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Musiktheater
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Das schlaue Füchslein
Oper in drei Akten
Text nach Rudolf Tesnohlideks Novelle "Die Füchsin Bystrouschka" vom Komponisten
Deutsche Fassung von Max Brod
Musik von Leos Janacek


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 40' (keine Pause)

Premiere im Opernhaus Köln am 16. Juni 2005

Logo: Oper Köln

Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)

Sei ein Frosch! (Ein Naturstückchen)

Von Stefan Schmöe / Fotos von Klaus Lefebvre

Vergrößerung in neuem Fenster Tierisch gehts in der Kölner Oper zu: Die Füchsin (Regine Richter) verspeist einen Frosch (Kinderstatist)

Alljährlich in der Vorweihnachtszeit sind in den Schaufenstern einer großen Warenhauskette niedliche Szenen mit Stofftieren aufgebaut: Da hämmern und sägen putzige Bären, von unsichtbaren Motoren bewegt, oder sitzen erwartungsfroh am gedeckten Festtisch und schieben die Gabel zum Mund, oder backen eifrig leckere Plätzchen. Draußen stehen staunend die Kinder mit offenen Mündern und drücken sich die Nasen platt und können sich gar nicht satt sehen an den anmutigen Bildern. Irgendwann muss auch Torsten Fischer davor gestanden haben, und er wird sich gesagt haben: So etwas Schönes will ich auch machen, und bei mir soll es noch viel, viel echter aussehen. Und weil Torsten Fischer Schauspiel- und manchmal auch Opernregisseur ist, hat er fortan nach einem Stück mit ganz, ganz vielen lustigen Tieren gesucht, und schließlich hat er eines gefunden: Das schlaue Füchslein von Leos Janacek.


Vergrößerung in neuem Fenster Hühnerhaufen: Die Füchsin ruft die Hennen zur Revulotion auf.

Die Darstellung der Tierwelt ist das große Problem dieser Oper. Der Komponist selbst forderte eine realistische Darstellung und sperrte sich gegen Stilisierungen. Auch Fischer versucht, die Spannungen des Werkes (das ja keineswegs ein naives Märchen ist, sondern – nicht ohne satirische Elemente – in der unzivilisierten Natur eine symbolische Gegenwelt zur bürgerlichen Ordnung zeichnet) aufzuzeigen. So besteht die Bühne (Herbert Schäfer) aus einer gänzlich abstrakten, schräg gestellten Platte, die in einen (dann allerdings wieder realistisch gezeichneten) Wolkenhimmel entschwindet, auf dem in den Nachtbildern der Vollmond ziemlich kitschig aufgeht. Das bleibt ironisch in der Schwebe zwischen naivem Naturbild und Abstraktion – solange die Tiere nicht auf der Bühne sind. Die aber kippen das Bild sofort. Darko Petrovic hat sehr genaue Tierkostüme entworfen (die Kostüme der Menschen stammen von Ute Lindenberg), und das gesamte Kölner Ensemble hat grandios die Bewegungsabläufe der Tiere einstudiert. Das Ergebnis aber ist fatal: Eigentlich geht es den ganzen Abend nur darum, wie niedlich und wie wirklichkeitsgetreu sich die Tiere bewegen. Oper kommt nur noch am Rande vor.


Vergrößerung in neuem Fenster Eine Mücke (Musa Nkuna) piekst den Förster (Werner van Mechelen)

Auch der zweite Grundgedanke der Inszenierung erweist sich als wenig tragfähig. Fischer hat sich für die (kurz nach der Brünner Uraufführung 1924 entstandene) deutsche Fassung von Max Brod entschieden, die inhaltlich markant vom tschechischen Original abweicht. Brod konstruiert als Parallelfigur zur Titel gebenden Füchsin ein Zigeunermädchen (eine stumme Rolle, die auch im Original erscheint, dort aber nur als Randfigur), auf die sich die sexuellen Träume aller Männer fokussieren und deren Hochzeit (und damit die Verbürgerlichung der "unzivilisierten" Zigeunerin) dem Tod der Füchsin entspricht. Damit hoffte Brod, das Werk dem deutschen Publikum zugänglicher zu machen, allerdings um den Preis einer aus heutiger Sicht recht abgestandenen Symbolik, die der Oper sehr viel konventionellere Züge verleiht als das Original, dessen Modernität in der Absage an romantisches Pathos liegt. Fischer inszeniert diese Parallelhandlung konsequent aus, lässt das Mädchen oft in Verdopplung der Füchsin erscheinen, und wenn die Füchsin erschossen wird (natürlich vom Bräutigam der Zigeunerin), dann erscheint diese im blutroten Kleid (vorher war's natürlich jungfräulich weiß) direkt hinter dem Tierkadaver. Das alles ist vorhersehbar, und weil das Mädchen schon bei Brod keinerlei Individualität zugesprochen bekommt, interessiert's eigentlich auch nicht weiter.


