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We Will Rock You der Kracher des Jahres
Von Karsten Ley
Angefangen hatte die Ära der neuen Pop-Musicals wohl mit dem Stück Tanz der Vampire, das nach der Geschichte von Roman Polanski 1997 uraufgeführt wurde und in Stuttgart einen festen Platz fand. Hieß es doch: Komponiert von Jim Steinmann. Wenn man sich aber mal näher mit der Materie beschäftigt muss man feststellen, dass alter Kaffee mit dem man täglich aus dem Radio berieselt wird einfach mit neuen Texten bestückt nun Musical genannt wird. Retro ist zwar extrem in, aber kennen wir nicht alle die schlecht gemachten Kopien der alten Lieder, die die Jugend für die Neuerfindung des Rades hält? Nicht in guter Tradition neuerer Musicals wie des Phantoms der Oper, Les Miserables oder Gaudi wurden hier neue Werke geschaffen sondern einfach Kassenschlager der Drittverwertung und weiteren Wertschöpfungskette übergeben. Vor eineinhalb Jahren kam die Ankündigung von We Will Rock You auf meinen Schreibtisch. Queen das war doch die Band aus meiner Jugend die ich liebte, aber Musical? Sofort schoss mir ein Lied durch den Kopf: Bahomian Rhapsody. Das ist wahrlich ein Lied mit Musical Potential und machte mich trotz zahlreicher Potpourri Musicals neugierig. Für den Liebhaber großer Kunst muss man vielleicht einmal erwähnen, dass die Erwartungshaltung an ein Musical eine andere ist. Wir erwarteten einen netten Abend voller Unterhaltung vielleicht etwas in Erinnerung an die alten Erlebnisse im Zusammenhang mit der Musik von Queen zu schwelgen, den Rock noch einmal zu erleben und eine bunte Show geboten zu bekommen. Die Geschichte handelt um 2 Rebellen namens Scaramouche und Galileo im Jahre 2040, die versuchen, in einer sterilen Welt wahre Gefühle wieder zu finden und wahrhaftige Musik. Die Welt wird von einer Firma namens Globalsoft und deren Präsidentin der Killer Queen regiert und kontrolliert. Eine kleine Gruppe Widerständler, die Bohemiens genannt werden, stehen den beiden Helden zur Seite auf der Suche nach echten Instrumenten, die Ihnen die Gefühle der Freiheit und des Rocks zeigen sollen. Songtexte voller Witz zeichneten Queen aus. In dieser Tradition werden auch viele Anspielungen auf aktuelle Ereignisse gemacht. Superstar Suche, Globale Monopolistische Unternehmen werden genau so angeprangert und karikiert wie auch Queen selbst. Gerade die hochaktuellen Gags zum Tagesgeschehen machen das Musical sehr unterhaltsam. Mit Ausstattung wurde nicht gespart. Modernste Technik wie eine bühnenbreite und ca. 2m hohe LED-Wand werden genauso effektvoll eingesetzt wie zahlreiche Hebeelemente, faszinierende Bühnenbilder und Lichteffekte. Für Freunde opulenter Ausstattung und Bühnentechnik ist das Musical auf jeden Fall eine Empfehlung. Für die Akustik gilt: Hier muss es rocken. Die Lautstärke ist angemessen nicht zu laut, aber reißt bei den Gassenhauern immer wieder das Publikum mit. In den ca. 2,5h Aufführung werden die sicherlich bekanntesten Queen Lieder zumindest angerissen. Einige Lieder werden auch per Tape als Originale eingespielt. Die Band brilliert durch originalgetreuen Klang der Instrumente und virtuoses Spiel. Die tänzerischen Einlagen wirken teilweise gekonnt, sind aber nicht weiter erwähnenswert. Problematisch wird es immer an den Stellen, in denen man versucht, Sänger die als Muttersprache Englisch beherrschen, deutsch singen zu lassen. Einige Lieder werden englisch gesungen, andere deutsch andere halb und halb. Für die deutsch gesungenen Lieder hätte man entweder Künstler einsetzen sollen, die Deutsch als Muttersprache haben oder aber die Lieder einfach auch englisch singen lassen. Häufig wird im Musical Englisch als die alte Sprache des Rock erwähnt. Warum also hier nicht Konsequent bleiben? Man hätte dann zumindest verstanden, was uns die Sänger mitteilen wollten. Die Wahl der Sänger überzeugt nicht immer. Als Scaramouche tritt Vera Bolten auf die Bühne. Ihre grelle Stimme, die für Brecht Liederabende sicherlich ein Ohrenschmaus ist, unterstrich kaum die Rolle der Punkerin, sondern unterbrach immer wieder den Hörgenuss. Gefällig Balladen die zum Träumen einladen sollten, wurden so zum Süß-Sauren Erlebnis, das den Gesamteindruck beträchtlich schmälerte. Galileo hingegen gesungen von Serkan Kaya ist eine Überraschung. So brillierte er mit vollem Tonumfang eines Freddy Mercury und sehr natürlicher Ausstrahlung. Warum man ein so unterschiedliches Paar zusammenstellt, lässt sich noch nicht einmal durch den versuchten Aufbau einer Parallele zur Darstellung der beiden Musikarten, die die Künstler verkörpern sollen erklären. Punk und Rock sind zwar verschieden, aber keine Gegensätze. Ausgewogener war das Liebespaar der Bohemiens mit DMJ alias J.B. und Michaela Kovarikova alias Ozzy. Während DMJ teilweise aufgrund der eher sanften Stimme in der Musik unter ging, verkörperte Michaela Kovarikova glaubhaft die Pop-Musical-Diva, die man gerne häufiger gehört hätte. Martin Berger in der Rolle des General Kasshoggi überzeugte durch gekonntes Schauspiel. Als Killerqueen erhob Brigitte Oelke Ihre Stimme. Mit viel Energie war sie eine glaubhafte Regentin, die mit Ihrer Stimme die Macht aus zu drücken weiß. Man muss die Gesangsleistungen von Serkan Kaja und Brigitte Oelke hervorheheben. Bei vielen anderen Stimmen hatte man den Eindruck, dass hier die Sänger aus der Superstarschmiede in Köln nach ihrem frühen Ausscheiden rekrutiert wurden. Erst als Zugabe gab es dann endlich die lang erwartete Bohemian Rhapsody. Von der Geschichte her ein guter Aufbau eines Spannungsbogens. Dieses letzte Lied zeigte wie sehr man doch die Stimme, den Ausdruck und die Kraft sowie den Umfang eines Fredyy Mercury unterschätzt. Mir wurde dank dieser Aufführung klar, was Freddy Mercury doch für ein großartiger Sänger war, der nicht zuletzt mit Montserrat Caballé im Duett singen durfte. Anspruchsvolle gesangsstarke Lieder wie Bycicle wurden bei dieser Show ausgelassen. Am Ende war klar warum.
Die Leistung der Gruppe Queen sind nicht durch das Kölner Ensemble zu erreichen, auch wenn Einzelleistungen heraus stachen. Den Geist von Queen habe ich erst wieder im Auto gespürt, als ich die originale CD einlegte. In der Show wurde diese Illusion versucht aufzubauen aber dann doch immer wieder zerstört. An vielen Stellen karikierte die Vorstellung sich ungewollt selbst. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Queen
Ben Elton
Arlene Phillips
Brian May
Roger Taylor
Mike Dixon V.
Mark Fisher
Willie Williams
Bobby Aitken
Tim Goodchild
Steve Sidwell
Michael Brenner
Dagmar Windisch
Ralf Kokemüller
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