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Besetzungsprobleme auf steiler Treppe
Von Rainhard Wiesinger / Fotos: Wiener Staatsoper GmbH / Axel Zeininger Kaum eine andere Verdioper ist so schwierig zu besetzen wie die am13. Juni 1855 in Paris uraufgeführte Sizilianische Vesper. In Zeiten nicht existierender Spitzenkräfte für das gesamte Verdi-Fach sind Aufführungen dieses Werks beinahe ein aussichtsloses Unterfangen. Die Wiener Staatsoper präsentiert nun ihre aus dem Jahr 1998 stammende Produktion als Wiederaufnahme und unterstreicht ungewollt die vokale Problematik dieses Stücks. Leo Nucci (Guido di Monforte) und Francisco Casanova (Arrigo)
Die größte, positive Überraschung des Abends bot der Amerikaner Francisco Casanova als Arrigo: Die Verbindung von Belcanto, extrem hoher Tessitura und dramatischer Attacke meistert er mit erstaunlicher Souveränität und stimmlicher Ausdruckskraft. Wäre nicht die wenig vorteilhafte optische Erscheinung, dem Sänger müssten die Wege für eine größere Karriere geebnet sein. Mit Sondra Radvanovsky stellte sich eine Elena dem Publikum vor, die kaum den Wunsch nach weiteren Auftritten weckt. Die Register der unruhigen Stimme sind nicht verbunden, dazu kommt die wenig einschmeichelnde, forcierte Höhe. Leo Nucci ist als Guido die Montforte eine Fehlbesetzung, da er hier seinen größten Trumpf, die noch immer effektvolle Höhe kaum ausspielen kann. In der Mittellage fehlt ihm die Eleganz der Phrasierung, sodass er trotz allen Engagements weit hinter die Maßstab setzende Premierenbesetzung Renato Bruson zurückfällt. Sondra Radvanovsky (Elena) und Roberto Scandiuzzi (Giovanni da Procida)
Anfang der 90er Jahre zählte Roberto Scandiuzzi zu den großen Hoffnungen des Bassfaches, seit Jahren scheint man sich damit abfinden zu müssen, dass die Erwartungen übertrieben waren. Auch bei seinem Wiener Rollendebüt als Procida wirkte die Stimme wieder verbraucht und hohl. Angesichts von Scandiuzzis großer stilistischer Kompetenz ist dieser Umstand doppelt zu bedauern. Auch hier bleibt die Premierenbesetzung Ferruccio Furlanetto unerreicht. Am Pult agierte Fabio Luisi vor allem unflexibel, worunter der Kontakt zur Bühne empfindlich zu leiden hatte. Die Vielschichtigkeit der Partitur blieb so trotz der Proben abermals der Phantasie des Hörers überlassen. Im Fall von Herbert Wernickes Arbeit von einer Inszenierung zu sprechen, entspricht nicht den Gegebenheiten. Vielmehr hat man es mit einer konzertanten Aufführung zu tun, der eine gigantische Treppe im Wege steht. In wie weit in dieser szenischen Hypothek ein Interagieren zwischen den Protagonisten überhaupt möglich ist, hängt vor allem von der physischen Kondition der Besetzung ab.
Man muss der Staatsoper wenigstens zugute halten, dass sie dem Publikum die Möglichkeit bietet, das Werk live zu erleben. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild und Kostüme
Solisten* Rollendebut an der Wiener Staatsoper
Guido di Monforte
Sire di Béthune
Conte Vaudemont
Giovanni da Procida
Arrigo
Herzogin Elena
Ninetta
Danieli
Tebaldo
Roberto
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