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Ein Stern von geringer Leuchtkraft
Von Rainhard Wiesinger
John Eliot Gardiner hegt schon seit vielen Jahren eine besondere Vorliebe für den Franzosen Emmanuel Chabrier. So spielte er vor einiger Zeit bei der Deutschen Grammophon eine CD mit Orchesterwerken des 1841 geborenen Komponisten ein. Am berühmtesten geworden ist Chabrier für seine auch auf dieser Platte enthaltene Orchesterrhapsodie España von 1883, die ihn nach einem rauschenden Uraufführungserfolg gleichsam über Nacht bekannt machte. Chabriers Bühnenschaffen stand dagegen unter keinem guten Stern. Allein die Hälfte seiner insgesamt zehn Bühnenwerke blieb unvollendet. Das Publikum, das sich am 28. November 1877 in den Bouffes-Parisiens anlässlich der Uraufführung von LÉtoile versammelte, wusste vom 36jährigen Chabrier wohl kaum mehr, als dass er Wagner glühend bewunderte, was weithin als Garantie für unzugängliche und langweilige Musik galt. Man amüsierte sich dennoch, die Kritik aber warf Chabrier harmonische Kühnheit und Originalitätssucht vor. Trotz einiger wohlwollender Stimmen, die dem Komponisten ein Gefühl für Leichtigkeit attestierten, setzte man sein Werk bald ab. Trotz großer Anstrengungen gelang es Chabrier zeitlebens nicht mehr, seine Schöpfung wieder auf die Bühne zu bringen, und auch im 20. Jahrhundert blieben dem Werk die Bühnen weitgehend verschlossen. Nach einer Aufführung in Lyon 1898 wurde es zum 100. Geburtstag des Komponisten an der Opéra-Comique wieder aufgenommen, nachdem es bereits 1934 konzertant aufgeführt worden war. Erst in den 80er-Jahren erlebte L'Étoile an der Opéra de Lyon eine von John Eliot Gardiner dirigierte Produktion, die auch auf CD vorliegt. Lazuli (Marie-Claude Chappuis) Ob sich Chabriers Stern nach der gelungenen Züricher Premiere seinen Weg auf das Firmament des Opernbetriebs bahnen wird, muss man bezweifeln, denn schon die Handlung hört sich unterhaltsamer an, als sie tatsächlich ist. König Ouf I. pflegt eine seltsame Tradition: Jedes Jahr wird an seinem Geburtstag das Volk mit einer öffentlichen Hinrichtung erfreut. Doch diesmal lässt sich weit und breit kein Opfer blicken, bis schließlich der Hausierer Lazuli auftaucht. Dieser, frisch verliebt in eine unbekannte Schöne - sie ist die Prinzessin Laoula - gerät in Zorn, als er erfährt, dass diese verheiratet ist (ein Täuschungsmanöver, wie sich zeigen wird) und gibt dem König eine schallende Ohrfeige. Die Majestätsbeleidigung ist geschehen, das Todesurteil wird verhängt und auch der pompöse Thronsessel mit der scharfen Klinge, die für die Pfählung aus dem Polster hochfährt, ist schon einsatzbereit. Da betritt im letzten Augenblick der Hofastrologe Siroco die Bühne. Er hat gerade die Sterne befragt und dabei erfahren, dass das Schicksal des Königs untrennbar mit dem Lazulis verbunden ist. 24 Stunden nach dessen Tod werde auch der Monarch sein Leben aushauchen. Damit ist auch der Astrologe in akuter Lebensgefahr, denn gemäß des königlichen Testaments hat er selbst sein irdisches Dasein eine Viertelstunde nach seinem Herrn zu beenden. Kein Wunder also, dass Lazuli von einer Minute auf die andere zum gehätschelten, umsorgten, mit Frauen und Luxus verwöhnten Günstling von König Ouf wird. Umso größer ist das Entsetzen, als man ihn für tot halten muss, da er infolge eines Missverständnisses auf der Flucht mit Laoula erschossen wurde und im See ertrunken ist. Fast einen Akt lang nehmen die königlichen Sterbensvorbereitungen Oufs und Sirocos in Anspruch. Plötzlich taucht Lazuli wieder auf, er ist lediglich durchnässt und erkältet. Das Happy end ist also gesichert. Wer dieses schneidige Formel-1-Kamel reitet, wissen wir auch nicht - mehr als "Tänzerin" teilt das Opernhaus Zürich dazu nicht mit.David Pountney entschied sich, die Handlung in dem wirtschaftlich boomenden Dubai anzusiedeln, das am Westen orientierte Luxusleben wird symbolisiert durch einen blank polierten Mercedes samt glitzernden Stern und langbeinigen Models auf der Motorhaube. Trotz dieses szenischen Realismus schafft Pountney aber auch den Spagat zu einer irrealen Märchenwelt, die aber den Abend nicht kurzweiliger werden lässt. Zu langatmig sind die schwer verständlichen und noch dazu nur pauschal übersetzten französischen Dialoge. John Eliot Gardiner setzt bei seinem Dirigat dieser immer wieder an ein Offenbach-Imitat erinnernden Musik auf rhythmische Akzentuierung und dramatische Stringenz. Doch auch er konnte den berühmten Funken nicht zum Überspringen bringen, das Publikum ließ sich am Ende auch bei dem homogenen Ensemble nur zu einem äußerst kurzen Applaus hinreißen. Jean-Luc Viala (König Ouf), Marie-Claude Chappuis (Lazuli) und Jean-Philippe Lafont (Astrologo) hätten sich dankbarere Zuschauer verdient.
Nicht jede Rarität ist der Wiederbelebung wert. Dabei ist die Produktion an sich durchaus gelungen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme
Choreographie
Licht
Choreinstudierung
Solisten
Lazuli
La princesse Laoula
Aloès
Oasis
Asphodèle
Youca
Adza
Zinnia
Koukouli
Le Roi Ouf
Siroco, astrologue
Hérisson de porc-epic
Patacha
Zalzal
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