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Musiktheater
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Tristan und Isolde

Handlung in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner


Aufführungsdauer: ca 5h (zwei Pausen)

Premiere im Opernhaus Köln am 22. März 2009

(rezensierte Aufführung: 7. Mai)

Logo: Oper Köln

Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)

Wagner für den Brahms-Liebhaber

Von Stefan Schmöe

Wer im Kölner Raum lebt, der hat derzeit die Wahl zwischen drei fast zeitgleich entstandenen Tristan-Produktionen: Neben der Kölner Neuinszenierung haben auch die Theater in Wuppertal und Wiesbaden das Werk auf die Bühne gebracht – für echte Wagnerianer überwindbare Entfernungen. Der Vergleich ist aufschlussreich und lohnenswert, wurde allerdings durch die Kölner Oper erschwert, die (anders als die Häuser in Wiesbaden und Wuppertal) Teile der Presse bei der Premiere außen vor ließ und auf spätere Vorstellungen vertröstete – so auch das OMM. Gegenüber der (dem Vernehmen nach musikalisch nicht konkurrenzfähigen) Premiere ist die ursprüngliche Sängerbesetzung in der hier besprochenen 7. Aufführung weitgehend ausgetauscht worden. Dabei hinterließ pikanterweise Marion Ammann, die auch im deutlich kleineren Wuppertaler Haus als Isolde zu erleben ist, den stärksten Eindruck.

Nicht nur dieser identischen Besetzung wegen ähneln sich die Wuppertaler und die Kölner Produktion in manchen Dingen: Hier wie da liefert die Inszenierung eine mehr oder weniger dekorative Bebilderung. Haben in Wuppertal Regisseur Gerd-Leo Kuck und Bühnenbildner Roland Aeschlimann konsequent, wenn auch nur mäßig aufregend auf dezente Lichteffekte in abstraktem Raum gesetzt (unsere Rezension), so bringen in Köln David Pountney (Regie) und Robert Israel (Bühne) ein paar Requisiten mehr auf die Bühne, die irgendwie zum Stück gehören – da gibt es im ersten Aufzug ein Boot, so wie man sich den Kahn vorstellt, auf dem Tristan einst zu Isolde fuhr. Darüber liegt eine viereckige Platte als Spielfläche, sodass sich leidlich Schiffsatmosphäre einstellt. Das ist unbestimmt irgendwo im halb Abstrakten angesiedelt, sodass man sich alles oder nichts dazu denken kann. Ähnlich, wenn auch schlimmer geht's im zweiten Akt zu, der die Drehbühne in Dauerrotation versetzt. Tristan und Isolde turnen über allerlei überdimensionierte Gegenstände, möglicherweise (leere) Bilder, jedenfalls ein ziemliches Gerümpel von zweifelhafter Ästhetik. Dabei sollen die Auftritte mal hier, mal dort wohl betont unlogisch wirken, ein „Nacherzählen“ durchkreuzen. Das wirkt für einen erfahrenen Regisseur wie Pountney handwerklich erstaunlich dürftig; so schaffen es die Protagonisten nicht, sich schnell genug umzuziehen und nästeln noch minutenlang an ihren Mänteln herum. Und die Beleuchtung ist oft knallig bunt – da ist die Wuppertaler Variante die ansehnlichere.

