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La Cenerentola
ossia La bontà in trionfo

Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Jacopo Ferretti
Musik von Gioacchino Rossini


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere am 24. April 2004
im Großen Haus der Städtischen Bühnen Münster


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Angelina lebt noch heute

Von Gerhard Menzel / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Ein Wochenende nach der Premiere von La Cenerentola am Musiktheater im Revier erlebte Gioacchino Rossinis Dramma giocoso in Münster seine bejubelte Premiere. Genau an diesem Tag fand übrigens auch die Hochzeit von Prinz Johan Friso und der "bürgerlichen" Braut Mabel Wisse Smit im niederländischen Königshaus statt. Von wegen, heute gäbe es keine Prinzen und Prinzessinnen mehr. Es gibt sogar noch die "Märchen", in denen ein Prinz sein "Aschenputtel" heiratet - und das wird auch noch live im Fernsehen rund um die Welt übertragen.

Vergrößerung in neuem Fenster Don Magnifico (Damon Nestor Ploumis) ist begeistert von dem Gedanken, eine seiner Töchter könnte in den Reichtum einheiraten. Clorinda (Yoon-Cho Cho) und Tisbe (Suzanne McLeod) verhalten sich noch abwartend.

Während Regisseur Josef Ernst Köpplinger in Gelsenkirchen La Cenerentola als eine bunte, überbordende Klamotte auf die Bühne brachte, inszenierte Benedikt Borrmann in Münster eine blitzgescheite Komödie mit viel Witz und originellen Einfällen, bei der die Standesunterschiede der Vorlage allerdings keine Rolle mehr spielen.

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Angelina (Judith Gennrich) und
Don Ramiro (Mineo Nagata)
begegnen sich das erste Mal.

Klangbeispiel Klangbeispiel: Mineo Nagata (Don Ramiro):
"Dolce speranca, ..."

(MP3-Datei)


Wie auf einem Plakat zu lesen ist, das für den diesjährigen Karneval in Venedig wirbt, spielt das Stück in der Karnevalszeit des Jahres 2004. Don Magnifico ist Besitzer eines schlecht gehenden Schuhgeschäftes in einer kleinen italienischen Stadt, in dem seine Töchter als Verkäuferinnen arbeiten. Zu Beginn (schon während der Ouvertüre) liegt Angelina auf ihrer Matratze und liest mit wachsender Begeisterung in einem großformatigen Märchenbuch.

Don Ramiro ist ein (asiatischer) Restaurantbesitzer, der für sich und seine Lokalität eine passende Frau sucht. Zusammen mit Alidoro sucht sein Angestellter Dandini, der sich als stinkreicher Playboy aufführt, nach der geeigneten Frau...

Vergrößerung in neuem Fenster Dandini (Radoslaw Wielgus) verdreht nicht nur Clorinda (Yoon-Cho Cho) den Kopf.

In der zeitgenössischen, mit mancherlei Anspielungen angereicherten Ausstattung von Pia Oertel inszeniert Benedikt Borrmann ein spannendes Spiel der Täuschungen und der immer wieder von neuem irritierten Gefühle. Die Komik ergibt sich dabei nicht durch aufgesetzte Albernheiten, sondern aus dem Handeln und den Eitelkeiten der Protagonisten selber, was um so überzeugender wirkt.

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Clorinda (Yoon-Cho Cho) und Tisbe (Suzanne McLeod) reißen sich regelrecht um die Gunst des vermeintlichen Don Ramiro (Radoslaw Wielgus).

Einer der Höhepunkte des Stückes ist das Kostümfest in der Lokalität von Don Ramiro, in der die "Schlacht um das (kalte) Buffet" stattfindet und bei dem Angelina ihren großen Auftritt hat. Als sie die Feier dann fluchtartig verlässt, verliert sie - wie im Märchen - einen Schuh, der jedoch von den Anwesenden nicht weiter beachtet wird und zusammen mit dem übrigen Unrat einfach entsorgt wird (schließlich ist man hier bei Rossini/Ferretti). War das Absicht, oder nur ein Zufall, den das Leben manchmal so spielt? Schön war das allemal.

Vergrößerung in neuem Fenster Angelina (Judith Gennrich) überrascht auf dem Fest nicht nur Don Ramiro (Mineo Nagata).