Vergrößerung in neuem Fenster Gemischtes Doppel nach Max Brod: Die Füchsin (Regine Richter) und, hinterm Vorhang, ihr menschliches Gegenstück, das Zigeunermädchen Terynka (Martina Pohl). Der Förster (Werner van Mechelen) kommt ins Grübeln.

Die deutsche Fassung ist auch musikalisch problematisch, da Janaceks Melodik sich auf die (tschechische) Sprachmelodie bezieht und der Musik damit allein vom Klang, auch wenn man den tschechischen Text nicht versteht, eine Dimension genommen wird. Noch schwerer wiegt, dass die deutsch singenden Darsteller immer wieder zu einer Überbetonung der Konsonanten und damit zum „Bellen“ verleitet werden – und wenn sie es einmal nicht tun, versteht man prompt nichts mehr vom Text. So wirkt die sängerische Seite der Aufführung fast durchweg rau und angestrengt, insbesondere bei den Herren, bei denen Werner van Mechelen einen ansonsten soliden Förster gibt. Am ehesten kommt die deutsche Fassung Samouel Youn als eindrucksvoll grobschlächtigem Landstreicher Haraschta entgegen.


Vergrößerung in neuem Fenster Paarungszeremoniell bei Vollmond: Fuchs (Joselyn Rechter, l.) und Füchsin (Regine Richter)

Regina Rechter als Füchsin und Joselyn Rechter als Fuchs sind ein wohlklingendes Liebespaar, ohne in nachhaltiger Erinnerung zu bleiben. Das mag auch an dem wenig aufregenden Dirigat von Roger Epple liegen, der sein Sängerensemble, das gute Gürzenich-Orchester und den sorgfältig präparierten Chor zwar gut zusammenhält, aber passend zur Inszenierung einen arg konventionellen Tonfall wählt, der Janacek irgendwo in der Spätromantik festmachen will und nach schönen Stellen sucht. Davon gibt es zwar viele, aber die huschen nur kurz vorüber, und es bedarf eines „moderneren“ (und auch weniger behäbigen) Zugriffs, um den Bogen zu spannen. John Fiore hat vor ein paar Jahren in Düsseldorf gezeigt, was in dieser Musik steckt (unser Bericht) – in Köln hört man kaum etwas davon. Bleiben also die Frösche, die neckisch über die Bühne hüpfen. Das ist selbst für einen sommerleichten Saisonabschluss zu wenig.


FAZIT

Zwei Füchse, die den Vollmond anheulen – das Bild auf dem Programmheft verspricht das Schlimmste, und die Aufführung löst dies weitgehend ein.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Roger Epple

Inszenierung
Torsten Fischer

Bühne
Herbert Schäfer

Kostüme
Ute Lindenberg

Tierkostüme
Darko Petrovic

Licht
Hans Toelstede

Chor
Albert Limbach

Choreographische Mitarbeit
Otto Pichler


Chor der Oper Köln

Mädchen und Knaben der
Chöre am Kölner Dom
(Einstud.: Eberhard Metternich)

Statisterie der Bühnen Köln

Gürzenich-Orchester Köln


Solisten

Förster
Werner van Mechelen

Försterin / Eule
Andrea Andonian

Schulmeister / Mücke
Musa Nkuna

Pfarrer / Dachs
Ulrich Hielscher

Haraschta
Samuel Youn

Gastwirt Pasek / Dackel
Johannes Preißinger

Gastwirtin
Machiko Obata

Füchslein
Regine Richter

Fuchs
Joselyn Rechter

Hahn / Eichelhäher
Insun Min

Schopfhenne / Specht
Samantha Rubenhold

Terynka
Martina Pohl

Franzl
Johannes Metternich

Sepp
Moritz Schily

Grille
Anthony Bennett

Heuschreck
Xavier Wright

Frosch
Augustinus Schütz


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)





Da capo al Fine

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