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Musiktheater
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Palestrina
Musikalische Legende in drei Akten
Text und Musik von Hans Pfitzner

in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Sprache

Aufführungsdauer: ca. 4 Stunden 20 Minuten (zwei Pausen)

Premiere am 19. Januar 2009 in der Bayerischen Staatsoper München

Logo: Staatsoper München

Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Palestrina ist kein Jedermann

Von Jpachim Lange / Fotos von Wilfried Hösl

Der Aufwand ist enorm für Hans Pfitzners immer mal wieder hervorgeholtes Künstler-, Kirchen- und Musikopus Palestrina. Für die 39 Rollen braucht es zumindest ein paar ganz hervorragende Solisten. In dieser Beziehung hat Intendant Nikolaus Bachler bei der jüngsten Neuproduktion in München sozusagen aus dem Vollen geschöpft. Das fängt an bei dem mit guter Kondition und innerer Teilnahme an den Forderungen der Welt und seinem Genie mit überzeugendem Schmerzenstenorschmelz leidenden Christopher Ventris in der Titelpartie.

Foto kommt später Palestrina (Christopher Ventris)

Es geht weiter mit Falk Struckmann, der den Kardinal Carlo Borromeo mustergültig klar, allerdings meist auch wie einen Überwotan wuchtet. Mit John Daszak als intrigant wendigen italienischen Kardinal Bernardo Novagerio bis hin zu Wolfgang Koch als dessen spanischen Gegenspieler Graf Luna und Michael Volle, der als päpstlicher Legat Giovanni Morone natürlich ein imponierender stimmlicher Fels in der wogenden Brandung des aus dem Ruder laufenden Konzils im zweiten Akt ist. Auch die raren Frauenrollen sind mit Christiane Karg als Palestrinas Sohn Ighino und Gabriela Scherer als sein Schüler Silla in besten und deutlich artikulierenden Kehlen.

Foto kommt später

Giovanni Morone (Michael Volle)

Selbst für die in ihrem eigenen Haus in Hamburg nicht immer ganz glücklich agierende Simone Young wurde ihr Ausflug ans Pult des Bayerischen Staatsorchesters zu einem Erfolg. Sie ließ den nahezu dauerpatethisch spätromantischen Orchestersound gut ausbalanciert aufrauschen, blieb aber doch sängerfreundlich. Für ausgemachte Pfitzner-Fans jedenfalls lohnt sich die jüngste Münchner Bemühung um die 1917 hier schon uraufgeführte „musikalische Legende“.

Das Problem bleibt das Stück selbst. Und in München vor allem auch seine aktuelle szenische Umsetzung. Mag ja sein, dass der Chef des Münchner Volkstheaters und der Salzburger „Jedermann“ Aufmöbler, Christian Stückl, nicht zuletzt wegen seiner Oberammergau-Erfahrung, ein Fachmann fürs Katholische auf der Bühne ist. Produktives szenisches Kapital konnte er bei seiner (erst) dritten Opernregie daraus aber nicht schlagen. Um offenzulegen, ob Pfitzners in eifrig bemühter Wagnernachfolge gedichteter und mit großer, aufwendig spätromantischer Geste komponierter, über weite Strecken detailliert selbstreflexiver Diskurs über die Quellen der Kunst und die Bedrängnisse des Genies heute Relevanz hat, bräuchte es szenische Reibung und einen durchdacht interpretierenden Widerstand.

Besonders der mittlere, sogar einigermaßen unterhaltsame Konzil-Akt böte mit seinen klerikalen Intrigen und der Unfähigkeit, jenseits nationaler Interessen eine Einigung zu finden, selbst die Vorlage für hochaktuelle, kritische Reflexionen. Ob nun zum Versagen der Kirche oder der Politik. Doch das bleibt Stückl schuldig. Er beschränkt sich auf eine holzschnittartige, platt illustrierte Bebilderung im quietschbunten Popartformat.

Die symmetrisch abstrakte Raumarchitektur von Ausstatter Stefan Hageneier bleibt so unverbindlich, wie das Personal. Da wird die große und grundsätzliche Auseinandersetzung zwischen dem Künstler Palestrina und seinem fordernden Auftraggeber Borromeo kaum mehr als ein Besuch des Kardinals am Schreibtisch des Komponisten. Die Erscheinungen der Meister der Vergangenheit, die Palestrina dann doch dazu bewegen, sich an die gestellte Aufgabe zu machen und jene Messe zu schreiben, die die Musik „rettet“ und ihr wenigstens so halbwegs ihre „Freiheit“ sichert, fahren hier einfach aus der Versenkung nach oben. Während die grün beflügelten Engel aus dem Schnürboden von oben einschweben. Das Personal des Konzils kommt in leicht stilisierten Kirchengewändern daher. Für die Erscheinung von Palestrinas verstorbener Gattin Lukrezia und den Papst persönlich gibt es Riesenkopfmasken mit klimpernden Augen und bewegten Lippen.

