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Semele

Oper in Art eines Oratoriums
nach einem Libretto von William Congreve
Musik von Georg Friedrich Händel


in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Premiere im Aalto-Theater Essen am 25. Mai 2008


Logo:  Theater Essen

Theater Essen
(Homepage)
Barocke Sittenbilder

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Jung

Vergrößerung in neuem Fenster Hochzeit gegen den Willen der Braut: Semele (Olga Pasichnyk) soll Athamas (Franco Fagioli) heiraten; Vater Cadmus (Marcel Rosca, stehend) schaut zu.

„No oratorio, but a bawdy opera“: Kein Oratorium, sondern ein obszöne Oper sei Semele, so urteilte scharfzüngig Charles Jennens, der für Händel die Textbücher zum Messias, Saul und Belsazer geschrieben hatte, über das Libretto William Congreves. So Unrecht hat er da nicht: Zwar ist Semele der Form nach ein Oratorium über einen mythologischen Stoff; wo die unglückliche Liebe aber einen der Beteiligten mehr zufällig in den Ehestand führt, ist die Komödie nicht weit. Die Handlung in Kürze: Semele liebt Jupiter, soll aber den braven Athanas heiraten. Aufgrund einer ziemlich durchsichtigen Intrige muss sich Jupiter ihr in seiner wahren göttlichen Gestalt zeigen, und an diesem Anblick verbrennt Semele. Na, dann heiratet Athanas eben Semeles Schwester Ino, die sowieso mehr Gefallen an ihm findet als die ursprünglich vorgesehene Braut. Und für Jupiter, den ollen Schwerenöter, ist dieser Seitensprung gegenüber Göttergattin Juno auch etwas peinlich. Da hat das Libretto schon eine Reihe frivoler Züge.

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Der Turm von Babel kündet von Verwirrungen: Semele (Olga Pasichnyk) und Jupiter (Uwe Stickert) beim recht züchtigen Liebesspiel

Klangbeispiel Klangbeispiel: Chor "Lucky omens" - Chor und Extrachor des Aalto-Theaters
(MP3-Datei)


Regisseur Dietrich Hilsdorf geht im Programmheft sogar so weit, von „Händels einziger Operette“ zu sprechen. Aber obwohl die Inhaltsangabe reißerisch den „göttlichen Fick“ und die „post-coitale Depression“ ankündigt, gibt sich die Inszenierung ziemlich zahm. Hilsdorf lässt das Stück im barocken Ambiente spielen – das ist durchaus auch große Ausstattungsoper, aber nicht nur. Dabei verleugnet Hilsdorf keineswegs den statischen Gestus des Oratoriums und arrangiert immer wieder große Chor-Ensembles. Der barocke Habitus bleibt also gewahrt. In diesem Rahmen entwickelt sich in ruhigem Tempo ein ironisches Kammerspiel, mit leichter Hand in Szene gesetzt. Die latente Erotik ist fast schon zu zaghaft angedeutet; das Klischee vom prallen Barock-Leben, das eigentlich nahe liegen würde, wollte Hilsdorf vielleicht bewusst nicht bedienen. So fließt zwar reichlich Alkohol, und eine unbekleidete Statistin huscht hin und wieder über die Bühne, aber das sind Randerscheinungen. Schuldig bleibt Hilsdorf den Schwung der vermeintlichen Musikkomödie: Das Tempo der Inszenierung folgt der Musik, und da ist Händel eben nicht Rossini oder Johann Strauß. Nein, eine Operette ist das nicht geworden. Eher ein leichtes (aber kluges) sommerliches Pasticchio mit vielen kleinen und manchmal großen Anspielungen.

Vergrößerung in neuem Fenster Teil der Intrige: Iris (Marion Thienel, l.) und Juno (Barbara Kozelj) überzeugen Somnus (Michael Haag), Jupitzer mit erotischen Träumen heimzusuchen

Klangbeispiel Klangbeispiel: "Your tunefull voice" - Arie des Athamas (Franco Fagioli)
(MP3-Datei)


Während Hilsdorf auf der riesigen Bühne den Wechsel zwischen opulenten Massenszenen und intimem Kammerspiel virtuos meistert, erweist sich der große Raum des Aalto-Theaters musikalisch als nicht ideal: Händels filigrane Musik wäre, zumindest in der Interpretation von Dirigent Jos van Veldhoven, in einem kleineren Theater wohl besser aufgehoben. Die Essener Philharmoniker spielen in kleiner Besetzung ebenso akkurat wie klangschön, aber es bleibt eine gewisse Distanz. Van Veldhoven bevorzugt ein weiches und warmes Klangbild, das sehr gefällig die Sänger begleitet und eine vornehme Ironie ausdrückt – aber auch alle Schärfen unterdrückt und dadurch eine gewisse Eintönigkeit nicht ablegen kann: Hier klingt alles gleich schön. Das ist insgesamt ein bisschen zu wenig, es bedürfte hin und wieder eines zupackenderen Spiels und schärferer Akzente.

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Angesichts der Göttlichkeit verbrennt Semele: Chor und Extra-Chor des Aalto-Theaters

Klangbeispiel Klangbeispiel: "Endless pleasure, endless love" - Arie der Semele (Olga Pasichnyk)
(MP3-Datei)


Exzellent singen Chor und Extrachor des Aalto-Theaters, von Alexander Eberle absolut sicher einstudiert. Klangschön, differenziert und immer präzise, was angesichts der teilweise großen Abstände zum Orchester keine ganz leichte Aufgabe ist. Mit intensiv leuchtender Stimme singt Olga Pasichnyk die Semele, gestaltet auch die Koloraturen nachdrücklich und virtuos aus. Im Ausdruck bleibt sie aber ein wenig neutral. Leicht und grazil ist die schön gesungene Ino von Marie-Helen Joël. Franco Fagioli gibt den Athanas mitbeweglichem und klangschönem, in der Gestaltung manchmal etwas zu pauschalem Altus. Uneinheitlich spricht der Tenor von Uwe Stickert als Jupiter an; die Stimme braucht offenbar Zeit zur Entfaltung – in den schnellen Passagen verflacht der Klang, und die Koloraturen werden des Öfteren zur Rutschpartie (und vom Publikum dennoch bejubelt). Marcel Rosca ist ein kerniger König Cadmus. Durch und durch solide sind die Juno von Barbara Kozelj und die Iris, Junos Vertrauter, von Marion Thienel. Michael Haag komplettiert als komödiantisch angelegter Somnus ein gutes Ensemble.


FAZIT

Eine gute, schön musizierte Aufführung mit einer klugen und opulenten Inszenierung nicht ohne Esprit. Für einen ganz großen Abend läuft es allerdings szenisch wie musikalisch eine Spur zu glatt ab.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jos van Veldhoven

Choreinstudierung
Alexander Eberle

Inszenierung
Dietrich Hilsdorf

Bühnenbild
Dieter Richter

Kostüme
Renate Schmitzer

Licht
Jürgen Nase

Dramaturgie
Norbert Grote



Opernchor des Aalto-Theaters

Extrachor des Aalto-Theaters

Statisterie des Aalto-Theaters


Essener Philharmoniker


Solisten

Cadmus
Marcel Rosca

Semele
Olga Pasichnyk

Ino
Marie-Helen Joël

Athamas
Franco Fagioli

Jupiter
Uwe Stickert

Juno
Barbara Kozelj

Iris
Marion Thienel

Somnus
Michael Haag






Weitere Informationen
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