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Halka
Oper in vier Akten von Wlodzimierz Wolski
Musik von Stanislaw Moniuszko


In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30 Minuten (eine Pause)

Premiere am 5. März 2005 im Großen Haus der Städtischen Bühnen Münster


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Polnisches Allerlei nach Baesler Art

Von Stefan Schmöe / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Die Erweiterung der EU hat nun auch die Opernbühne erreicht: Das Theater Münster kündigt für die kommenden Jahre eine Reihe mit „europäischen Nationalopern“ an. Den Start macht Polen mit Halka, dem Hauptwerk von Stanislaw Moniuszko (1819 – 72). In vielen (ost-)europäischen Ländern hatte gerade die Oper als repräsentativste Ausbildung der Kunst herausragende Bedeutung für die Heranbildung einer „Kulturnation“, die sich, solange der Nationalstaat durch die politischen Gegebenheiten in utopischer Ferne lag, über die eigene Sprache definierte. Die Verwendung der Landessprache auf der Bühne als bewusster Gegensatz zur italienischen oder französischen Oper, die Symbol der herrschenden Adelsklasse war, ist folglich ein wesentlicher Aspekt der Nationaloper. Daher ist es kaum nachvollziehbar, warum Halka in Münster in deutscher Übersetzung (mit deutschen Übertiteln) gespielt wird. (Oder war der Premierenbesetzung mit einem Bulgaren, einem Rumänen, einem Neuseeländer, immerhin einer deutschsprachigen Solistin sowie zwei polnischen Sängern die originale polnische Fassung nicht zuzumuten?)

Vergrößerung in neuem Fenster Typisch Oper: Jontek ist verliebt in Halka, die aber erwartet ein Kind von Janusz ...

Auch ein übergreifendes künstlerisches Konzept, dass der Reihe zugrunde liegen könnte, war zu diesem Auftakt noch nicht zu erkennen, schon gar nicht in der Regie von Andreas Baesler. Da eine Nationaloper in den meisten Fällen auf nationalen Legenden oder auf nationalem Kolorit basiert, liegt zunächst ein naturalistisch geprägtes Regiekonzept nahe, in dem man dem deutschen Publikum das Werk und seine (historischen) Bezüge vermitteln könnte. Andererseits könnte es spannend sein, Nationalopern auf ihre heutige Bedeutung hin zu durchleuchten. Bei Andreas Baeslers Regie stellt sich schnell das Gefühl ein, hier solle von allem ein bisschen präsentiert werden. Ein wenig Abstraktion auf der einen Seite, eine Spur Folklore auf der anderen. Herausgekommen ist eine ziemlich uninspirierte Produktion, die viele Möglichkeiten vergibt.

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... der zu Halkas Unglück lieber standesgemäß Zofia heiratet.

Der Inhalt von Halka ist schnell erzählt: Halka ist ein armes Bauernmädchen, das von dem reichen Edelmann Janusz ein Kind erwartet. Der allerdings heiratet standesgemäß die adelige Zofia, und Halka begeht verzeifelt Selbstmord. Baesler inszeniert den Konflikt zwischen den sozialen Schichten plakativ schematisch: Ein großes Podest auf der Bühne zeigt, wer reich (und oben) oder arm (und folglich unten) ist. Aus dem ländlichen Ambiente ist die Handlung in die verrußten Kohlereviere verlegt worden, die Bauern sind hier kapitalistisch geknechtete Arbeiter. Auch dies ist ein erheblicher Eingriff in die originale Struktur der Handlung mit ihren historischen Konflikten, der aber nicht einmal im Ansatz durch Zugewinn an Plausibilität oder einen grundsätzlich anderen Interpretationsansatz legitimiert wird. Die Tänze, die eine dramaturgisch wichtige Funktion haben (in den Bauerntänzen etwa zeigt sich der antifeudalistische Zug der Oper) werden von drei Tanzpaaren, die zuvor auch die Tänze der herrschenden Klasse vorgetanzt haben, wie folkloristische Showelemente eingefügt. Auch damit geht ein wichtiges Element der Oper verloren – und von „Nationaloper“ bleibt quasi nichts mehr übrig.

Vergrößerung in neuem Fenster Bei der Trauung kommt es zum Konflikt: Janusz (links) ist die Begegnung mit Halka in diesem Moment etwas peinlich ...