Nicht nur Gelsenkirchen, sondern auch Münster hat eine prächtige Angelina zu bieten. Gerade für diese realistische und aufgeklärte Inszenierung ist Judith Gennrich geradezu eine Idealbesetzung. Mit ihrer frischen und jugendlichen Stimme mit ganz individuellem Timbre begeisterte sie bereits in den Hosenrollen als Theseus in Arianna in Nasso und als Octavian im Rosenkavalier. Als Angelina konnte sie nun auch ihre weiblichen Dimensionen mit einbringen. Durch ihr darstellerisches Potential und ihre Bühnenpräsenz schaffte sie es überzeugend, aus dem leidenden Aschenputtel der ursprünglichen Märchenvorlage, eine junge, selbstbewusste Frau zu machen, die auf ihre Chance wartet, und diese dann zielbewusst und mit großem Selbstvertrauen zu nutzen weiß.

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Das Kostümfest bei Don Ramiro:
Clorinda als Bugs Bunny (Yoon-Cho Cho), Tisbe als "altmodische" Märchenfee (Suzanne McLeod) Dandini als Pantalone (Radoslaw Wielgus) Don Ramiro als Brighella (Mineo Nagata) sind wie hypnotisiert.

Mineo Nagata als Don Ramiro überzeugte ebenfalls durch stimmliche Präsenz und engagiertes Spiel. Ihm nimmt man wirklich den Mann ab, der weiß, was er will. Radoslaw Wielgus als Dandini spielt einen herrlich übertreibenden Playboy, der die arroganten Töchtern des Don Magnifico - und diesen selbst - so richtig um den Finger wickelt. Yoon-Cho Cho als sehr junge Schwester (Clorinda) und Suzanne McLeod als sehr alte Schwester (Tisbe), deren Taubenjagd nur eine von zahlreichen szenischen Highlights ist, sorgen schon optisch für Komik .

Vergrößerung in neuem Fenster Angelina (Judith Gennrich) rechnet auf ungewöhnliche Weise mit ihrer Vergangenheit ab, was auch Don Ramiro (Mineo Nagata) erneut überrascht.

Klangbeispiel Klangbeispiel Judith Gennrich (Angelina/Cenerentola), Finale:
"Ah, fu un lampo, ...".

(MP3-Datei)


Damon Nestor Ploumis ist wohl der Vorzeigetyp eines temperamentvollen Südeuropäers mit kräftiger Stimme und ausdrucksstarker Gestik. Sein Don Magnifico ist kein alberner Komiker, wie in vielen Inszenierungen, sondern besitzt teilweise schon fast tragische Züge. Blass blieb dagegen Auke Kempkes als Alidoro, der weder stimmlich, noch darstellerisch Profil gewinnen konnte.

Unter der musikalischen Leitung von Andreas Wolf - der in der letzten Spielzeit auch Nicolò Porporas Arianna in Nasso leitete - klang das Symphonieorchester der Stadt Münster zwar etwas schwergewichtig und angestrengt, aber trotzdem sehr differenziert und engagiert. Auch wenn das Zusammenspiel zwischen Graben und Bühne nicht immer optimal harmonierte (auch das kann sich ja noch einspielen), war der Gesamteindruck doch sehr erfreulich.


FAZIT

Eine exzellente szenische Umsetzung des Aschenputtel-Stoffes: klug, durchdacht, stimmig und witzig zugleich. Auch die musikalische Seite ist zum größten Teil ganz hervorragend.

Wer den Gesang und das Orchester etwas "italienischer" hören möchte, sollte zu La Cenerentola in Gelsenkirchen fahren, wo das Belcanto-Fach schon seit längerem besonders gepflegt wird. Auf der Bühne erwartet einen dort allerdings ein buntes Treiben und platter Klamauk.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andreas Wolf

Inszenierung
Benedikt Borrmann

Ausstattung
Pia Oertel

Chor
Peter Heinrich

Dramaturgie
Berthold Warnecke



Herren des Chores
und Extrachores der
Städtischen Bühnen Münster

Symphonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

* Alternativbesetzung

Angelina (Cenerentola)
Judith Gennrich

Clorinda
Yoon-Cho Cho

Tisbe
Suzanne McLeod

Don Ramiro
Mineo Nagata

Dandini
Radoslaw Wielgus

Don Magnifico
Damon Nestor Ploumis
* Kevin Bell

Alidoro
Auke Kempkes


Angelina (Cenerentola)

Judith Gennrich-Portrait
Judith Gennrich




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Städtischen Bühnen Münster
(Homepage)



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