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Le Roi d'Ys

Oper in drei Akten und fünf Bildern
Libretto von Edouard Blau
nach einer bretonischen Legende
Musik von Edouard Lalo

In französischer Sprache mit französischen, flämischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Premiere im Théâtre Royal de Liège am 28. März 2008
Koproduktion mit Opéra Théâtre de Saint-Etienne

Besuchte Aufführung: 30. März 2008

Homepage

Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)
Entdeckung einer Repertoirerarität

Von Thomas Tillmann / Fotos von Jacky Croisier


Vergrößerung Das gute Paar: Mylio (Sébastien Guèze) und Rozenn (Guylaine Girard)

Was Besuche im belgischen Liège für viele Opernfreunde so attraktiv macht, sind nicht nur Produktionen, die meilenweit von deutscher Regietheatertristesse entfernt sind und meistens mit sehr attraktiven Besetzungen locken, sondern ist auch der Umstand, dass man hin und wieder Raritäten namentlich aus dem französischen Repertoire zu sehen und zu hören bekommt, die man ansonsten nur von Tondokumenten kennt (Edouard Lalos Le Roi d'Ys gab es laut www.operabase.com fünf Mal im Oktober 2007 in Toulouse, im März diesen Jahres konzertant in Rennes, und die nun an der ORW gezeigte Produktion stammt ursprünglich aus St. Etienne; von dem zur Zeit immerhin vier erhältlichen Gesamtaufnahmen mag ich besonders diejenige mit Jane Rhodes, Andréa Guiot, Alain Vanzo, Robert Massard und Jules Bastin aus Paris unter Leitung von Pierre Dervaux). Einen Preis für innovative Regieideen wird Jean-Louis Pichon für seine Regiearbeit zwar sicher nicht erhalten, aber immerhin ist ihm eine handwerklich solide Produktion zu bescheinigen, die niemanden verstört und nur selten zum Schmunzeln verleitet. Alexandre Heyrauds Bühnenbild mit den Pappmascheefelsen sieht auf Fotos indes atmosphärischer und weniger künstlich aus als im Theater, daran ändert Michel Theuils düsteres Licht wenig, und auch die vorwiegend olivgrünen Kostüme sind sicher nicht jedermanns Geschmack (flammendes Rot indes tragen Karnac und seine Mannen).

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Das böse Paar: Margared (Giuseppina Piunti) und Karnac (Werner Van Mechelen)

Die größten Herausforderungen zu bewältigen hatte zweifellos Giuseppina Piunti, die sich nach einer schwindelerregenden Rollenpalette in den letzten Jahren (Alice Ford, Mimì und Musetta, Desdemona, aber auch Amelia im Maskenball, Lucrezia Borgia, Elisabetta in Maria Stuarda und Adalgisa, Carmen und Giulietta, Lehàrs Witwe, Mozarts Elettra folgt noch in diesem Jahr in Turin) nun auch die hybride Partie der Margared zutraute, die Lalo seiner Gattin Julie Besnier auf den Leib geschrieben hatte und die nicht nur hinsichtlich ihrer Schwierigkeiten an Wagners Ortrud und Venus erinnert. Die Italienerin nahm durch ihre gehaltvoll-dramatischen Töne für sich ein und schonte sich auch darstellerisch nicht. Allerdings wurde ich den Ausdruck nicht los, dass es ihrem entschlossenen, furchtlosen Singen an technischem Finish fehlt, was riskant ist und schon im Verlauf der Vorstellung seinen Preis forderte, denn im letzten Bild klang die Stimme bereits beansprucht und heiser, zumal ähnlich wie bei Berlioz' Cassandre hier auch wieder die tiefe Lage sehr gefordert ist, die der Sängerin zuvor keine Probleme bereitet hatte.

Vergrößerung Mylio (Sébastien Guèze, zweiter von links) erklärt Karnac (Werner Van Mechelen, erster von links) in Anwesenheit des Königs (Eric Martin-Bonnet), seiner Tochter Rozenn (Guylaine Girard) und dem bretonischen Volk (Chöre der Opéra Royal de Wallonie) den Krieg.

