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Musiktheater
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Szenen aus Goethes Faust
Text von Robert Schumann
nach „Faust. Eine Tragödie“ von Johann Wolfgang von Goethe
Musik von Robert Schumann

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (keine Pause)

Premiere am 26. Juni 2007 im Opernhaus Zürich
(rezensierte Aufführung: 30. Juni 2007)


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Opernhaus Zürich
(Homepage)
Sinnlos blutig

Von Rainhard Wiesinger / Fotos von Suzanne Schwiertz

Vergrößerung Schweinerei: Faust (Simon Keenlyside) und Statisten

Bevor man sich über Hermanns Nitschs Arbeit Gedanken macht, stellt sich die essentielle Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, Schumanns „Szenen aus Goethes Faust“ auf die Bühne zu bringen: Robert Schumann arbeitete seit 1844 an einer musikalischen Aufbereitung des Faust-Stoffes für Soli, Chor und Orchester. Zuerst sollte „Faust“ ja eine Oper werden, nach und nach entschied sich Schumann dann jedoch für eine oratorische Konzeption. In dieser fehlen populäre Szenen wie die „Walpurgisnacht“ oder „Gretchen am Spinnrad“. Schumann, der sich selber in der Faust-Gestalt wieder gespiegelt sah, stellte die inneren Widersprüche Fausts in das Zentrum und schuf so ein inneres Drama. Begonnen hat Schumann seine Arbeit mit der Schlussszene aus „Faust II“, an die sich bisher noch kein Komponist gewagt hatte. Erst 1849 brachte er die Vertonungen von sechs weiteren Szenen zu Papier. Der enorme Erfolg der Uraufführung der bis dahin komponierten Teile ermutigte Schumann zu zwei weiteren Szenen. Den Schlusspunkt seiner Arbeit bildete 1853 die Niederschrift der Ouvertüre. Schumann hatte allerdings nicht mehr die Möglichkeit, eine gesamte Aufführung seiner Komposition zu erleben. Theaterwirksame Szenen sowie eine durchgehende Handlung fehlen also. Die abschließende dritte Abteilung, „Fausts Verklärung“ ist überhaupt „nur“ eine durchgehende Vertonung der metaphysischen Schlussszene.

Den österreichischen Aktionskünstler Hermann Nitsch hielten all diese Fakten nicht davon ab, zu dieser Musik seinen eigenen Event auf der Bühne zu veranstalten. International bekannt wurde Nitsch durch seine blutigen Mysterienspiele, bei denen aus dem Blut geschlachteter Tiere großflächige Bilder entstehen, beziehungsweise Gekreuzigte damit übergossen werden. Das Züricher Publikum wurde bereits in der ersten Abteilung Zeuge eines solchen Blutrausches: Wenn Gretchen im Dom den bohrenden Anklagen des bösen Geists ausgesetzt ist, erinnert nichts an einen sakralen Raum. Zentrum des Bildes ist ein geschlachtetes Schwein, aus dem Faust und diverse Helfer die Innereien entnehmen, um sie anschließend wieder in den Kadaver zu stopfen. Wie man bereits im vornhinein wusste, handelte es sich aus hygienischen Gründen um Attrappen aus Plastik und Kunstblut, was sensiblere Besucher aber nicht davon abhielt, fluchtartig den Zuschauerraum zu verlassen.

Vergrößerung

Himmlisch: Pater Ecstaticus (Roberto Saccà), Faust (Simon Keenlyside)

Den Rest des Abends präsentiert Nitsch bunte Kostüme und wenig originelle Computereffekte. Zwischendurch lässt er Faust ans Kreuz schlagen oder Uriel vom Schnürboden schweben. Auch wenn Nitsch in einem Interview äußerte, dass die „Szenen aus Goethes Faust" erst durch ihn zu einem Gesamtkunstwerk werden, ist keine direkte Verbindung zu dem Stück nachzuvollziehen. Nitsch könnte seine stereotypen Aktionen jedem beliebigen Werk aufzwingen. Den optisch dezentesten Teil des Abends bietet die Schlussszene mit ihren Anklängen an das antike Theater. In dieser ganz oratorienhaften dritten Abteilung mit den großen Chorszenen hatte auch Franz Welser-Möst seine stärksten Momente, in denen er mit den bestens präparierten Musikern große Spannungsbögen modellierte. In den romantisch zarten Szenen davor hatte man oft das Gefühl, der auf straffe und geradlinige Tempi setzende Dirigent wolle der Musik keine Zeit zum Atmen gönnen, wodurch zahlreiche Details verloren gingen.

In der Titelrolle fand der vorbildlich artikulierende Simon Keenlyside, offenbar irritiert durch die szenischen Aktionen nicht zu optimaler Form. Für Malin Hartelius ist das Gretchen deutlich zu dramatisch, und Roberto Saccàs Ariel wirkte kehlig und eng. Als Mephisto überraschte der junge Österreicher Günther Groissböck mit dunklem und wortdeutlichem Bass.


FAZIT

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Franz Welser Möst

Inszenierung
Hermann Nitsch
Andreas Zimmermann

Ausstattung
Hermann Nitsch



Orchester und Chor
des Opernhauses Zürich


Solisten

Faust/Dr. Marianius
Simon Keenlyside

Mephisto/Böser Geist/
Pater Profundos
Günther Groissböck

Ariel/Pater Ecstaticus
Roberto Saccà

Marthe/Mater Gloriosa
Elsa Giannoulidou

Gretchen/Una Poenitentium
Malin Hartelius

Sorge/Solo-Sopran
Eva Liebau

Not/Magna Peccatrix
Martina Welschbach

Mangel/Mulier Samaritana
Irene Friedli

Schuld / Maria Aegyptiaca
Katherina Peetz

Pater Seraphicus
Ruben Drole



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Opernhaus Zürich
(Homepage)



Da capo al Fine

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