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Musiktheater
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Turandot

Lyrisches Drama in drei Akten und fünf Bildern
von Giuseppe Adami und Renato Simoni
Musik von Giacomo Puccini
Finale rekonstruiert von Franco Alfano


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 40' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Theater Lübeck

Premiere im Großen Haus der Städtischen Bühnen am 25. Oktober 2008


Logo: Städtische Bühnen Münster

Städtische Bühnen Münster
(Homepage)
Ein kühl strahlendes Märchen

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Michael Hörnschemeyer


Geblendet von den Fortissimo-Akkorden des großen Orchester und der Sterilität der ästhetischen Bühnenhalle in Weiß und Blau vernimmt man das Gesetz der unnahbaren, kalten, ihrem Wesen nach unbegreiflichen chinesischen Prinzessin Turandot. Für die Einen ist sie die männermordende, verführerische femme fatale der 1920er Jahre. Andere sehen in ihr eine tief verletzte Frau, die ihren königlichen Bewerbern unlösbare Rätsel stellt, um dem Schicksal und der Demütigung der vergewaltigten Ahnin zu entgehen, bzw. diese zu rächen. Wieder andere deuten die Tatsache, dass die Liebe Lius als eine mit niederer Klassenzugehörigkeit behaftete Heldin mit dem Tode bestraft wird, als Vorwegnahme einer faschistischen Faszination angesichts der Leiden Anderer.

Vergrößerung in neuem Fenster Volk und Palastwächter

Entgegen aller spektakulären, historisch-politisch oder biographisch-psychologisch motivierten Neudeutungen ruft Regisseur Wolfgang Quetes die Oper als verfremdetes, zeitloses Märchen in Erinnerung, in die chinesische Prinzessin Turandot mit überlangen, spitzen Fingernägeln ihre Unnahbarkeit aufrecht erhält. Aus dem Kaiserreich Puccinis ist ein Einheitsstaat in Weiß geworden. Seine Bewohner tragen schwarze Zöpfe, weiße, lange Gewänder und den typisch asiatischen Reispflückerhut. Ihre Gesichter sind weiß geschminkt. Mal begehren sie als vorwärtsdrängende Masse auf, während sich ihnen die Palastwächter, mit stahlglänzenden Beilen und verhüllten Gesichtern ausgestattete Männer in Schwarz entgegenstellen. Mal halten sie fordernd dem Zuschauer Kärtchen hin, auf denen in chinesischen Schriftzeichen das Wort „Blut“ zu lesen ist. Szenisch plakative Bilder, deren veristische Akzente wie Schreie, Proteste, Wutausbrüche von der Musik ergänzt werden. Besonders beeindruckend ist das Erscheinen des Kaisers – hervorragend dargestellt von Mario Brell - im zweiten Bild des zweiten Aktes. Wie ein „Deus ex machina“ wird aus der Mitte der Bühnendecke eine riesige, ebenfalls weiße Treppe heruntergelassen. Zu den pathetisch feierlichen Chören der Kaiserhymne erscheint ein kranker, gebeugter Altoum, der sich verschreckt an das Geländer klammert, innehält, verängstigt aufblickt, abwinkt, um die nächsten Stufen weiterzustolpern.

Vergrößerung in neuem Fenster

Pong (Andrea Shin) Ping (Ivan Dimitrov) Kalaf (Mario Zhang) und Pang (Thomas Stückemann)

Neben diesen heroischen Musikparts gibt es exotisches Lokalkolorit, lyrisch-sentimentale oder grotesk-komische Klänge z.B. im Terzett der drei, vor einem transparenten Vorhang spielenden, der Commedia dell'arte entlehnten, lustigen Minister-Figuren. Dass sie anschließend als Henkersknechte fungieren, bleibt in dieser Inszenierung als ungelöste Frage bestehen ebenso wie die Frage, wie ein Mensch, der sich von Turandot angezogen fühlt, ein Held sein kann. Macht- und Standesinteressen werden als Motive im symbolträchtigen Farbwechsel der Kleidung Kalafs angedeutet, ebenso das der Liebe, wenn Turandot am Ende mit gelöstem Haar, ohne edles Gewand und reich verzierter standesgemäßer Hochsteckfrisur die Stufen der Macht gemeinsam mit ihrem Gemahl emporsteigt. Ein Happy-End?

Vergrößerung in neuem Fenster Turandot (Elisabeth Whitehouse) und Kalaf (Mario Zhang)

Puccinis letzte unvollendete Opernkomposition lebt – bis auf die in Münster gespielte Fassung der Schlussbilder des dritten Aktes von Franco Alfano – von farbenreicher Harmonik, Rhythmik und Instrumentation, wobei die verschiedenen Kolorits abwechslungsreich und vergleichbar mit der harten Schnitttechnik beim Film aufeinanderprallen. Die gut aufgestellten Chöre und das Orchester unter der Leitung Fabrizio Venturas unterstreichen durch differenzierte, spannungsreiche Gestaltung die Modernität und Lebendigkeit dieser Komposition.
Elizabeth Whitehouse ist eine kühle, unnahbare Prinzessin, die sich stimmgewaltig und hochdramatisch auch bei massiven Orchesterklängen zu behaupten weiß. Mario Zhangs kraftvoller Tenor überzeugt selbst zu Beginn des dritten Aktes, in „Nessun dorma“, mit mühelos wirkenden, tonsicheren, warm timbrierten Legato-Melodiebögen. Annette Johansson war weniger eine lyrisch-sentimentale, denn dramatische, junge tatarische Sklavin Liu.


FAZIT

Zeitlose, märchenhafte Inszenierung, gute Musik!


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Fabrizio Ventura

Regie
Wolfgang Quetes

Bühne
Heinz Balthes

Kostüme
José Manuel Vázquez

Lichtdesign
Matthias Hönig

Choreinstudierung
Donka Miteva

Dramaturgie
Jens Ponath


Chor und Extrachor
der Städtischen
Bühnen Münster

Chor „Choruso“, erster
freier Opernchor Deutschlands

Theaterkinderchor
Gymnasium Paulinum

Statisterie der Städtischen
Bühnen Münster

Sinfonieorchester
der Stadt Münster


Solisten

Turandot
Elizabeth Whitehouse

Altoum
Mario Brell

Timur
Plamen Hidjov

Kalaf
Mario Zhang

Liù
Annette Johansson

Ping
Ivan Dimitrov

Pang
Thomas Stückemann

Pong
Andrea Shin

Mandarin
Donald Rutherford



Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Städtische Bühnen Münster
(Homepage)



Da capo al Fine

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