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Die Zauberflöte

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
Text von Emanuel Schikaneder

In deutscher Sprache


Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)


Premiere im Theater Hagen am 12. November 2005

Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Mozart für die ganze Familie

Von Stefan Schmöe / Fotos von Stefan Kühle

Vergrößerung in neuem Fenster Allerlei schaurige Ungeheuer lassen sich in Hagen mit der Zauberflöte, hier geblasen von Tamino (Dominik Wortig), vertreiben.

Ob die Zauberflöte nun Meisterwerk oder „Machwerk“ ist, darüber streitet sich die Fachwelt seit rund 200 Jahren. Aber während die Musikwissenschaftler (und gelegentlich auch die Musikjournalisten) über fehlende Logik und Frauenfeindlichkeit disputieren, geht das Publikum in Scharen in die Aufführung und genießt das Stück, ohne allzu sehr über vermeintliche oder tatsächliche Brüche nachzusenken: Die Zauberflöte ist für viele die erste (und manchmal einzige) Oper, die sie gesehen haben. In Hagen stellt Intendant Rainer Friedemann diesen Aspekt in den Vordergrund und inszeniert eine richtige „Familienoper“ mit vielen schönen Bildern und wenig intellektuellem Ballast. Für ein kleines Theater wie dieses, das in erster Linie eine kulturelle Grundversorgung für die Region garantieren möchte, ist das nicht der schlechteste Ansatz.

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Die Damen der Königin empfinden das Eindringen des fremden Prinzen zunächst als unwillkommene Störung beim Nachmittagskaffee.

Die vielleicht wichtigste Feststellung: Mit einem sängerisch grundsoliden, mitunter ausgezeichneten Ensemble voller Spielfreude und einem intelligenten und zupackenden Dirigenten am Pult des (wenn auch nicht an allen Positionen) guten Philharmonischen Orchesters Hagen ist die musikalische Seite bravourös abgedeckt. Peter Schöne ist ein im Wesentlichen werktreuer Papageno mit angedeutetem Federkleid, aber ohne die sonst oft nervige Wurstigkeit (die knappen Dialoge lassen das eine oder andere Wortspiel, das man sonst gelangweilt mitreden kann, dankenswerterweise aus). Mit seinem beweglichem Bariton gestaltet er die Partie schwungvoll und mit Gespür für den richtigen Tonfall. Jugendlich frisch ist auch die Pamina von Stefania Dovhan, die aber auch den nötigen Nachdruck für die ernsten Passagen in ihre Stimme legen kann. Klang sie vor der Pause noch etwas befangen (Premierennervosität?), so sang sie sich in ihrer großen Arie „Ach, ich fühl' es“ frei und glänzte dann auch mit jubelnder Höhe.

Vergrößerung in neuem Fenster Zum Haareraufen: Sarastro (Andrey Valiguras) sucht Weisheit.

Dominik Wortig singt einen lyrischen, dabei aber kraftvollen Tamino mit strahlenden Spitzentönen (und leichter Tendenz zum „Knödeln“). Unfreiwillig komisch ist der etwas behäbige Sarastro von Andrey Valiguras, der gerne einen zusätzlichen Vokal zwischen zwei Konsonanten, besonders „f“ und „r“, schiebt („Doch geb' ich dir die Farrreiheit nicht“). Die voluminöse, etwas röhrende Stimme ist stellenweise aber ungenau. Mit furioser Attacke und gestochen scharfen Koloraturen singt Angelina Ruzzafante die erste der beiden Arien der nächtlichen Königin (die zweite dagegen war am Premierenabend ziemlich verwackelt und unsauber). Die drei Damen müssen mit melodramatischem Unterton aufpassen, sich nicht mit allzu ausuferndem Vibrato gegenseitig zuzudecken; sind aber sehr präsent. Die Knaben dürften mehr auf die musikalische Linie achten und nicht nur streng nach Metronom singen. Ziemlich verhuscht ist der Monostatos von Richard van Gemert. Vielleicht noch etwas pauschal im Klang, aber sehr nuanciert und durchdacht singt Frank Dolphin Wong den Sprecher. Tanja Schun (Papagena), Bumchul Kim (Priester) sowie Boris Leisenheimer und Klaus Nowaczyk runden das gute Ensemble ab. Dem zuverlässigen Chor fehlt es ein wenig an Eleganz; zu sehr stechen einzelne Stimmen hervor – ein paar weitere (junge) Männerstimmen täten dem „knalligen“ Klang gut.