Den stärksten Eindruck hinterlässt der weitgehend konventionell erzählte dritte Akt; dass man für den wunderschön gesungenen Liebestod alles um Isolde herum in Dunkelheit versinken lässt, ist keine originelle, aber eine sehr plausible Lösung. Die Ausdeutung des Stücks bleibt auch da dem Betrachter überlassen. Wer das mag, bekommt in Köln eine allenfalls mittelprächtige Inszenierung vorgesetzt, die zumindest im ersten und dritten Akt nicht stört. Wer eine echte Auseinandersetzung mit dem Stück erleben will, ist sicher in Dietrich Hilsdorfs Wiesbadener Inszenierung (unsere Rezension) besser aufgehoben, die musikalisch viel textgenauer ist als die beiden anderen. Auch das ist eine Gemeinsamkeit zwischen der Wuppertaler und der Kölner Produktion: In beiden Häusern stehen Dirigenten am Pult, die weniger das Drama als mehr die große symphonische Entwicklung suchen. Markus Stenz am Pult des ordentlichen Gürzenich-Orchesters findet einen warmen, samtenen Tonfall, der die Bläser schön integriert. Er neigt weniger zu den Extremen als Toshiyuki Kamioka in Wuppertal, hat die sangbareren Tempi, denkt in größeren Dimensionen und hebt dementsprechend die ganz großen Bögen hervor – bleibt dabei aber insgesamt recht pauschal „schön“, ohne die Musik in den hochdramatischen Passagen emotional wirklich aufzuladen. Überspitzt formuliert: Das ist gediegener Wagner für Brahms-Liebhaber.

Sängerisch ist die Kölner Aufführung in dieser Besetzung auf akzeptablem Niveau. Die sehr lyrische Isolde von Marion Ammann besitzt im großen Kölner Haus allerdings nicht die Präsenz wie in der viel kleineren Wuppertaler Oper, wo sie zudem den ersten Akt vorne an der Rampe singen darf – die Probleme mit der runden und weichen, zwar tragfähigen, aber nicht großen Stimme, in den hochdramatischen Passagen den Raum zu füllen, waren allerdings auch schon in der Wuppertaler Premiere zu hören. Dafür gibt es aber viele bewegende Momente, in den Duetten im zweiten Akt ebenso wie der oben bereits erwähnte sehr schön und anrührend ausgesungene Liebestod. Robert Gambill fällt als Tristan dagegen ein wenig ab, wobei auch er eine grundsätzlich lyrisch geprägte, eingedunkelte Stimme hat, die sich in den Duetten des zweiten Akts schön mit der Isoldes mischt. Auch die getragenen Abschnitte des dritten Aufzugs sind eindrucksvoll. Weil die Stimme aber in der hohen Lage dünn und arm an tenoralem Glanz ist, bleiben auch hier die Ausbrüche recht matt; zudem ist der erste Akt, wie so oft bei Tristan-Darstellern, nicht mit der gleichen Präsenz gestaltet wie die beiden anderen..

Die Brangäne ist von der Regie mädchenhaft, fast kindlich angelegt, was zwar der zierlichen Statur von Elena Zhidkova entspricht, weniger aber der interessant abgetönten, vollen und reifen Stimme entspricht. Im Ausdruck bleibt die Sängerin allerdings recht neutral. Thomas J. Mayer gibt einen kernigen, sehr soliden Kurwenal. Enttäuschend dagegen der Marke von Alfred Reiter, der zwar mit einer profunden Tiefe aufwarten kann, aber in der Höhe angestrengt-heiser und abgesungen klingt. Sehr ordentlich singt Jeongki Cho den jungen Seemann.


FAZIT

In veränderter Besetzung präsentiert sich der Kölner Tristan musikalisch annehmbar, ohne besondere Glanzlichter zu setzen. Szenisch hübsch bis belanglos.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Markus Stenz

Inszenierung
David Pountney

Bühne
Robert Israel

Kostüme
Marie-Jeanne Lecca

Licht
Hans Toelstede

Chor
Andrew Ollivant


Herren-Chor der Oper Köln

Gürzenich-Orchester Köln


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Tristan
Richard Decker /
* Robert Gambill /
Stefan Vincke

Isolde
Annalena Persson /
Barbara Schneider-Hofstetter /
* Marion Amman

Marke
* Alfred Reiter /
Michail Schelomianski

Brangäne
Dahlia Schaechter /
* Elena Zhidkova

Kurwenal
Samuel Youn /
* Thomas J. Mayer

Melot
Gerardo Garciacano

Ein junger Seemann
Jeongki Cho

Ein Hirt
Johannes Preißinger

Ein Steuermann
Jong Min Lim


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)





Da capo al Fine

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