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Ariadne auf Naxos

Oper in einem Aufzuge nebst einem Vorspiel
Libretto von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

In deutscher Sprache mit französischen, flämischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Théâtre Royal de Liège am 25. Januar 2009
Neuproduktion der Opéra Royal de Wallonie
in Zusammenarbeit mit der Opéra de Monte-Carlo
Besuchte Aufführung: 31. Januar 2009

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Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)
Ein Schönes wars

Von Thomas Tillmann / Fotos von der Opéra Royal de Wallonie (Jacques Croisier)


Vor 25 Jahren hatte es zuletzt Ariadne auf Naxos an der Opéra Royal gegeben, zudem jährt sich der Todestag des Komponisten in diesem Jahr zum sechzigsten Mal - mindestens zwei Gründe für eine Neuproduktion eines Werks, das bei Theaterleitungen (wegen des fehlenden Chores vermutlich) beliebter als beim Publikum ist, was sich in Liège nicht zuletzt an der umsichtigen Entscheidung zeigt, nur fünf Vorstellungen anzusetzen (gegenüber zehn Vorstellungen der Traviata im März). Dass es nach der eigentlichen Oper (nicht nach dem Vorspiel) ausgesprochen langen, keinesfalls nur pflichtschuldigen Beifall gab, erstaunte mich da umso mehr, das erlebt man auch an deutschen Bühnen nicht immer, und da ist das Publikum mit Strauss' wichtigsten Opern doch inzwischen vertrauter. Erstaunlich fand ich auch, dass die Zuschauer in Lüttich sogar an einigen Stellen amüsiert lachten - das gibt es selten, gerade auch im zweiten Teil, was einerseits für eine gute Übertitelung spricht, aber auch für eine gelungene Inszenierung.

Vergrößerung Die Vorbereitungen für die Aufführung im Haus eines steinreichen Herrn in Wien laufen auf Hochtouren (Ensemble).

Augenzwinkernd, in den heroischen Momenten auch angemessen ironisch, aber nicht besserwisserisch oder gar das Stück vorführend nähert sich Laurence Dale dem Werk und findet das richtige Maß in den komödiantischen Szenen, die ja nicht kurz sind und einem ja mitunter sehr auf die Nerven gehen können, aber auch für die zarte Annäherung zwischen dem Komponisten und Zerbinetta, die sich im Schlussbild noch einmal vielsagend gegenüberstehen. Im Vorspiel zeigte die Szene die offenbar leergeräumte und zur Garderobe und Probebühne umfunktionierte Bibliothek im Haus eines steinreichen Mäzens, durch die gleichermaßen als Bücherregal wie als Tür dienenden Öffnungen kann man einen Blick werfen auf den edlen weißen Raum, der in der Oper den Hintergrund für das Bühnengeschehen bildet. Künstler und Gäste tragen Outfits aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, was immer gut aussieht, aber letztlich nicht so recht begründet wird, in der Oper selber bewundert man dann klassische Gewänder von großer Schönheit und Eleganz sowie commedia dell'arte-Zitate in den Kostümen der Zerbinetta-Truppe.

Vergrößerung

Es ist nicht leicht für Zerbinetta (Daniela Fally), sich den Annäherungsversuchen Harlekins (Roger Joakim) zu entziehen.

Schon angesichts ihrer Tosca in Liège hatte ich Monique McDonalds "durchaus füllige, auch in der Tiefe voluminöse, grobkörnige, aber eben doch noch lyrische Sopranstimme" gelobt, aber auch Grenzen bemerkt: Die Amerikanerin konzentriert sich auf das Absondern von ja durchaus beeindruckenden, von einem eigenwilligen Klirren allerdings nicht freien Tönen (von denen die lyrischen, zarten mir am besten gefallen), es gelingt ihr nicht, mit ihnen so etwas wie Ausdruck zu erzielen, den Zuhörer zu berühren; zudem ist die Phrasierung reichlich willkürlich und mitunter zum Kopf schütteln (etwa wenn sie Bögen zerreißt). Die Rolle indes beziehungsweise deren Anlage in dieser Inszenierung kommt ihren nach wie vor eher unterentwickelten darstellerischen Möglichkeiten und einer gewissen szenischen Hilflosigkeit entgegen.

Vergrößerung Zerbinetta und ihr Komödiantenquartett (Daniela Fally, Enrico Casari, Pietro Picone, Roger Joakim und Lorenzo Muzzi) versuchen Ariadne (Monique McDonald) aufzuheitern, zunächst ohne Erfolg.

