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Im Zeichen der WolgaVon Stefan Schmöe / Fotos von Klaus LefebvreDie Wolga durchzieht die Handlung von Katja Kabanova als bestimmendes Element der Oper. An ihrem Ufer erlebt die Protagonistin die Liebesnächte mit Boris, in der Wolga ertränkt sie sich. Der Fluss ist Lebensader wie Schicksalsstrom der Menschen, die hier leben. Regisseur Robert Carsen und Ausstatter Patrick Kinmonth haben für ihre Inszenierung, die bereits 2004 in Antwerpen zur Premiere kam und jetzt ins Kölner Opernhaus übernommen wird, starke Bilder für die Allgegenwart des Flusses gefunden: Sie setzen die komplette Bühne unter Wasser, und nur ein paar schmale Holzstege trennen die Menschen davon. Eindrucksvoll ausgeleuchtet evoziert dies die Endlosigkeit der russischen Landschaft und balanciert geschickt zwischen realistischer und abstrakter Darstellung. Immer wieder kommen in den kurzen Zwischenspielen Frauen in weißen Kleidern und mit langen Haaren auf die Bühne, waten durch das Wasser oder werfen sich, sorgfältig von Philippe Giraudeau choreographiert, hinein: Ebenbilder Katjas, pathetisch überhöht könnte man auch sagen: Die Geister der Frauen, denen zuvor das gleiche Schicksal beschieden war. Von oben mit der Videokamera aufgenommen wird dies verschwommen auf die Rückwand projiziert. Das sind starke Bilder, die das individuelle Geschehen überhöhen und gleichzeitig von hoher ästhetischer Kraft sind. Die Frauen verschieben die Holzstege, arrangieren sie neu von verschlungenen Pfaden der ersten Szene zur inselartigen Wohnung der Kabanovs, zur großen Diagonale, auf der die Liebesszenen mitten im Fluss spielen, zur Kreuzform in der Gewitterszene, zu weit voneinander getrennten Parallelen beim Abschied von Katja und Boris. Carsen hat viel Gespür für Raumwirkung, und auf dieser Ebene der großen Bilder funktioniert die Inszenierung ausgezeichnet. Disput über die Rolle der Frau in der Ehe: Katja (Rebecca Nash, links), Schwiegermutter Kabanicha (Doris Soffel, mitte) und Gatte Tichon (Hans-Georg Priese) Was allerdings fehlt ist eine ähnlich ambitionierte Personenregie. Vielleicht ist manches davon zwischen Antwerpen und Köln auf der Strecke geblieben. Was in Köln zu sehen ist, wirkt sehr konventionell und mehr routiniert als inspiriert gerade der schauspielerisch recht unbeweglichen Rebecca Nash in der Titelpartie fehlt es an Präzision. Dadurch ist die Inszenierung sehr stark im Dekorativen verhaftet: Wohl kaum eine Inszenierung hat je so eindrucksvolle und schöne Bilder aufzubieten wie diese, aber die Geschichte bleibt pauschal unverbindlich und entwickelt die Charaktere kaum. Die Personen indes werden klein und unscheinbar in diesem grandiosen Bühnenbild, und auch der Musik droht die Gefahr, die Szenerie wie im Film zu untermalen, wo sie doch eigentlich Trägerin des Geschehens sein sollte. Kurzes Liebesglück: Katja (Rebecca Nash) und Boris (Albert Bonnema) Gesungen wird ganz ausgezeichnet und trotzdem bleiben bei der musikalischen Interpretation Fragezeichen. Chefdirigent Markus Stenz am Pult des guten, im Detail aber ungenauen und deshalb keineswegs überragenden Gürzenich-Orchesters dirigiert manche wunderbar melancholische Passage im schönen Pianissimo, und auch ein durch und durch kultiviertes, sängerfreundliches Forte beherrscht er das wurde vom Kölner Premierenpublikum ausgiebig bejubelt. Aber Stenz glättet, rundet Ecken und Kanten der Partitur ab und behandelt Janaceks oft harte und schroffe Wendungen, als seien es lediglich zusätzliche Klangfarben im grundsätzlich spätromantischen Orchesterkleid so als habe Puccini diese Oper komponiert. Janaceks Modernität geht dabei verloren; es ist, als würde die Oper vom frühen 20. in das späte 19. Jahrhundert zurückverlegt. Auch das unterstreicht den dekorativen, vornehmlich ästhetischen Charakter der Produktion. Choreographisches Zwischenspiel (Statisterie) Das wirkt sich natürlich auch auf die Sänger aus, die, in einen delikaten und schwelgerischen Klangteppich eingebettet, durchweg an Expressivität oder besser: musikalischer Wahrhaftigkeit einbüßen. Rebecca Nash singt die Katja mit jugendlicher, dramatisch ausdrucksvoller Stimme und hoher Intensität, gibt ihr mit müheloser und unangestrengter Höhe leuchtende Farben. Albert Bonnema ist ein tenoral handfester und zupackender Liebhaber Boris, für den man sich noch ein paar lyrische, schwärmerische Farbbeimischungen wünschen würde. Ebenfalls höhensicher, wenn auch etwas neutral im Ausdruck ist Hans-Georg Priese als Katjas schwächlicher Ehemann Tichon. Doris Soffel singt dessen Mutter, die Kabanicha, mit schneidend scharfem Tonfall, souverän in der Gestaltung und in der Beherrschung der stimmlichen Mittel. Auch hier wäre eine komplexere, nicht auf die bösen" Seiten der Figur reduzierte Rollenauslegung wünschenswert. Besser setzt die Regie das gute" Paar in Szene Katjas Pflegeschwester Varvara, von Viola Zimmermann mit jugendlicher Stimme präsent gesungen und durchaus nuancenreich gespielt, und der hier sehr brave Lehrer Kudrjas, dem Hauke Möller mit klarem und tragfähigem Tenor Konturen verleiht. Tödliches Finale: Katja (Rebecca Nash) im Wasser, im Hintergrund die Kabanova (Doris Soffel) Nicht recht glücklich wird man in dieser Produktion mit der oft zu komplizierten deutschen Übertitelung, die der geschmeidigen Vertonung nur schwerfällig folgt und sich in Nebensächlichkeiten verhaspelt. Auch das trägt dazu bei, dass weniger Janaceks Feinheiten als mehr die klischeebeladene Grundkonstellation junge Sympathieträgerin mit schwächlichem Ehegatten verliebt sich in fremden Mann und wird von der bösen Schwiegermutter in den Tod getrieben zum Tragen kommt (denn die versteht man auch ohne Übertitel). Der Blick auf die eindrucksvolle Wolgalandschaft entschädigt für manches, aber nicht für alles.
Große Bilder, aber wenig Dramatik Janacek als ästhetisches Ereignis, musikalisch hochwertig, aber (zu) sehr geglättet. Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreographie
Licht
Chor
SolistenDikojDaniel Henriks
Boris
Kabanicha
Tichon
Katja
Wanja Kudrjasch
Varvara
Kuligin
Glascha
Fekluscha
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- Fine -