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Aida

Oper in vier Akten
Libretto von Antonio Ghislanzoni
nach Auguste Mariette und Camille Du Locle
Musik von Giuseppe Verdi

In italienischer Sprache mit französischen und flämischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Premiere im Théâtre Royal de Liège am 3. November 2006
Produktion des Theaters Erfurt und der Opéra de Monte-Carlo

Besuchte Aufführung: 12. November 2006

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Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)
Eine etwas andere Aida

Von Thomas Tillmann / Fotos von der Opéra Royal de Wallonie


Dieter Kaegi und sein Ausstatter Bruno Schwengl verweigern in ihrer bereits am Theater Erfurt und in Monte Carlo gezeigten Produktion von Verdis Aida dem Zuschauer weitgehend den Blick auf ein zweifelhaftes Bilderbuch-Ägypten: Die Handlung ist in einem europäisierten Ägypten der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts angesiedelt. Radamès findet sich im Kostüm eines Archäologen wieder, Amneris ist eine typische Figur der Salons der goldenen Zwanziger mit Garconne-Perücke, die mit eindeutigen Annäherungsversuchen bereits bei ihrem ersten Auftreten ihre Ansprüche auf Radamès geltend macht und ihren eifersüchtigen Hass auf die äthiopische Konkurrentin im zu einem Gymnastikraum mutierten Boudoir kaum verhehlt. Ein riesiger Feldherrntisch macht indes deutlich, dass es nicht nur um Liebesgeschichten geht, sondern um Krieg, für ein distanzierendes Moment sorgen Filmkameras. Das alles stört nicht, sondern zeigt, dass hier jemand durchaus ernsthaft versucht hat, das häufig in kitschiger Sandalenfilmoptik erstickte Stück ernst zu nehmen und die Geschichte mit klaren, eindringlichen Bildern zu erzählen, ohne dabei gehässig-oberlehrerhaft an Publikumserwartungen vorbei zu inszenieren.

Vergrößerung Aida (Amarilli Nizza) ist hin- und hergerissen zwischen Solidarität mit ihrer bedrohten äthiopischen Heimat und ihrer Familie einerseits und der Sorge um ihren Geliebten, den ägyptischen Feldherrn Radamès andererseits.

Und auch musikalisch war dies ein überzeugender Abend: Amarilli Nizza hat zwar nicht die üppigste Stimme und das einschmeichelndste Timbre für die Titelpartie, aber sie bewältigte ohne Mühe sowohl die dramatischen Herausforderungen in den Ensembleszenen oder den Duetten des dritten Aktes als auch die lyrischen Momente mit viel Geschmack, und auch in darstellerischer Hinsicht war sie ein Gewinn. Das Gegenteil gilt für Lidia Tirendi, die doch alle Möglichkeiten gehabt hätte in einer Inszenierung, die sich sehr für die Figur der Amneris interessiert, die aber wie als Laura Adorno in La Gioconda eher behäbig ein paar Gesten ausführte und auch gesanglich keine Freude war: Schon im Juni mochte ich "das starke Flackern und die strengen, uncharmanten Töne des in die Jahre gekommenen, matten Mezzos" nicht.

Vergrößerung

Aida (Amarilli Nizza) und Radamès (Jean-Pierre Furlan) sehen sich am Ufer des Nils wieder.

Jean-Pierre Furlan war vielleicht auch keine Traumbesetzung für den Radamès, aber danach musste und muss man immer lange suchen (das Mailänder Publikum etwa mochte im Dezember ja auch Roberto Alagna nicht). Der Franzose jedenfalls hatte keine hörbaren Probleme mit der gar nicht leichten Partie, sang an diesem Nachmittag auch die schwere Auftrittsarie sehr souverän und hatte etwa für das Schlussduett auch einige feinere Töne zu bieten. Marcel Vanaud empfahl sich als Amonasro noch einmal als großer Verdiinterpret, der eben nicht nur auf wuchtige Heldenbaritonausbrüche setzt, sondern die ganze dynamische Palette ausschöpft und sich auch größte Mühe bei der Textpräsentation und im Spiel gab.

Vergrößerung Ein Eindruck aus der Triumphszene: Amonasro (Marcel Vanaud), Aida (Amarilli Nizza), Amneris (Lidia Tirendi), Radamès (Jean-Pierre Furlan), der König (Léonard Graus) und Ramfis (Mikhail Kasakov).

Der Oberpriester und der König waren bei Mikhail Kasakov und Léonard Graus in guten Händen, Maria-Paule Dotti war eine gute Sacerdotessa, von der man gern mehr hören möchte, Guy Gabelle ein Bote, der den Zuschauer daran erinnerte, wie lang dieser Krieg schon dauern muss. Ich mochte auch die nicht aufdringliche Choreografie von Barry Collins. Ein Pfund, mit dem die Lütticher Oper stets wuchern kann, ist natürlich der von Edouard Rasquin einmal mehr hervorragend einstudierte Chor.

Vergrößerung

Amneris (Lidia Tirendi, rechts) kann Radamès (Jean-Pierre Furlan, links sitzend) nicht zum Reden bringen, die Priester (Herrenchor der Opéra Royal de Wallonie) werden ihn verurteilen.

Alain Guingal ist als Verdidirigent kein unbekannter in Liège: Schon bei Aufführungen von Attila und Simon Boccanegra hatte er sich nicht nur als aufmerksamer Sängerdirigent mit großem Überblick empfohlen, sondern auch als Organisator eines dynamisch fein abgestuften Spiels, der für stets vorwärtsdrängende, mitunter auch angemessen martialische Tempi einerseits stand, andererseits aber auch die nötige Ruhe für intimere Passagen parat hatte, ohne dass dabei das Spiel des gut vorbereiteten Orchesters an innerer Spannung verloren hätte.



FAZIT

Eine etwas andere Aida, die optisch wie akustisch im Wesentlichen überzeugt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alain Guingal

Inszenierung
Dieter Kaegi

Assistenz
Lutz Schwarz

Bühne und Kostüme
Bruno Schwengl

Licht
Roberto Venturi

Chöre
Edouard Rasquin

Choreografie
Barry Collins

Chor und Orchester der
Opéra Royal de Wallonie


Solisten

* Besetzung der besuchten Aufführung

Aida
Adina Aaron/
* Amarilli Nizza

Amneris
Olga Savova/
* Lidia Tirendi

Gran Sacerdotessa
Maria-Paule Dotti

Radamès
Zwetan Michailov/
* Jean-Pierre Furlan

Amonasro
Sergey Murzaev/
* Marcel Vanaud

Ramfis
Alexander Anisimov/
* Mikhail Kasakov

Il Re
Léonard Graus

Un messaggero
Guy Gabelle

Tänzerinnen und
Tänzer
Alexandra Beignard
Emmanuelle Cambon
Liadain Herriott
Anne-Francoise Lecoq
Flavia Mangani
Magali Verin
Jean-Charles Donnay
José Valls

Zauberer
Raphael Hardenne



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

(Homepage)



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