Hatte ich Giuseppina Piuntis Margared in Lüttichs Roi d'Ys im vergangenen Frühling grundsätzlich gemocht, so hatte sie sich am Komponisten arg übernommen, der einer Künstlerin doch entgegenkommen müsste, die sowohl Sopran- wie auch Mezzorollen im Repertoire hat: Wie schon im März beobachtet, fehlt es ihrem Singen an technischem Finish, was eine Weile mit kein Risiko fürchtendem Totaleinsatz zu kaschieren ist, aber in beiden Partien dazu führte, dass die an sich schon glanzarme, wenig geschmeidige, selten zu Pianotönen zu bewegende und in der Extremhöhe nicht intonationssichere Stimme gegen Ende nur noch beansprucht und heiser klang und man sich an wildes Schreien erinnert fühlte - eine klassische Fehlbesetzung, zumal auch die Darstellung sehr pauschal und ihr Deutsch ein Problem war. Noch ärger fand ich allerdings Cristiano Cremonini als Tanzmeister, der einem vor Augen führte, wie lang diese Partie sein kann, wenn man die vorgesehene Sprache so schlecht beherrscht (respektive singt) und über einen so krähenden Tenor und folgerichtig über so peinigende hohe Töne verfügt (immerhin, er war der Conte di Lerma im letzten Don Carlo an der Scala, und kennt offenbar die richtigen Leute in der Branche). Von ganz anderem Format waren da Oliver Zwarg als Musiklehrer, ein noch ziemlich junger Rollenvertreter, aber mit einigem Erfolg im Bassbaritonrepertoire, unverbraucht-kraftvollem Ton und erstklassiger Diktion, und Martin Turba, der neben seiner Tätigkeit als Direktor des Musik-Theater Schönbrunn auch als Schauspieler unterwegs ist und hier nun einen nüchtern-blasierten Haushofmeister mit durchaus eigenen Akzenten gab.

Vergrößerung

Happy end für Ariadne (Monique McDonald): Gott Bacchus (Janez Lotric) hat ihr ein neues Leben an seiner Seite eröffnet.

Bemerkenswert fand ich Janez Lotrics Leistung als Bacchus, auch wenn er - wie die meisten Fachkollegen, muss man ehrlicherweise sagen - weder im Schminkmantel noch in roter Aufführungsrobe wie ein junger Gott aussah: Der Slowene schien über die gemein hohe Tessitur kaum nachzudenken, sondern bewältigte sie mühelos und dazu mit kräftigem, an italienischen Partien geschulten, farbenreich-attraktiven Timbre, das hat man schon viel schlechter und mit deutlich weniger Glanz gehört, auch in den prominenten Aufnahmen, live sowieso (von ausgebleicht-gequetschtem Heldentenorgestemme bis hin zu grellem Charaktertenorgekeife, gar nicht zu reden von weggelassenen oder weggebrochenen Tönen über dem System). Eine schlechte Zerbinetta dagegen hört man selten, aber mit der Österreicherin Daniela Fally hatte man eine besonders gute engagiert (ab Herbst wird sie zum Ensemble der Wiener Staatsoper gehören), die nicht nur entzückend aussah, sich bewegen und mit Charme und Stimme das Publikum um den Finger wickeln kann, sondern auch scheinbar ohne jede Anstrengung und mit größter Selbstverständlichkeit die vertrackten Koloraturen und Spitzentöne abliefert, dazu mit schönem, verführerischem, nicht zu neckischem Ton und absolut textverständlich. Ohne Fehl war auch ihre Truppe, wobei mir Roger Joakim (nicht nur im berühmten Lied mit einigem Aplomb) und Enrico Casari vokal noch etwas besser gefielen als Pietro Picone und Lorenzo Muzzi. Die charmante Choreografie von Daniel Esteve bewältigten sie alle vier mühelos, und dankenswerterweise hielt sich das Herumkaspern auch in sehr vertretbaren Grenzen. Ein Kompliment verdient auch das Nymphentrio, wobei Priscille Laplace auch manch schrillen hohen Najadenton beisteuerte.

Für Patrick Davins letztlich tadellose Leistung im Graben gilt das, was ich bereits über seine Arabella am selben Ort festgehalten habe, nämlich dass man sich auch dieses frühere Werk "etwas beherzter, süffiger und weniger nüchtern musiziert vorstellen" könnte, das berühmte Glitzern und Funkeln und damit die Gänsehaut beim Zuhörer stellte sich für mein Empfinden zu selten ein, trotz vieler gelungener Einzelleistungen des Orchesters.



FAZIT

Eine sicher nicht spektakuläre, aber doch sehr solide, überzeugende Ariadne mit einigen gelungenen Einfällen sowie einigen Glanzlichtern und einigen Schwächen in der Besetzung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrick Davin

Inszenierung
Laurence Dale

Bühne und Kostüme
Bruno Schwengel

Kostüme
Michel Fresnay

Choreografie
Daniel Esteve

Licht
Christophe Chaupin

Orchester der
Opéra Royal de Wallonie


Solisten

Primadonna/Ariadne
Monique McDonald

Komponist
Giuseppina Piunti

Der Tenor/Bacchus
Janez Lotric

Ein Tanzmeister
Cristiano Cremonini

Ein Musiklehrer
Oliver Zwarg

Ein Lakai/
Ein Perückenmacher
Patrick Delcour

Der Haushofmeister
Martin Turba

Ein Offizier
Franz Glatzhofer

Zerbinetta
Daniela Fally

Brighella
Enrico Casari

Scaramuccio
Pietro Picone

Harlekin
Roger Joakim

Truffaldin
Lorenzo Muzzi

Najade
Priscille Laplace

Dryade
Federica Carnevale

Echo
Kelebogile Boikanyo



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

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