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La Sonnambula

Melodramma in zwei Akten von Felice Romani
Musik von Vincenzo Bellini



in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Übernahme einer Produktion der Oper Leipzig
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. März 2006
(rezensierte Aufführung: 28. März 2006)


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Deutsche Oper Berlin
(Homepage)
Während sie schlief…

Von Annika Senger / Fotos von Bernd Uhlig (Copyright beim Fotografen)

Felice Romanis Libretto, auf dem Vincenzos Bellinis Oper La Sonnambula basiert, könnte auch einem Groschenroman oder einem schwülstigen Heimatfilm entnommen sein: Der Schweizer Bergbauer Elvino will die von allen vergötterte Dorfschönheit Amina vor den Traualtar führen. Bevor die Liebenden jedoch endgültig zueinander finden, verketten sich unselige Umstände, die ihr Glück zunächst trüben. Auch eine eifersüchtige Nebenbuhlerin (Lisa) darf in einer solchen Handlung natürlich nicht fehlen. Aber nicht Lisa treibt einen Keil zwischen Elvino und Amina, sondern die Ankunft des Grafen Rodolfo. Der Fremde zeigt zwar auf Anhieb reges Interesse an der holden Amina, doch als sie schlafwandelnd in seinem Nachtquartier auftaucht und dabei in rauschende Liebesschwüre für ihren krankhaft eifersüchtigen Bräutigam verfällt, ist Rodolfo ganz verzückt und entfernt sich auf leisen Sohlen. Zu ihrem Unglück wacht die Schlafwandlerin am nächsten Morgen in Rodolfos Bett auf. Die Dorfbewohner, die sie am Vortag noch mit Lob überschüttet haben, sind entsetzt, und Elvino löst wutentbrannt die Verlobung auf. Gegen diesen Schritt hilft auch keine Erklärung von Seiten der Braut. Der Graf steht Amina bei, indem er versucht, die Wahrheit ans Licht zu bringen, aber Elvino lässt sich nicht umstimmen, bevor er die Verstoßene mit eigenen Augen schlafwandeln sieht. Aus Trotz hätte er schon beinahe Lisa das Ja-Wort gegeben, doch im Angesicht von Aminas Unschuld ist seine Eifersucht auf einen Schlag vergessen. Die beiden heiraten, das ganze Dorf ist glücklich und zufrieden, und wenn sie nicht gestorben sind, dann…

Vergrößerung

Schweizer Idyll mit Kuh

Kein typisches Ende für eine italienische Oper, die doch meistens tragisch ausgehen. Auch Bellinis Opern zählen größtenteils zu der Gattung der Opera seria. La Sonnambula wiederum ist der Opera semiseria zuzuordnen, obwohl das Werk keine wirklich komische Szene enthält. Nachdem sich der Vorhang geöffnet hatte, ertönte dennoch Gelächter, was Thomas Grubers Bühnenbild galt: Um den Zuschauern die Atmosphäre des Schweizer Bergdorfes näherzubringen, lässt er vor einem schneebedeckten Hang das Modell einer Kuh aufstellen. Dies wirkt wie eine ironische Brechung, die den kitschigen Charakter der Handlung betont. Gruber legt aber noch ein zweites Brikett ins Feuer: Den Schauplatz umgibt ein Rahmen mit scherenschnittartigen Silhouetten von Kühen. Aufgrund der weitgehend realistischen Darstellung des Dorfes und der traditionellen Kostüme wie lange Schürzenkleider und weite, im 19. Jahrhundert modern gewesene Röcke wird das Publikum schnell in die Handlung entführt. Hinsichtlich des altbackenen Plots, der geradezu nach Heimatfilm-Romantik schreit, würde eine abstraktere Darstellung auch nur unnötig irritieren.

Vergrößerung Schlafwandelnd beschwört sie Unheil herauf: Amina (Eunyee You)

Die hervorragenden Darsteller erweisen sich nicht nur als Sänger von Klasse, sondern ebenfalls als ausgezeichnete Schauspieler, die dem Typ entsprechend besetzt sind. Vor allem die spanische Sopranistin Ainhoa Garmendia überzeugt kunstvoll mit Mimik und Gestik als neidische Lisa, die selbst genauso umschwärmt werden möchte wie Amina. Bedauerlicherweise muss Garmendia sich für die hohen Gesangslagen offensichtlich anstrengen, was sich in schrill herausgespressten Tönen und damit einhergehenden Grimassen äußert. In der mittleren Lage reißt sie die Gunst der Zuschauer allerdings an sich und entpuppt sich im Zusammenwirken mit ihrem Schauspiel als heimliche Protagonistin der Inszenierung. Anstelle der erkrankten Ruth Ann Swenson war in der hier besprochenen Aufführung die noch recht unbekannte Südkoreanerin Eunyee You für die Rolle der Amina eingesprungen. Sofort konnte man hören: Diese junge Sängerin hat eine Stimme mit starkem Wiedererkennungswert. Anfangs mag Nervosität zu einem leicht störenden Vibrato geführt haben, doch als die erste Unsicherheit überwunden war, sprudelte You über mit einem Feuerwerk von Gefühlen und technischer Raffinesse. Genauso eindrucksvoll präsentiert sich der italienische Tenor Antonio Siragusa in der Rolle des Elvino, der in den Duetten mit Amina mit seiner warmen Stimmfärbung ausgezeichnet harmoniert.

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Aminas Liebe zu Elvino rührt den Grafen Rodolfo (Eunyee You und Arutjun Kotchinian)

Was die Instrumentierung betrifft, hat Dirigent Daniel Oren Becken und große Trommeln, wie sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für italienische Komponisten üblich waren, aus seiner Inszenierung von „La Sonnambula“ gestrichen. Dies ist zu begrüßen, da ein zu laut schallendes Orchester die Darsteller angesichts der etwas dürftigen Akustik der Deutschen Oper womöglich übertönen würde. So kann das Publikum eintauchen in die weiten, vereinzelt mit Koloraturen geschmückten Melodiebögen. Orens Experiment zeigte sich am Ende als gelungen, denn zahlreiche Zuschauer würdigten die strahlenden Gesangsleistungen mit Standing Ovations und Jubelrufen. Berlin hat also eindeutig von dieser (von der Leipziger Oper übernommenen) Produktion profitiert.


FAZIT
Traditionelle Inszenierung, die mit gesanglich versierten Darstellern viele Pluspunkte einfahren kann.


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Produktionsteam

Inszenierung
John Dew

Musikalische Leitung
Daniel Oren

Bühne
Thomas Gruber

Kostüme
José Manuel Vázquez

Choreinstudierung:
Ulrich Paetzholdt



Statisterie, Chor und Orchester
der Deutschen Oper Berlin


Solisten

Il Conte Rodolfo
Arutjun Kotchinian

Teresa
Susanne Kreusch

Amina
Eunyee You

Elvino
Antonio Siragusa

Lisa
Ainhoa Garmendia

Alessio
Hyung-Wook Lee






Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Deutschen Oper Berlin
(Homepage)



Da capo al Fine

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