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Musiktheater
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Madama Butterfly
Oper in drei Akten
Text von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa
nach dem Schauspiel von David Belasco
Musik von Giacomo Puccini

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 3/4 Stunden (Eine Pause)

Wiederaufnahme am 13. November 2004


Homepage des Badischen Staatstheaters Karlsruhe
Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)
Kotau vor dem arroganten Amerikaner

Von Christoph Wurzel / Fotos von Jacqueline Krause-Burberg (Karlsruhe)

"America forever" - in der anmaßender Pose dessen, der seine Kultur ohnehin für überlegen hält, betritt der US- Offizier Linkerton japanischen Opernboden. Was er als fremde Kultur vorfindet, bleibt ihm letztlich unverständlich. Er sucht nur die Zerstreuung und den Genuss. Gnadenlos ist seine imperialistische Hybris, die sich alles und jeden untertan zu machen sucht und schließlich vor der sexuellen Ausbeutung nicht halt macht. Regelrecht erschütternd wirkt da der Kotau der japanischen Gesellschaft als Geste der Ehrerbietung vor einem Fremden, welche dieser im Traum nicht zu würdigen weiß. Entsetzen schließlich verbreiten die fundamentalistisch anmutenden Verwandten der Chi-Chio-San, wenn sie die Glaubensabtrünnige fanatisch verdammen.
Giancarlo del Monacos inzwischen 15 Jahre alte Inszenierung macht diesen Clash of civilisations unübersehbar zum Thema von Puccinis japanischer Tragödie - und dies ohne ein Jota vom traditionellen Dekor abzurücken. Dennoch wirkt die Inszenierung heute angesichts der Realitäten in einer anderen Weltregion so brennend aktuell, wie sie nur sein könnte.

Vergrößerung in neuem Fenster Madama Butterfly: Barbara Dobrzanska.

Del Monaco hatte die Handlung in Inszenierungen der siebziger Jahre in Dortmund und Mainz in den Vietnamkrieg verlegt und sich damals überhaupt als einer der Vorreiter des Regietheaters profiliert. Die Inszenierung für das Badische Staatstheater hatte er 1989 aber bewusst nicht aktualisiert, sondern wollte die Handlung für sich sprechen lassen, gleichwohl aber das seiner Meinung nach als kitschiges Rührstück missverstandene Werk in der schockierenden Realistik zeigen, in der darin unterschiedliche Kulturen aufeinander prallen.
Nun hat das Badische Staatstheater diese alte Produktion wieder aufgenommen. Und der überaus sorgfältigen Neueinstudierung durch Robert Tannenbaum ist es zu danken, dass sie auch heute wieder Suggestivkraft entfaltet und ihre kritische Absicht eindeutig zu transportieren vermag.

Vergrößerung in neuem Fenster

Anjara Ingrid Bartz (vorn) als Suzuki und
Barbara Dobrzanska als Chio-Chio-San.
Im Hintergrund Cedric Bollheimer als ihr Kind.

Tatsächlich enthält sich die Inszenierung jeglicher Sentimentalität. Die Chio-Chio-San von Barbara Dobrzanska ist alles andere als eine süßlich trippelnde Geisha, sondern vom ersten Auftritt an eine junge Frau, die sich ihres eigenen Wertes und ihrer Entscheidungen bewusst und sicher ist. Barbara Dobrzanska ist augenblicklich im Karlsruher Ensemble die schlechthin ideale Besetzung für derart lyrisch-dramatische Rollen, was sie auch als Margarete im Mefistofele bewiesen hat. Bei ihrem Debut als Butterfly konnte sie denn auch zurecht Ovationen ernten. Sie schwang sich zu schönster Puccini-Emphase auf, ohne sich kitschig klein zu machen, sondern kehrte die stolze Heldin ihrer Kultur heraus und starb einen würdigen Operntod als Überlegene und Tragödin. Ihr vokaler Ausdruck war beeindruckend, ihre stimmliche Pracht hat einen neuen Höhepunkt erreicht.

