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Mitreißendes Tanztheater
Von Peter Bilsing / Fotos von Eduard Straub Ampelfieber Ziemlich freie Hand ließ DOR-Ballettgeneralissimus Youri Vamos seinen vier ausgesuchten Choreografen für diese in Auftrag gegebenen Uraufführungen. Der rote Faden, der die vier Choreografien verbinden soll, ist die Musik. So der Ballettchef und verspricht kühn und selbstbewusst gleich vorweg: erfrischend jugendliche Unterhaltung. Wahrlich keine leeren Worte, quod erat demonstrandum. Was allerdings die ältere Generation nicht schrecken sollte: der Abend lohnt...auch eine weitere Anfahrt. (Direkt nebenan ist ein riesiges Parkhaus 4 Euro!) AmpelfieberWenn das, durchaus gelungene, Notquartier der Rheinoper namens ROM (Rhein-Oper-Mobil zwischen Landtag und Fernsehturm positioniert und in der Erde festgemauert) bis in die Grundmetallfesten des zirkusähnlichen Baues erschüttert wird, liegt es nicht nur an der wilden und recht lauten (man glaubt gelegentlich mitten in einem riesigen Disko-Lautsprecher zu sitzen) aber gelungenen Begleitmusik von Jazz über Pop bis zu Hiphop, sondern auch am geradezu furiosen Beifall und Zustimmungstrampeln des überwiegend jungen Publikums; durchsetzt an diesem Premierenabend vom Who-is-Who der internationalen Tanzszene. Ich habe selten ein so konzentriert und aufmerksames Publikum erlebt wie gestern Abend. Wenn die Musik z.B. bei Fernando Melos Stück minutenlang in der Stille verharrt, hört man kein Husten, kein Papierrascheln, nicht mal ein Räuspern im Auditorium.... Allein eine solch prachtvolle Zuhörerschaft hat schon 5 Sterne verdient. Wann werden wir so wunderbar auf die Kunst konzentrierte Theaterbesucher je auch einmal in der guten alten Tante Oper erleben dürfen. Mein erstes Bravo gilt diesem wirklich tollen und begeisterungsfähigen Publikum! Elements
Dieser positiven Pauschalwürdigung folgt nun der Versuch einer differenzierten Betrachtung in der Reihenfolge der Aufführungs-Chronologie der vier je knapp halbstündigen Stücke: Zunächst Ampelfieber der jungen (bildhübschen!) Koreanerin Young-Soon-Hue, die ihre Tanzkarriere bei Forsythe in Frankfurt begann, danach mit dem schon legendären (leider viel zu früh verstorbenen Genius) Uwe Scholz zusammenarbeitete, bevor sie über das Zürcher Ballett mit Heinz Spoerli den Weg zu Vamos an die Rheinoper fand. Mit ihrer ersten Rheinopern-Arbeit Alles Balletti hatte sie bereits 2004 die DOR-Ballettfreunde begeistert.
Elements von Tanzikone Paul Haze ist ein durchaus gelungener Kontrast zur vorausgegangenen Wirbelwind-Choreographie. Auch musikalisch geht es anders zur Sache - strukturierter und minimalistischer. In der eigenes für dieses Ballett komponierten Uraufführungs-Musik vom studierten Percussionisten Knuth Jerxen überwiegt die Elektronik, durchpflügt und motiviert geradezu den Rhythmus und die Bewegungsnuancen von Hazes afrikanisch und archaisch orientierter Tanzsprache. Sein Ballett-Titel definiert sich als tänzerische Orientierung an den vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft. So übernehmen die Tänzer die fließende Bewegung des Wassers oder reflektieren die flammende Hölle im Inneren der Seele. Luft und Erde symbolisieren die unterschiedlichen Individuen von Mann und Frau. Der Mann ist flirrend, wie die Luft, nie greifbar und nie am selben Ort verharrend, während er die Frau fest an die Erde bindet, bodenständig auf Stühle verbannt. Kommen und gehen, manchmal bleiben
Kommen und gehen, manchmal bleiben ist der bezeichnende Titel der Choreographie von Fernando Melo. Er entführt uns in eine atemberaubende Szenerie zwischen Licht und Schatten, zwischen Musik und Stille, sowie Realität und Traum; fragmentarische Bilder, die häufig den Stilelementen eines Licht-Schatten-Theaters folgen, reihen sich zu einer Kette von Auf- und Abblendungen quasi filmischer Betrachtungsweise zeitlupenhafte Bewegungen gefrieren öfter zu Standbildern.
Kann modernes Ballett faszinierender sein? Es kann... wie der noch ausstehende folgende absolute Höhepunkt des Abends beweisen wird. Das Beste zum Schluß perfekte Platzierung! - A little extrem von Petr Zuska. Unser Leben ist für gewöhnlich voll von vielen kleinen Extremen. Laßt uns noch einen Schritt weitergehen und unter den Vorzeichen von bizarrer Absurdität und schwarzem Humor mit unseren Erfahrungen, Gefühlen, Emotionen und Assoziationen spielen und jonglieren... Es kann alles auf den Kopf gestellt werden und nichts ist, wie es scheint... Seid Ihr ängstlich, oder ist es nur ein lustiges, albernes Spiel... Oder nicht? (P. Zuska) A little extrem
Soweit und zur Einführung Petr Zuska, seit 2002 Ballettdirektor und Chefchoreograph des Prager Nationaltheaters. Mehr zum Inhalt dieses sensationellen, kafkaesken Balletts zu sagen, in dem ein großer roter Teddybär, diverse betonähnliche Quader, Pistolen und eine zarte Frauenstimme die Handlung dominieren, wäre so bösartig und unentschuldbar wie das Ende eines mehrteiligen Psychokrimis schon vorher zu enthüllen.
Wer diesen Meilenstein an zeitgenössischer Ballettproduktion verpasst, dem ist leider nicht mehr zu helfen. Musik? Mixed Bag: von Allem etwas; Snoop Dog, 50 Cent, Nelly, Eminen, Cypress Hill, Shaggy 2Pac, Martina Arnold. Die Kostüme (Roman Solc) sind von ausgesprochen raffitückischem Schnitt und Schritt. Ich gebe 6 Sterne !!!
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Black InfluenceBallettabend mit vier UraufführungenAmpelfieber Choreografie: Young-Soon Hue Musik: Aphex Twin, James Brown, Kodo, Manfred Leuchter, Yello Kostüme: Danielle Laurent Elements Choreografie: Paul Haze Musik: Knuth Jerxen Kostüme: Danielle Laurent Kommen und gehen, manchmal bleiben Choreografie: Fernando Melo Musik: Alva Noto Kostüme: Marcus Pysall A little extrem Choreografie: Petr Zuska Musik: Snoop Dog, 50 Cent, Nelly, Eminem, Cypress Hill, Shaggy, 2Pag, Martina Arnold Kostüme: Roman Solc
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