Foto kommt später Papst Pius IV (Peter Rose), Ighino (Christiane Karg)

Die symmetrisch abstrakte Raumarchitektur von Ausstatter Stefan Hageneier bleibt so unverbindlich, wie das Personal. Da wird die große und grundsätzliche Auseinandersetzung zwischen dem Künstler Palestrina und seinem fordernden Auftraggeber Borromeo kaum mehr als ein Besuch des Kardinals am Schreibtisch des Komponisten. Die Erscheinungen der Meister der Vergangenheit, die Palestrina dann doch dazu bewegen, sich an die gestellte Aufgabe zu machen und jene Messe zu schreiben, die die Musik „rettet" und ihr wenigstens so halbwegs ihre „Freiheit" sichert, fahren hier einfach aus der Versenkung nach oben. Während die grün beflügelten Engel aus dem Schnürboden von oben einschweben. Das Personal des Konzils kommt in leicht stilisierten Kirchengewändern daher. Für die Erscheinung von Palestrinas verstorbener Gattin Lukrezia und den Papst persönlich gibt es Riesenkopfmasken mit klimpernden Augen und bewegten Lippen.

Der Clou an Plattheit ist eine gleich mehrfach aufkreuzende Stretchlimousine aus einem vatikanischen Comic-Fuhrpark, wie ihn sich Stückl so denkt. Den von Pfitzner vor allem im ersten Aufzug aufgefächerten Diskurs, der das Wechselverhältnis von Macht und Geist oder von Politik und Kunst ebenso betrifft wie das von Kreativität und Inspiration oder auch das Lehrstück, das der zweite Akt über die Schwierigkeiten bereithält, aus gegenläufigen Interessen zu gemeinsamen Zielen vorzudringen, erschließt sich in München dem Zuschauer eher, wenn er die Übertitel mitliest, als wenn er das Geschehen auf der Bühne verfolgt.


FAZIT

Alles in Allem bleibt der neue Münchner Palestrina trotz musikalischer Nobelverpackung in dieser mit Hamburg koproduzierten Version eher ein Problemfall.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Simone Young

Inszenierung
Christian Stückl

Bühne und Kostüme
Stefan Hageneier

Chor
Andrés Máspero
Stellario Fagone


Chor der Bayerischen
Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Papst Pius IV
Peter Rose

Giovanni Morone
Michael Volle

Bernardo Novagerio
John Daszak

Kardinal Christoph Madruscht
Roland Bracht

Carlo Borromeo
Falk Struckmann

Kardinal von Lothringen
Steven Humes

Abdisu
Kennetz Roberson

Anton Brus von Müglitz
Christian Rieger

Graf Luna
Wolfgang Koch

Der Bischof von Budoja
Ulrich Reß

Theophilus
Kevin Conners

Dandini von Grosseto
Francesco Petrozzi

Bischof von Fiesoli
Todd Boyce

Bischof von Feltre
Rüdiger Trebes

Ein junger Doktor
Anik Morel

Avosmediano
Alfred Kuhn

Giovanni Pierluigi Palestrina
Christopher Ventris

Ighino
Christiane Karg

Silla
Gabriela Scherer

Bischof Ercole Severolus
Christoph Stephinger

Ein spanischer Bischof
Christopher Magiera

1. Kapellsänger
Igor Bakan

2. Kapellsänger
Christopher Magiera

3. Kapellsänger
Todd Boyce

4. Kapellsänger
Kevin Conners

5. Kapellsänger
Steven Humes

Die Erscheinung der Lukrezia
Heike Grötzinger

1. Erscheinung verstorbener Meister
Kenneth Roberson

2. Erscheinung verstorbener Meister
Kevin Conners

3. Erscheinung verstorbener Meister
Francesco Petrozzi

4. Erscheinung verstorbener Meister
Todd Boyce

5. Erscheinung verstorbener Meister
Christian Rieger

6. Erscheinung verstorbener Meister
Christopher Magiera

7. Erscheinung verstorbener Meister
Igor Bakan

8. Erscheinung verstorbener Meister
Christoph Stehinger

9. Erscheinung verstorbener Meister
Steven Humes

1. Engelsstimme
Laura Nicorescu

2. Engelsstimme
Elena Tsallagova

3. Engelsstimme
Anaik Morel


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Bayerischen Staatsoper München
(Homepage)





Da capo al Fine

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