Klangbeispiel Klangbeispiel: Arie der Halka (Manuela Uhl)
(MP3-Datei)


Klangbeispiel Klangbeispiel: Finale des 3. Aktes (Halka: Manuela Uhl, Jontek: Daniel Magdal, Chor)
(MP3-Datei)


Unabhängig von solchen grundsätzlichen Einwänden gegen das Regiekonzept ist die Inszenierung arg behäbig geraten und verschenkt wichtige Momente - Baesler hat in der Region zuletzt sehr viel überzeugendere Arbeiten gezeigt (siehe etwa unsere Rezension von Das Gesicht im Spiegel). Zu konventionell ist hier die Personenführung, zu unbestimmt werden wichtige und unwichtige Momente gleichwertig nebeneinander gestellt. Das wirkt sich auch auf die musikalische Seite aus. Moniuszko, der Elemente der italienischen und französischen Oper geschickt mit Motiven der Volksmusik verbindet, hat Gespür für „große“ Szenen. Das zeigt sich etwa in der imposanten Steigerung zum Finale des zweiten Akts hin. Daniel Magdal als Jontek (der in Halka verliebt ist und eine Art Beschützerrolle einnimmt) beeindruckt mit der hohen Intensität, mit der er sich auf die Rolle stürzt. Zwar ist sein Tenor in der Mittelage recht verhangen, aber höhensicher und in der hohen Lage auch strahlend, und dass Magdal bis an seine stimmlichen Grenzen geht, verleiht der Figur viel Glaubwürdigkeit. In ihm findet die überragende Halka von Manuelaa Uhl den Gegenspieler, den sie benötigt. Ihr (in der Höhe etwas scharfer) Sopran hat enorme Durchschlagskraft, spricht aber ebenso im Piano und Pianissimo an. Mit diesen stimmlichen Möglichkeiten gestaltet Manuela Uhl die Rolle sehr nuanciert; ihre große Szene im letzten Akt ist der Höhepunkt der Oper, aber es fehlt eine szenisch überzeugende Interpretation der inneren Konflikte – angesichts der niedlichen Fackel, die der Regisseur ihr zugesteht, ist an ein Niederbrennen der Hochzeitsgesellschaft nicht zu denken. Da wird im musikalischen Bereich vieles durch die Unentschlossenheit der Inszenierung verharmlost.

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... worauf Halka am liebsten alles niederbrennen würde. Mit dieser Fackel allerdings ist das ziemlich aussichtslos, und daher wird sich Halka gleich von einem Felsen stürzen. Wie gesagt: Typisch Oper.

Radoslaw Wielgus als Halkas untreuer Ex-Liebhaber Janusz ist eine smarte Erscheinung auf der Bühne, seine sauber geführte Baritonstimme aber ist zu schlank, als dass sie die nötige Statur gewinnen könnte. Auch Anna Janiszewski als dessen Braut Zofia (mit schönem Sopran, der durch ein etwas mechanisches Vibrato in seinen Ausdrucksmöglichkeiten begrenzt ist) bleibt nur Randfigur. Überzeugend singt der Chor (Einstudierung: Peter Heinrich), und unter der Leitung von Rainer Mühlbach spielt das Sinfonieorchester Münster jederzeit diszipliniert und zuverlässig. Hervorzuheben ist die Oboistin Hanna Hirosowa, die eine Arie des Jontek mit konzertierender Oboe souverän als Musikant auf der Bühne bewältigt.


FAZIT

Zwar wird Halka als „Nationaloper“ angekündigt, aber Regisseur Andreas Baesler inszeniert bedenkenlos und uninspiriert alles „Nationale“ hinweg, als käme es nicht darauf an. Immerhin lohnt die Begegnung mit Polen musikalisch, auch wegen Manuela Uhl in der Titelrolle.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rainer Mühlbach

Inszenierung
Andreas Baesler

Bühne
Karel Spanhak

Kostüme
Gabriele Heimann

Chor
Peter Heinrich

Choreographie
Tomasz Zwozniak

Dramaturgie
Berthold Warnecke


Chor und Statisterie der
Städtischen Bühnen Münster

Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

* Besetzung der Premiere

Halka
Sabine Ritterbusch /
* Manuela Uhl

Janusz
Radoslaw Wielgus

Sophie
Judith Gennrich /
* Anna Janiszewski

Stolnik
Plamen Hidjov

Jontek
* Daniel Magdal /
Attila Wendler

Dziemba
Nikolaus Bergmann /
* Donald Rutherford



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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