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Musiktheater
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Salome
Musik-Drama in einem Aufzug von Richard Strauss
Libretto nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung
in der Deutschen Übersetzung von Hedwig Lachmann

In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere am 14. September 2008 im Theater Bremen
(rezensierte Aufführung: 19. September 2008)

Aufführungsdauer: ca. 2 h (keine Pause)


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Theater Bremen
(Homepage)
Bilder (s)einer Ausstellung

Von Joachim Lange / Fotos von Jörg Landsberg



Salome selbst und ihre brav beim „Tanz der sieben Schleier“ mit den Armen und Oberkörpern schwingenden sechs geschwisterlichen Doubletten tragen schlichtes Weiß mit verhalten buntem Saum. Ansonsten aber geht es ziemlich farbig zu am Hofe des Herodes. Die österreichische Malerikone Christian Ludwig Attersee (68) hat nämlich zum Pinsel gegriffen und ziemlich in den Farbtopf gelangt. Er hat ein halbes Dutzend expressiver Bilder gemalt, die auf Riesenformat projiziert werden und den atmosphärischen Hintergrund beisteuern. Laut Programmheftnotizen wird da ein „Feuchtenalphabet“ buchstabiert mit Titeln wie „Tau“, „Tränen“, „Samen“, „Milch“, „Lichtfeuchte“ und „Verwandlung“. Die Besichtigung einer Ausstellung mit Attersee-Arbeiten um seine Salome („Das Salome-Rundrum“) im Rangfoyer vor Beginn gehört schon als Pflichtprogramm zur Inszenierung. Natürlich kann man das auch alles kaufen. Bilder (s)einer Ausstellung sozusagen, in der Orchestrierung von Richard Strauss….

Vergrößerung Salome (Kelly Cae Hogan) tanzt, Herodias (Frederika Brillembourg) und Herodes (Patrick Jones) satunen

Auf der Bühne dann wechseln die Hintergrundbilder so wie die Szenen. Wenn Salome auftritt, wenn der Prophet losdonnert, wenn der König kommt und so fort. Das korrespondiert einigermaßen nachvollziehbar mit dem Geschehen davor. So weit - so bunt. Es hebelt sich freilich als Illustration aus, wenn Bilder als „Schnuppen“ aus dem Schnürboden in den Raum gehängt werden, die dann „Die betrunkene Mondin“, „Der Erlöser der Welt“ oder „Salomes Achsel“ heißen. Wenn da dann etwa einer auf den Verführerinnen-Nenner gebrachten Salome mit laszivem Kopf und nackter Burst ein Untier-Weib aus der Achselhöhle züngelt, dann ist der Höhepunkt dieser Flucht in die Illustration erreicht. Attersee hat als Ausstatter und Co-Regisseur auch noch eine grottenähnliche Palasttür nebst Treppe und Verliesgitter darunter sowie einen grob futuristischen Riesen-Thronstuhl beigesteuert, den man erklettern muss, und von dem man die königlichen Beine baumeln lassen kann. Seine Kostüme sind auf einen bunten, bilderbuch- und hollywood-inspirierten Herodeslook getrimmt.

Vergrößerung Farbenfroh geht es zu am Hof von Herodes (Patrick Jones) und Herodias (Frederika Brillembourg)

