einziger Eindruck: »Solch ein Gewimmel möcht ich sehn!«

FAZIT

Glänzende Unterhaltung ohne Ermüdungserscheinungen weder bei Ensemble, Musikern noch beim Publikum, worüber auch die rekordverdächtige Dauer des Schlussapplauses keinen Zweifel lässt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Holger Kappus

Inszenierung
Teodros Adewale Adebisi

Ausstattung
Cornelia Brey

Choreographie
Anthony Taylor

Dramaturgie
Hilke Bultmann


Sing-and-Dance-Ensemble und Band des Koblenzer Theaters

Frank'n'furter
Adrian Becker

Riff Raff
Klaus Michalski

Usherette / Magenta
Claudia Felke

Columbia
Valerie Simmonds

Janet Weiss
Stefanie von Poser

Brad Majors
Denis Abrahams

Eddie / Dr. Scott
André Wittlich

Rocky
Ross McDermott

  Erzähler
Wolfgang Ziemssen

Servants
Katja und Oliver Lawrence Kreuter







Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater der Stadt Koblenz
(Homepage)






Da capo al Fine

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