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Schutzengel aus der Tierwelt: Pamina (Stefania Dovhan) und die drei Knaben, neckisch kostümiert

Dirigent Dirk Vermeulen sorgt mit flotten Tempi für einen gänzlich unpathetischen Grundton. Er zeichnet mit dem Orchester ein scharfes, von Pauke und Blech dominiertes und dadurch markant konturiertes Klangbild. In der an vielen Stellen sehr direkten Akustik des Hagener Theaters hört man dabei ungnädig auch manche Unsauberkeiten, die dem an sich soliden Orchester ab und an unterlaufen. Auch sind die Holzbläser, besonders die Oboen, oft durch den Raumklang unterbelichtet. Insgesamt aber geht der ambitionierte Versuch, Mozart ohne romantischen „Weichzeichner" zu spielen, gut auf.

Vergrößerung in neuem Fenster "Pappappa Pa Pa ..." - Papageno und Papagena im Liebesglück

Nicht nur musikalisch, sondern auch schauspielerisch kann das Ensemble punkten. Rainer Friedemann inszeniert von Beginn an mit einem Augenzwinkern: So stellen die drei reichlich aufgetakelten Damen ein Kaffeekränzchen dar, dass sich durch Taminos Nöte nur ungern von der Zeitungslektüre abbringen lässt, und die in nächtlichem Blau geschminkte Königin mit starrem, über und über mit Lämpchen besetztem Kleid ist mehr Standbild als lebendige Figur. Indem die nächtlich-weibliche Sphäre nicht ganz ernst genommen wird, ist der spätere (widerspruchsbeladene) Konflikt Mann-Frau bereits im Vorfeld abgemildert. Papagenos Vogelkostüm ist recht dezent gehalten, wie überhaupt die attraktive Ausstattung von Olaf Zombeck im Großen und Ganzen eine gelungene Mischung zwischen phantasievoller Ausstattungsoper einerseits, Reduktion auf das Wesentliche andererseits darstellt. Sarastros Männerbund ist ein vergleichsweise schmuckloser Debattierclub, wohl eine Freimaurerloge nach modernem Vereinsrecht. Auch das Barocktheater mit vielen Prospekten wird zitiert, und Tamino wird von allerlei Ungeheuern, von denen eines sogar echtes Feuer speien kann, verfolgt. Kurz: Es gibt einiges zu sehen. Und am Ende scheint vom veranschlagten Etat so viel übrig geblieben zu sein, dass sich Friedemann ganz unökonomisch die Kinder, die Papageno und Papagena im Duett planen, gleich scharenweise auf die Bühne kommen lässt. Allein das Schlussbild ist etwas fad geraten: Das Theater wird keineswegs zur Sonne, wie die Szenenanweisung das verlangt, sondern ganz biedermeierlich spielen die vielen Kinder mit Großonkel Sarastro fangen. Etwas mehr Pathos hätte es dann zum Finale doch sein dürfen.


FAZIT

Eine kurzweilige Zauberflöte, die ziemlich nahe am Libretto bleibt und in hübschen Bildern die Geschichte nacherzählt: Auch musikalisch überzeugendes Familientheater als Auftakt zum Mozartjahr 2006.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Dirk Vermeulen

Regie
Rainer Friedemann

Ausstattung
Olaf Zombeck

Dramaturgie
Stefan Klawitter

Choreinstudierung
Uwe Münch

Opernchor und Statisterie
des Theater Hagen

Philharmonisches Orchester Hagen


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Pamina
* Stefania Dovhan /
Johanna Krumin

Tamino
Dominik Wortig

Königin der Nacht
Alexandra Lubchansky /
* Angelina Ruzzafante

Sarastro
Andrey Valiguras

Papageno
Peter Schöne

Papagena
Tanja Schun

1. Dame
Dagmar Hesse

2. Dame
Marilyn Bennett

3. Dame
Liane Keegan

Monostatos
Richard van Gemert

Sprecher
Frank Dolphin Wong

Priester
Jussi Järvenpää /
* Bumchul Kim

1. Knabe
* Johannes Becker /
Jonas Ganssau

2. Knabe
Lennart Hanke /
Tobias Sobach /
* Robert Szwed

3. Knabe
Simon Kunsmann /
Alexander Skowron

1. Geharnischter
Boris Leisenheimer

2. Geharnischter
Klaus Nowaczyk


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen (Homepage)




Da capo al Fine

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