Vor dieser Dominanz der Farben und der Oberfläche freilich kapituliert dann die eigene und die Regie von Susanne Kristin Gauchel fast widerstandslos, opfert jede Personenregie, die über ausgestellte Gesten hinausgeht, einer Ikonographie der Klischees. Wenn die Regie dann doch mal einen metaphorischen Höhenflug versucht, ist sie allerdings nicht überzeugend. So wenn anfangs im Hintergrund ein Kelch langsam zu entschweben beginnt, um sich am Ende auf Herodes' Tötungsbefehl hin von oben über Salome zu stülpen, dann mag das ja der (griechische Todes-) Kelch sein, von dem man sich sonst wünscht, dass er an einem vorübergeht. Aber diese Symbolik entschärft restlos, was sich von der Brisanz des Stückes nicht schon vorher in die Büsche des symbolisch Diffusen, vor allem aber psychologisch Entschärfenden geschlagen hatte. Es ist schon klar, dass die sechs immer erwachsener werdenden Salomes beim Tanz das verführerisch Obsessive im Auge des Herodes sein sollen. Aber abgesehen davon, dass dabei auf das erotische Prickeln verzichtet wird, entlastet es vor allem diesen Wüstling über Gebühr. Was wohl die Geschichte eines permanenten Missbrauchs sein soll, wirkt eher wie eine permanente Versuchung. Seltsam ist es auch, dass keiner der brav im Hintergrund sitzenden Juden protestiert oder auch nur reagiert, als Herodes Salome den Kopf wieder ausreden will und dabei sogar den Tempelvorhang anbietet. Und dann der Kopf: Wenigstens dieser eine vom Rumpf getrennte Kopf hat ein über hundert Jahre altes Bleiberecht auf den Opernbühnen dieser Welt. Wenn man darauf, wie hier, verzichtet und aus dem abgeschlagenen Haupt des Jochanaan einen Globus macht, dann muss man gute Gründe haben. In Bremen ist es eine bloße Behauptung. Oder ist es gar eine speziell österreichische Insider-Pointe? Attersee als dezidierter Anti-Nitsch sozusagen? Dieser Salome freilich gibt dieser Kalauer (vom Kopfball zum Ballkopf) den Rest.

Vergrößerung Weltkugel statt Kopf: Salome (Kelly Cae Hogan)

Und doch lohnt sich diese Bremer Produktion. Zunächst, weil das Orchester unter Markus Poschners Leitung einen Gutteil der schwül knisternden Atmosphäre dieses ja nach wie vor aufregenden Opernwurfes rettet. Und weil ein exzellentes Ensemble zur Verfügung steht: Allen voran die brillante, kraftvolle und selbst in der Perversion des Zusammenklangs von Liebe und Tod schön klingende Salome von Kelly Cae Hogan. Aber auch sonst herrscht durchweg eine beachtliche stimmliche Souveränität. Von der warm timbrierten Nadja Sefanoff als weiblichem Page über einen aufstrahlenden Jared Rogers als Narraboth bis hin zum etwas einförmig spielenden, aber wendig artikulierenden Herodes von Patrick Jones, der höchst intensiven, auf jedes Keifen verzichtenden Fredrika Brillembourg als Herodias und einem(allerdings mit etwas zu viel Überdruck losdonnernden Juan Orozco als Jochanaan.


FAZIT
Die Bremer Salome – Produktion ist ein Hingucker. Vor allem für die Liebhaber der Malerei von Christian Ludwig Attersee. Im Farbenrausch bleibt zwar allerhand an auslotender Tiefe auf der Strecke. Insgesamt aber lohnen vor allem die musikalischen Qualitäten der Aufführung einen Besuch.


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Produktionsteam


Musikalische Leitung
Markus Poschner

Inszenierung
Susanne Kristin Gauchel

Co-Inszenierung und Ausstattung
Christian Ludwig Attersee

Choreographie
Jacqueline Davenport

Dramaturgie
Hans-Georg Wegner





Orchester des
Theater Bremen


Solisten


Herodes
Patrick Jones

Herodias
Fredrika Brillembourg

Salome
Kelly Cae Hogan

Jochanan
Juan Orozco

Narraboth
Jared Rogers

Ein Page
Nadja Stefanoff

erster Jude
Thomas Scheler

zweiter Jude
Christian-Andreas Engelhardt

dritter Jude
Joel Weiß

vierter Jude
Jae-Il Kim

fünfter Jude
Michael Brieske

erster Nazarener
Kai-Uwe Fahnert

zweiter Nazarener
Viktor Gukov

erster Soldat
Loren Lang

zweiter Soldat
Franz Becker-Urban

ein Cappadocier
Krysztof Oskwarek

ein Sklave
Maja Gabriel

Tänzerinnen
Maja Gabriel



Weitere
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Theater Bremen
(Homepage)



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