Als ihr zweifelhafter Partner ist Mauro Nicoletti in der Rolle des Pinkerton alles andere als ein Sympathieträger. Im Spiel beglaubigt er das Regiekonzept überzeugend. Und gesanglich kann er gut mithalten. Auch er knüpft an den Erfolg in Boitos Mefistofele nahtlos an. War er in Puccinis Fanciulla del West von der Regie ziemlich vernachlässigt worden, so gelingt ihm hier überzeugend ein abgerundetes Rollenprofil.

Vergrößerung in neuem Fenster Anjara Ingrid Bartz als Suzuki und
Barbara Dobrzanska als Chio-Chio-San.

Markante Kontur gibt Anjara Ingrid Bartz der Suzuki, Butterflys Dienerin. Als hintertrieben opportunistischer Heiratsvermittler schleicht Hans-Jörg Weinschenk über die Szene, einmal mehr wieder mit lebendigem Spieltalent und stimmlich gut präsentiert. Etwas blass dagegen bleibt Tero Hannula als amerikanischer Konsul - Außenpolitik bleibt offenbar ganz kleinlaut angesichts der unverhüllten Machtinteressen. Als Fürst Yamadori verleiht Günter Nowak der Szene glanzvolle Würde.

Eine eher heitere, leichte Szenerie hat Michael Scott aus ein paar Bambuspodesten gebaut mit einem kleinen Pavillion in der Mitte. Ein blühender Kirschbaum sorgt für eine Stimmung von natürlicher Anmutigkeit, in der das freche Eindringen des plumpen Yankees nur umso bedrückender wirkt. Am Schluss hat er dann auch nichts anderes zu tun, als sein Kind an sich zu reißen, während er vor der sterbenden Chio-Chio-San angstvoll zurückweicht.

Zu dem starken Eindruck der Ergriffenheit, der von dieser Produktion ausgeht, trägt die musikalische Seite nicht unwesentlich bei. Anthony Bramall nimmt die Partitur von ihrer hochdramatischen Seite. Zugleich stellt er besonders im ersten Akt den ausgeprägten Parlandoton der Musik heraus. Transparent kommen die Einzelstimmen zu ihrem Recht und die instrumentale Farbigkeit wird aufmerksam ausgespielt. Selbst der wegen seiner kompositorischen Dürftigkeit problematische Summchor zwischen dem 2. und 3. Akt wird innerhalb dieser auf musikalischen Realismus angelegten Auffassung erträglich. Man konnte die Badische Staatskapelle an diesem Abend von ihrer allerbesten Seite erleben.


FAZIT

Es hat sich gelohnt, diese alte Produktion zu recyceln. Neu aufpoliert zeigt sie sich in erstaunlicher Frische, weil die Regie eben stimmt. Nach Mefistofele und Rheingold kann sich Karlsruhe einmal mehr mit einer "naturreinen" Inszenierung profilieren, die auch ohne alle Regietheater-Zutaten auskommt und dennoch spannendes Musiktheater ist.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Anthony Bramall

Szenische Neueinstudierung
Robert Tannenbaum

Nach einer Inszenierung von
Giancarlo del Monaco

Bühnenbild und Kostüme
Michael Scott

Choreinstudierung
Michael Vogel



Mitglieder des Badisches
Staatsopernchores

Badische Staatskapelle


Solisten

Cio-Cio-San,
genannt Butterfly
Barbara Dobrzanska

Suzuki,
ihre Dienerin
Anjara Ingrid Bartz

B. F. Pinkerton,
Leutnant der US-Marine
Mauro Nicoletti

Kate Pinkerton,
seine Frau
Susanne Schellin

Sharpless,
Konsul der USA in Nagasaki
Ks. Tero Hannula

Goro
Ks. Hans-Jörg Weinschenk

Fürst Yamadori
Klemens Sander

Onkel Bonze
Luiz Molz

Yakusidé,
ein Onkel von Cio-Cio-San
Günter Nowak

Der kaiserliche Kommissar
Ken Hase

Der Standesbeamte
Dieter Rell

Die Mutter Cio-Cio-Sans
Masami Sato

Die Tante
Ilka Kern

Die Cousine
Maike Etzold

Das Kind
Cedric Bollheimer



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Badischen Staatstheater
Karlsruhe

(Homepage)



Da capo al Fine

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