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Król Roger
(Der König und der Hirte)

Oper in drei Akten
Text von Karol Szymanowski und Jaroslaw Iwaszkiewicz
Musik von Karol Szymanowski


in polnischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 50' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 10. Mai 2009
(rezensierte Aufführung: 14. Juni 2009)


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Theater Bonn
(Homepage)

Ein Fall für Dr. Freud

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu (kommen später)


Karol Szymanowskis großartige Oper Król Roger, komponiert zwischen 1918 und 1926, erobert zu Recht zunehmend die europäischen Opernbühnen, nachdem das Werk allzu lange ein Schattendasein führte. Aktuelle Produktionen in Paris und bei den Bregenzer Festspielen zeigen die zunehmende Akzeptanz dieser relativ kurzen, aber hochkonzentrierten Komposition. Der neue Bonner Chefdirigent Stefan Blunier stellt den Król Roger dabei klug neben die Strauss'sche Elektra, mit der er im Januar seinen Bonner Einstand gegeben hatte. Beide Stücke sind in ihren Dimensionen wie in der archaischen Grundsituation vergleichbar, zeigen dazu in mancher Hinsicht (wie der spätromantischen Klangfülle) ähnliche, aber stilistisch dann doch ganz unterschiedliche Facetten der gleichen Epoche.

Zum Inhalt: Der Klerus fordert vom mittelalterlich-mystischen König Roger ein entschlossenes Vorgehen gegen einen Hirten, der mit seinen Reden das Volk vom rechten Glauben abbringt; der König aber verweigert sich diesem Ansinnen, sucht die Nähe zu dem geheimnisvollen Mann, dem sich nach und nach die Menschen um ihn herum zuwenden und der zunehmend an Macht gewinnt. Der Hirte erscheint zuletzt als Dionysos, und träumend bleibt der König allein zurück. Die Handlung der Oper folgt Motiven aus den Bakchen des Euripides; auch Hans Werner Henze hat in seinen Bassariden das Thema verarbeitet. In Bonn deutet Regisseur Hans Hollmann, auch mit Blick auf Szymanowskis Biographie, die Parabel konsequent als „Coming Out“ eines Homosexuellen und erklärt damit auch das lange Verschwinden der Oper: Bühnenfähig ist das Thema Homosexualität in der Oper danach erst seit dem Ende des 20. Jahrhunderts. Das ist soweit schlüssig, nimmt dem Stück durch diese Eindeutigkeit allerdings ein wenig von seinem Reiz, der eben auch im dem Symbolismus nahe stehenden Unbestimmten liegt. Indem Hollmann das Werk erklärt, beraubt er es auch seiner Rätsel.

Trotzdem ist eine in weiten Teilen starke Inszenierung herausgekommen, weil Hoffmanns Stärke in großen Bildern liegt. Bühnenbildner Hans Hoffer hat einen geometrisch klaren Raum geschaffen, der wie der Hörsaal einer medizinischen Fakultät aussieht und (neben der Anspielung auf ein Amphitheater) wohl auch so gemeint ist: Edrisi, der Berater des Königs, agiert im weißen Kittel mit Notizblock wie Doktor Freud. Der König als Patient, der sich selbst finden muss, das ist das Thema, und dass es um Homosexualität geht, wird nach und nach angedeutet: Hollmann hat die Figur eines jugendlichen Tennisspielers dazuerfunden – da klingt sofort die Ästhetik von Viscontis Thomas-Mann-Verfilmung von Tod in Venedig an. Anderes ist weniger eindeutig, bleibt unbestimmt oder abstrakt und lebt von den Lichteffekten. Hollmann trifft den teilweise oratorischen Charakter des Werkes damit recht gut und erzeugt ein suggestives Gegengewicht zur Musik. Fragwürdig ist nur, warum das kurze werk durch eine Pause unterbrochen werden muss – das stört unnötig den formal strengen Ablauf (die etwas längere Elektra spielt man schließlich auch ohne Pause!).

Mark Mourouse singt und spielt den König als verunsicherten Großbürger, sicher wohlhabend und angesehen, aber von Selbstzweifeln befallen. Morouse macht das mit großer stimmlicher Souveränität und einer eindrucksvollen schauspielerischen Leistung. Seinen vollen Heldenbariton führt er gesanglich rund und singt immer kontrolliert und schön. Er ist szenisch immer präsent, erlebt das Geschehen als Vision. Der Hirt erscheint als alter ego, dem König äußerlich gleich, nicht Gegenspieler, sondern Möglichkeit eines anderen Lebens. George Oniani singt mit lyrisch gefärbtem Tenor, der aber erhebliches Volumen entwickeln kann, ohne seine weiche Färbung zu verlieren.

Asta Zubaite verleiht der Königin Roxane entrückt lyrische, leuchtende Klänge, ihr Sopran ist instrumental klar geführt. Solide gibt Mark Rosenthal den königlichen Berater Edrisi, dabei unprätentiös in der Gestaltung. Das ist eine sehr starke Besetzung, die das Bonner Theater aufzubieten hat; hinzu kommen die ausgezeichneten Chöre (neben Opern- und Extrachor singt noch der Kinderchor des Theaters), die sehr nuanciert den Klang abstufen (Einstudierung: Sibylle Wagner und Ekaterina Klewitz). In ausgezeichneter Verfassung präsentiert sich das Beethoven Orchester. Die fast impressionistischen Klangfarben der Oper werden ebenso genau gezeichnet wie die archaischen, an Mussorgskij erinnernden Chorszenen – das ist sehr viel überzeugender als in der doch recht holprigen Elektra.. Allerdings neigt Blunier auch hier dazu, in expressiven Passagen sehr lange im Forte und Fortissimo zu verharren – das bewältigen die Sänger zwar ganz ordentlich, aber es geht zu Lasten der Differenzierungsmöglichkeiten.


FAZIT

Eine mit kleinen Abstrichen sehr starke Aufführung eines absolut sehens- und hörenswerten Werks.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Stefan Blunier

Inszenierung
Hans Hollmann

Bühne
Hans Hoffer

Kostüme
Gera Graf

Licht
Max Karbe

Chor
Sibylle Wagner

Kinderchor
Ekaterina Klewitz

Dramaturgie
Martin Essinger


Statisterie des Theater Bonn

Chor des Theater Bonn

Beethoven Orchester Bonn


Solisten


* Besetzung der Premiere

Roger
Mark Morouse

Roxane
Asta Zubaite

Edrisi
Mark Rosenthal

Der Hirte
George Oniani

Der Erzbischof
Ramaz Chikviladze

Die Diakonissin
Anjara I. Bartz



Weitere
Informationen

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Theater Bonn
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