Nicht immer liebenswürdig war der lyrische, zu klingelnden Nebengeräuschen neigende Sopran der Kanadierin Guylaine Girard, der unter vorteilhafteren akustischen Bedingungen sicher besser zur Geltung kommt; nichtsdestotrotz ist auch ihr eine rollendeckende, solide Leistung zu bescheinigen, nicht zuletzt auch in schauspielerischer Hinsicht. Eine wirkliche Entdeckung war für mich Sébastien Guèze, der bisher in eher kleineren Partien im französischsprachigen Raum aufgetreten ist und im Dezember des letzten Jahres in Athen seinen ersten Rodolfo gesungen hat. Als Mylio überzeugte er nicht nur mit tragfähigen, entschlossenen Fortetönen, sondern auch durch den sicheren, geschmackvollen Einsatz der voix mixte und eine hohe Piano- und Legatokultur, womit er sich für weitere Rollen (nicht nur) dieses Faches empfahl. Dagegen tat sich der ansonsten sehr geschätzte Werner Van Mechelen als Karnac mit der (für ihn) zu hohen Tessitur hörbar schwer, hier stand die vokale Bewältigung vor einer differenzierten Interpretation. Eric Martin-Bonnet gab mit klangvollem, gewichtigem, zu Beginn etwas unruhigem Bass einen würdevollen König, Léonard Graus' Stimme war nur verzerrt aus dem Off zu hören (er war der Lokalheilige Saint Corentin), Marc Tissons ergänzte das Ensemble als Jahel, Chordirektor Edouard Rasquin sorgte durch seinen persönlichen Auftritt im Kostüm im ersten Bild für die gewohnte Präzision im Kollektiv.

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Der König (Eric Martin-Bonnet, links) fragt seine Tochter Margared (Giuseppina Piunti, zweite von links), ob sie wisse, wie man das bretonische Volk (Chöre der Opéra Royal de Wallonie) vor der drohenden Katastrophe retten könne. Mylio (Sébastien Guèze) und Rozenn (Guylaine Girard) hören fassungslos zu (rechte Bildseite).

Patrick Davin, musikalischer Chef des Lütticher Hauses und wie sein Vorgänger ein unermüdlicher Arbeiter und Motivationskünstler im Graben, kostete die farbenreiche Orchestrierung des (etwas blechlastigen) Werkes, dessen Nähe zu Richard Wagner trotz der Kürze der einzelnen Szenen wie des gesamten Stückes nicht zu leugnen ist (auch wenn der Komponist selber gesagt hat, es sei anstrengend genug, seine eigene Musik zu schreiben und sicher zu stellen, dass sie gut genug sei), nicht nur in der beliebten, kontrastreichen Ouvertüre aus, sondern organisierte auch einen reibungslosen Ablauf der Vorstellung, ohne es den Sängern, die sich über präzise Einsätze freuen konnten, unnötig schwer zu machen; sie hatten unter der direkten, brutalen Akustik des Théâtre Royal schon genug zu leiden (da muss bei der geplanten Renovierung unbedingt nachgebessert werden).



FAZIT

Als wirkliches Meisterwerk wird man Lalos schillernde Oper vielleicht nicht bezeichnen können, dagegen spricht schon die holzschnittartige Dramaturgie des Librettos von Edouard Blau. Eine willkommene Abwechslung vom Repertoirealltag war diese solide gemachte Produktion aber alle Mal, zumal man sich einmal nicht über unidiomatisches Französisch ärgern musste.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrick Davin

Inszenierung
Jean-Louis Pichon

Assistenz Inszenierung
Jean-Christophe Mast

Bühne
Alexandre Heyraud

Kostüme
Frédéric Pineau

Licht
Michel Theuil

Chöre
Edouard Rasquin

Chor und Orchester
der Opéra Royal de Wallonie


Solisten

Margared
Giuseppina Piunti

Rozenn
Guylaine Girard

Le Roi d'Ys
Eric Martin-Bonnet

Mylio
Sébastien Guèze

Karnac
Werner Van Mechelen

Saint Corentin
Léonard Graus

Jahel
Marc Tissons



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

(Homepage)



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